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EURO STOXX 50: Mehrere Faktoren sprechen gegen ein Déjà-vu

Der schwache Start in das neue Börsenjahr dürfte bei manchem Investor böse Erinnerungen geweckt haben. Anfang 2008 gaben die Aktienkurse ebenfalls sehr stark nach. Es folgte ein jäher Absturz, der mit dem Überkochen der globalen Finanzkrise sowie dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers einherging. Für den EURO STOXX 50 stand per Silvester 2008 ein 12-Monats-Minus von 44 Prozent zu Buche. Bereits im ersten Quartal dieses Krisenjahres hatte der Index mit den 50 grössten Blue Chips der Eurozone 17,5 Prozent an Wert eingebüsst.

Mehrere Problemfelder
Am 11. Februar zeigte die Zwischenbilanz für 2016 ein praktisch identisches Minus. Mit 2.672,73 Punkten rutschte der EURO STOXX 50 an diesem Tag auf das niedrigste Niveau seit dem Sommer 2013 ab. Doch dann setzte die Benchmark zu einem Rebound an. Kurz vor dem Quartalsende hatte der Index die runde 3.000-Zähler-Marke zurückerobert und notierte »nur« noch 6,6 Prozent unter dem 2015er-Schlusskurs (siehe Grafik 1). Die Pessimisten dürften dennoch weiter nach Parallelen zu 2008 suchen. Wobei sie im aktuellen Umfeld durchaus auf potenzielle Problemfelder stossen. Insbesondere die Wachstumsabschwächung in China schürte Anfang des Jahres Krisenängste. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Konjunktur auf dem alten Kontinent nicht gerade brummt. »Die Wirtschaft im Euroraum wird sich weiter nur langsam erholen«, stellen die Volkswirte der Commerzbank in einer aktuellen Publikation fest. 2015 expandierte das Bruttoinlandsprodukt auf dem Gebiet der Währungsunion um 1,5 Prozent. Für das laufende Jahr rechnen die Ökonomen mit einer Steigerungsrate von 1,3 Prozent, während sie in 2017 ein abermaliges Plus von 1,5 Prozent erwarten. Auch wenn keinesfalls von einem Boom gesprochen werden kann, sieht es in der Eurozone nicht nach einem mit den Krisenjahren vergleichbaren Absturz in die Rezession aus. Zur Erinnerung: 2009 brach das BIP um 4,5 Prozent ein. Mit Mario Draghi sitzt ein Mann an der Spitze der Europäischen Zentralbank, der sämtliche Hebel in Bewegung setzt, um ein bitteres Déjà-vu zu vermeiden. Bei der jüngsten EZB-Sitzung wurde der Italiener seinem Ruf gerecht. Der Rat senkte den Leitzins erstmals auf 0 und weitete gleichzeitig das Volumen der Anleihenkäufe aus. »Die Zinsen werden für eine lange Zeit niedrig bleiben«, machte Draghi deutlich. Vor dem Hintergrund der aktuellen Inflationsraten überrascht dieses Statement nicht. Der Ausverkauf am Ölmarkt sorgte dafür, dass die Preise in der Eurozone im Februar um 0,2 Prozent gesunken sind. Damit ist die EZB weit vom Ziel einer knapp 2 Prozent betragenden Teuerung entfernt. Was auch bedeutet, dass es für Anleger an den Rentenmärkten bis auf weiteres wenig zu holen gibt.

Grafik 1: Erholung nach dem Fehlstart

EURO STOXX 50 Index: Kursentwicklung – ein Jahr

Dividendenrendite als Pro-Argument
Hier tut sich ein weiterer Unterscheid zu 2008 auf. Selbst am Ende des Krisenjahres warfen zehnjährige deutsche Staatsanleihen noch rund 3 Prozent ab. Mittlerweile ist dieser Benchmarksatz auf 0,22 Prozent erodiert. Noch magerere Erträge – zumindest im Investmentgradebereich – bringen auch Unternehmensobligationen ein. Dagegen fallen die Dividendenrenditen am Aktienmarkt relativ hoch aus. Auf Basis der für die kommenden zwölf Monate erwarteten Ausschüttungen bei den Indexmitgliedern zeigt der EURO STOXX 50 momentan eine Verzinsung von knapp 4 Prozent (siehe Grafik 2). Damit bewegt sich die Kennzahl knapp unterhalb des 10-Jahres-Durchschnitts.

Grafik 2: Auf Tuchfühlung zum Mittelwert

EURO STOXX 50 Index: Dividendenrendite (Forward, 12 Monate)

Deutlich über dem historischen Mittelwert zeigt sich dagegen das Kurs-Gewinn-Verhältnis. Trotz deutlich fallender Notierungen hat die Bewertung im ersten Quartal kaum nachgegeben. Grund: Die Analysten schraubten ihre Gewinnschätzungen für den EURO STOXX 50 markant zurück. Bis zum 31. Dezember trauten sie den Unternehmen für 2016 im Schnitt noch eine Steigerung von 5,5 Prozent zu. Dagegen geht der aktuelle Konsens davon aus, dass die 50 Grosskonzerne beim Profit im laufenden Jahr lediglich um 1,1 Prozent vorankommen. Zwar haben sich auch die Aussichten für die Wall Street eingetrübt, mit einem erwarteten Gewinnwachstum von 1,8 Prozent hat der S&P 500 die Nase dennoch vorne. Gleichwohl zeigt der US-Leitindex beim KGV gegenüber den Blue Chips der Eurozone einen stattlichen Bewertungsaufschlag von rund einem Viertel.

Diesseits wie jenseits des Atlantiks dürfte sich in den kommenden Wochen ein Stück weit zeigen, wie realistisch die Analystenschätzungen sind. In den USA gibt der Aluminiumkonzern Alcoa am 11. April den Startschuss für die »Earnings Season«. Neun Tage später nimmt die Zahlenflut in Europa ihren Lauf. Am 20. April präsentieren die niederländische ASML Holding sowie der Softwareriese SAP aus Deutschland ihre Quartalsberichte.

Grafik 3: Bewertung bleibt relativ hoch

EURO STOXX 50 Index: Kurs-Gewinn-Verhältnis (Forward, 12 Monate)