Commerzbank Analysen

SMI: Blue Chips sitzen in der »Schaukelbörse«

Demnächst zieht die Federal Reserve einmal mehr die gebannten Blicke der globalen Investoren-Community auf sich. Am 14. Juni kommt die US-Notenbank zu einer zweitägigen Sitzung zusammen. Nach dem Treffen wird sich Fed-Präsidentin Janet Yellen an einer Medienkonferenz zur aktuellen Beschlusslage und den Aussichten für die grösste Volkswirtschaft der Welt äussern. Möglicherweise liefert die 69-Jährige dann den Impuls, welcher den Aktienmärkten zuletzt fehlte. Seit Monaten erleben die Investoren rund um den Globus eine regelrechte »Schaukelbörse«.

Psychologisch wichtige Marke
Das gilt auch für die Schweiz. Zwar ging der SMI nach einem äusserst schwachen Jahresauftakt Mitte Februar auf Erholungskurs, gleichwohl notiert der Leitindex noch deutlich unter dem 2015er-Ultimo. Immerhin gelang den 20 Blue Chips Ende Mai der Ausbruch über die psychologisch wichtige 8.000-Punkte-Marke. Fundamentale Unterstützung kam von den Unternehmen. Mit Ausnahme von Swatch und SGS äusserten sich sämtliche SMI-Mitglieder im Rahmen der Berichtssaison zum jüngsten Geschäftsgang. Immerhin neun Konzerne haben mit ihren Zahlen die Markterwartungen übertroffen, drei weitere bewegten sich im Rahmen des Konsens. Dagegen verfehlten fünf Gesellschaften die durchschnittlichen Ergebnisschätzungen.

Grafik 1: 8.000-Punkte-Marke geknackt

SMI: Kursentwicklung – ein Jahr

Für ein Highlight sorgte Geberit. Der Sanitärtechnikspezialist steigerte den Überschuss im ersten Quartal um knapp ein Viertel auf 150,3 Millionen Schweizer Franken. Analysten hatten im Schnitt mit einem Wachstum von 14 Prozent gerechnet. Das Beispiel zeigt, welche Schubwirkung von einem überzeugenden Zwischenbericht ausgehen kann. Geberit markiert nach der Zahlenvorlage ein Allzeithoch und zählt mit einem Kursplus von 11,9 Prozent im bisherigen Jahresverlauf zu den fünf Top-Performern im SMI. Den Index als Ganzes konnte der Blue Chip angesichts einer relativen geringen Gewichtung von 1,4 Prozent freilich nicht nachhaltig anschieben.

Fed im Fokus
Da die Konzerne ihre Semesterbilanzen erst ab etwa Mitte Juli präsentierten, gilt die ganze Aufmerksamkeit nun zunächst der Fed. Eigentlich waren sich viele Experten darin einig, dass die US-Notenbank bei der anstehenden Sitzung ihren Schlüsselsatz unverändert in einer Spanne zwischen 0,25 und 0,5 Prozent belässt. Diese Erwartungshaltung brachte die Fed selbst am 18. Mai ins Wanken, als sie die Protokolle des April-Treffens publizierte. Demnach haben sich die Mitglieder des Offenmarktausschusses mehrheitlich für eine Zinserhöhung im Juni ausgesprochen. Erst wollten sie allerdings weitere Konjunktursignale abwarten. Die in der Zwischenzeit vorliegenden Indikatoren sprechen dafür, dass die weltgrösste Volkswirtschaft die Schwäche des ersten Quartals abgeschüttelt hat. Das gilt sowohl für die Detailhandelsumsätze als auch die Industrieproduktion. »Der Arbeitsmarktbericht für April hat durchaus überzeugt«, ergänzt Commerzbank-Ökonom Christoph Balz. Er geht zwar davon aus, dass der Job-Report für den Mai (Veröffentlichung: 3. Juni) eine weitere Erholung des Arbeitsmarkts zeigt. Allerdings hätten sich die Fed-Verantwortlichen in der Vergangenheit häufig einzelne Aspekte des Berichts herausgepickt, um eine vermeintliche Schwäche zu belegen. »Dieses Mal könnte dies die Arbeitslosenquote sein, die seit einem halben Jahr nicht mehr fällt«, erklärt der Experte.

Alles in allem hält er die Zinserhöhung im Juni nicht für eine ausgemachte Sache. Insbesondere der Inflationsdruck könnte so manchem Währungshüter noch zu gering sein. Balz verweist zudem auf die Gefahr von Marktturbulenzen im Zuge der am 23. Juni anstehenden Brexit-Abstimmung in Grossbritannien. »Wir halten daher an der Prognose fest, dass die Fed die Zinsen im Juni noch nicht anhebt«, bringt der Ökonom die Commerzbank-Einschätzung auf den Punkt. Allerdings sei das Risiko einer baldigen Straffung gestiegen. Egal, wie sich die Fed entscheidet: So mancher Investor dürfte sich wünschen, dass nach der Sitzung mehr Klarheit in Bezug auf die Gangart der US-Notenbank herrscht.

Im Vergleich zum Fed-Meeting birgt die geldpolitische Lagebeurteilung der Schweizerischen Nationalbank weniger Brisanz. Bereits am Vormittag des 16. Juni und damit nur wenige Stunden nach Janet Yellen meldet sich SNB-Präsident Thomas Jordan zu Wort. Er dürfte wohl kaum Abstriche an der expansiven Ausrichtung der Nationalbank vornehmen und einmal mehr die Überbewertung des Schweizer Franken betonen. Im Klartext: An den lokalen Rentenmärkten stossen Anleger weiterhin auf Magerkost. Vor diesem Hintergrund punktet der SMI mit einer relativ hohen Dividendenrendite. Laut Zahlen des Informationsdienstleisters Factset bewegt sich die Kennzahl bei 3,7 Prozent. Dem steht ein 10-Jahres-Durchschnitt von 3,0 Prozent entgegen (siehe Grafik 2). Zwar liegt die Bewertung des Leitindex über dem längerfristigen Mittelwert.

Grafik 2: Ordentliche Verzinsung

SMI: Dividendenrendite (Trailing, zwölf Monate)