Titelthema

Pharma und Biotech – Übernahmekarussell in der Branche

Die Pharma- und Biotech-Branche befindet sich derzeit im Umbruch. Auslaufende Patente sowie Änderungen in den Gesetzen zwingen den Sektor zum Handeln. Dabei drehen die einen fleissig am Übernahmekarussell, die anderen hübschen sich mit Konzernumbauten auf – mit mehr oder weniger Erfolg. Denn während so mancher Pillenhersteller trotz sich verändernder Rahmenbedingungen weiterhin Rekordgewinne einfährt, müssen andere dem Wandel Tribut zollen. Mit den passenden Derivaten können Anleger von beiden Kursrichtungen profitieren. Long-Produkte eignen sich für Aufwärtsspekulationen, das Short-Pendant gewinnt dagegen bei sinkenden Notierungen.

Der Gesundheitssektor wird derzeit kräftig durchgerüttelt. Gelten diese Aktien eigentlich gemeinhin als relativ krisenresistent, konnten sie sich den Kursturbulenzen der vergangenen Monate nicht entziehen. Um knapp ein Zehntel ging es für den STOXX Europe Pharmaceuticals & Biotechnology-Index seit der Jahreswende abwärts. Kursverluste sind aber nicht das einzige Problem, zahlreiche Branchenvertreter plagen derzeit noch ganz andere Sorgen. Patentabläufe, Gesetzesänderungen sowie eine zunehmende Konkurrenz zwingen die Verantwortlichen zum Handeln.

Um sich aus derartigen Zwangslagen zu befreien, gehen die Unternehmen unterschiedliche Wege. Jene Konzerne, die auf vollen Kassen sitzen, gehen zum Beispiel gerne auf Brautschau. Mit Blick auf Übernahmen zählt die Pharma- und Biotech-Industrie bereits seit Jahrzehnten zu den aktivsten Branchen. In den vergangenen Jahren verschärfte sich das M&A-Tempo in dem Sektor sogar noch etwas. Zwischen dem ersten Quartal 2013 und dem Schlussviertel 2015 hat sich die Zahl der Transaktionen mehr als verdoppelt.

Grafik 1: M&A-Deals nehmen zu

Die Gerüchteküche brodelt
Auch im laufenden Jahr dreht sich das Karussell weiter. So hat beispielsweise der Pharmakonzern Sanofi soeben ein 9,3-Milliarden-Dollar-Angebot für Medivation abgegeben. Allerdings könnten die Franzosen bei diesem Deal Konkurrenz bekommen. Insidern zufolge haben auch die US-Grössen Pfizer und Amgen Interesse an dem US-Krebsspezialisten signalisiert.

Sanofi möchte sich aber das Heft nicht so schnell aus der Hand nehmen lassen und denkt laut über eine Erhöhung der Offerte nach. Die Transaktion habe Priorität, erklärte Sanofi-Chef Olivier Brandicourt. Denn das Unternehmen befindet sich inmitten einer Neuausrichtung, zu welcher Medivation gut passen würde. Sanofi möchte sich weniger abhängig von dem Diabetesmittel »Lantus« machen und seinen Fokus stärker auf Krebsmedikamente legen. Zu der Produktpipeline von Medivation zählt zum Beispiel das bekannte Präparat »Xtandi« gegen Prostatakrebs. Allerdings steht auch Pfizer derzeit unter einem gewissen Übernahmedruck, musste der Branchenprimus doch gerade eine herbe Schlappe einstecken. Der Rekorddeal in Höhe von 160 Milliarden US-Dollar mit Allergan ist aufgrund neuer Steuerregeln in den USA geplatzt.

Novartis sorgt für Schlagzeilen
Die Themen Umstrukturierung sowie Änderung in der Eigentümerstruktur schlagen auch hierzulande momentan hohe Wellen. Marktgerüchten zufolge lotet nämlich Grossaktionär Novartis gerade einen Verkauf seiner Beteiligung an dem weltgrössten Krebsmittelhersteller aus. Der Verkauf von einem Drittel der Roche-Aktien würde auf dem gegenwärtigen Kursniveau rund 13,5 Milliarden Schweizer Franken in die Kasse von Novartis spülen.

Geld, welches die Basler gut gebrauchen könnten, um bei ihren derzeitigen Umstrukturierungsmassnahmen schneller ans Ziel zu kommen. Aktuell steckt Novartis nämlich in der Wachstumsflaute. Für das laufende Jahr stellt Chef Joseph Jimenez nur eine Stagnation beim bereinigten Umsatz und Gewinn in Aussicht. Dies hat verschiedene Gründe: Zum einen verursacht der Umbau der schwächelnden Augenheilsparte Alcon zusätzliche Kosten, zum anderen muss sich das wichtige Blutkrebsmedikament »Glivec« seit kurzem der Generika-Konkurrenz stellen. Um mehr als ein Fünftel gingen die Verkaufserlöse bei dem Medikament im ersten Quartal zurück. Insgesamt ist der Jahresauftakt noch schlechter ausgefallen, als die Jahresprognose es vermuten lässt. Der Umsatz ging um 3 Prozent zurück, der bereinigte Betriebsgewinn reduzierte sich sogar um 5 Prozent. Konzernoberhaupt Jimenez zeigt sich aber weiterhin selbstbewusst: »Nach wie vor bin ich zuversichtlich im Hinblick auf unsere langfristigen Wachstumsaussichten, die durch unsere solide Pipeline untermauert werden.«

Kurzfristig müssen sich Anleger aber weiter auf Magerkost einstellen. Novartis geht davon aus, dass der Gewinn im gesamten ersten Halbjahr rückläufig sein wird. Der Tiefpunkt soll dabei im laufenden zweiten Quartal erreicht werden. Im zweiten Semester steht aber die Wende an. Nicht nur die beiden Hoffungsträger »Cosentyx« gegen Schuppenflechte sowie das Herzmittel »Entresto« wird viel zugetraut, auch die Augensparte Alcon soll im Verlauf des Jahres die Kurve kriegen. Um effizienter zu werden, teilt der Konzern im Zuge der Reorganisation darüber hinaus seine Pharmasparte in die zwei Geschäftsbereiche »Oncology« und »Pharmaceuticals« auf.

Zwei Mal Top, ein Mal Flop
Während also die positiven Überraschungen bei Novartis zum Jahresauftakt ausblieben, ernteten die beiden SMI-Kollegen aus dem Gesundheitsbereich, Actelion und Roche, Beifall. Insbesondere erstgenanntes Unternehmen erfreute das Börsenpublikum. Europas grösster Biotech-Konzern übertraf nicht nur die Analystenprognosen, auch hob Actelion seine Prognose an. Wurde ursprünglich ein Anstieg des bereinigten Betriebsgewinns im »niedrigen einstelligen Prozentbereich« erwartet, soll dieser nun »hoch« ausfallen. Optimistisch stimmt das Unternehmen die hohe Nachfrage nach dem Lungenhochdruckmittel »Opsumit»« sowie das jüngst in den USA zur PAH-Therapie zugelassene Mittel »Uptravi«. In Europa soll die Arznei in den kommenden Monaten ebenfalls auf den Markt kommen. Die Actelion-Aktie kletterte daraufhin auf eine neue Bestmarke. Mit einem Anstieg von 11,6 Prozent seit Jahresbeginn ist der Titel die Nummer 1 im SMI.

Noch im negativen Bereich befinden sich dagegen die Roche-Genussscheine im laufenden Jahr. Allerdings scheint das SMI-Schwergewicht einen Boden gefunden zu haben, nachdem das Unternehmen die Erwartungen im ersten Quartal übertreffen konnte und sich auf Kurs zu den Jahreszielen sieht. Bereits heute stellt die grösste »Krebsapotheke der Welt« seinen Aktionären eine weitere Dividendenerhöhung für das Geschäftsjahr 2016 in Aussicht – das wäre die 30. in Folge. Ein Blick auf die Produktpipeline zeigt, dass Roche sich auf seinem Erfolg nicht ausruht. Allein im Onkologie-Bereich verfügt der Konzern derzeit über 81 Mittel in verschiedenen klinischen Phasen, acht davon könnten in diesem Jahr noch den Zulassungsprozess aufnehmen.

Biotech-Aktien im Konsolidierungsmodus
Anders als Actelion werden die Biotech-Aktien in Übersee derzeit kräftig durchgeschüttelt. Nach einer jahrelangen Klettertour, die dem Nasdaq Biotechnology Index innerhalb von viereinhalb Jahren einen Zugewinn von mehr als 400 Prozent bescherte, kam es zu einer Vollbremsung. Auslöser waren exorbitant hohe Medikamentenpreise, welche Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton künftig unterbinden möchte. Seit Mitte 2015 verlor das Sektor-Barometer rund 40 Prozent.

Branchenexperten gehen allerdings davon aus, dass es sehr schwer werden dürfte, die Preisentwicklung tatsächlich politisch zu steuern. Mehr als 1 Milliarde US-Dollar kostet die Entwicklung eines Medikaments im Durchschnitt und das möchten sich die Pharma- und Biotech-Konzerne auch wieder zurückholen. Andernfalls dürfte der Forschungseifer der Unternehmen versiegen, was letztendlich die Patienten ausbaden müssten. Allein aufgrund der Marktgrösse ist es aber kaum vorstellbar, dass die Industrie gestoppt werden kann. Auf rund 1 Billion US-Dollar beliefen sich die weltweiten Arzneimittelumsätze allein im vergangenen Jahr. Der Datenanbieter IMS Health schätzt, dass dieser Wert bis 2020 auf 1,4 Billionen US-Dollar steigen wird.

Amgen und Biogen: Hohe Gewinnsteigerungen
Mit ständig neuen Medikamenten treibt der Biotech-Riese Amgen aus Kalifornien die Erlöse an. Unter anderem die Rheuma-Arznei »Enbrel« wie auch die Osteoporose-Mittel »Prolia« und »Xgeva« erweisen sich als wahre Verkaufsschlager und sorgten dafür, dass der Umsatz von Januar bis März um 10 Prozent anzog. Beim Gewinn ging es mit einem Plus von 17 Prozent sogar überproportional aufwärts. Die gute Entwicklung stimmte Amgen derart zuversichtlich, dass das Unternehmen seine Prognose für das Gesamtjahr nach oben schraubte.

Noch einen etwas höheren Gewinnanstieg im Auftaktquartal durfte Biogen verbuchen. Um 18 Prozent verbesserte sich das Ergebnis, ebenfalls mehr, als Analysten im Vorfeld veranschlagt hatten. Neben aggressiven Kostensenkungsmassnahmen profitierte das Unternehmen von der hohen Nachfrage nach dem Multiple-Sklerose-Medikament »Tecfidera«.

Für Schlagzeilen sorgt der Konzern derzeit zudem mit dem anstehenden Verkauf seines Bluterkrankheit-Geschäfts, welches im Rahmen der Umstrukturierung bis spätestens Anfang kommenden Jahres an die Börse gebracht werden soll. Infolgedessen legt Biogen künftig seinen Schwerpunkt auf die Entwicklung von Medikamenten gegen Nervenkrankheiten.

Celgene und Gilead: Problemkinder
Nicht so gut lief es dagegen für Celgene und Gilead Sciences. Erstgenannter Hersteller verzeichnete zum Jahresauftakt zwar prozentual zweistellige Umsatz- und Gewinnzuwächse, doch hatten sich Marktteilnehmer noch mehr erwartet. Es war vor allem der starke Dollar, welcher Celgene einen Strich durch die Rechnung machte.

Bei Gilead führten dagegen schleppende Verkäufe der Hepatitis-C-Mittel »Sovaldi« und »Harvoni« sowie ein verschärfter Preiswettbewerb zu einer Enttäuschung. Der Gewinn reduzierte sich um 17 Prozent und brockte der Aktie einen Sturz von mehr als einem Zehntel ein. Gilead hat allerdings die Taschen voller Geld und könnte jederzeit als Käufer im Biotech- oder Pharmamarkt auftreten. In der Vergangenheit wurde dem Unternehmen mehrmals Interesse an der heimischen Actelion nachgesagt.

An der Börse legten die vier genannten Schwergewichte aus dem Nasdaq Biotechnology Index zuletzt den Rückwärtsgang ein. Zwar konnten sie sich in diesem Jahr etwas besser als das Sektor-Barometer entwickeln, die Aktien weisen aber allesamt negative Vorzeichen auf. Am besten schnitten noch die Valoren von Amgen mit einem Minus von 7 Prozent ab. Der schwächste Titel war dagegen Gilead mit einem Rückschritt um 18 Prozent. Zum Vergleich: Der Index verlor in diesem Zeitraum sogar mehr als ein Fünftel seines Werts.

Biotech-Aktien im Bewertungsvergleich

Unternehmen

Durchschnitt Gewinnwachstum 2016–2018e

KGV 2018e

Dividendenrendite

Actelion

24,4 %

16,6

1,0 %

Amgen

13,1 %

11,7

2,6 %

Biogen

12,3 %

12,2

0,0 %

Celgene

79,9 %

11,6

0,0 %

Gilead Sciences

0,8 %

6,9

2,2 %

Stand: Mai 2016; Quelle: Bloomberg; e = erwartet

»Kaufgelegenheiten im Biotech-Sektor« oder »Einstiegschancen bei Pharma-Titel« lauten zahlreiche Schlagzeilen nach den jüngsten Kursrückgängen. Doch ist dem wirklich so? Ein Bewertungsvergleich zeigt, dass nicht alle Titel gleichermassen günstig sind (siehe Tabelle). Mit Blick auf das Gewinnwachstum macht beispielsweise Amgen derzeit eine gute Figur. Laut den Konsensschätzungen wird das Unternehmen sein Ergebnis je Aktie zwischen 2016 und 2018 um durchschnittlich 13,1 Prozent steigern, das KGV liegt dagegen bei lediglich 11,7. Zudem weist die Aktie für einen Biotech-Titel eine ungewöhnlich hohe Dividendenrendite von aktuell 2,6 Prozent auf. Bezüglich der Dividende ist allerdings bei den Pharma-Aktien noch mehr zu holen. Die Renditen bewegen sich bei dem Trio Novartis, Roche und Sanofi im Bereich von 4 Prozent.

Investieren in alle Richtungen
Das Positive an Hebelprodukten ist, dass Anleger die Trading-Richtung frei wählen können. Von fallenden Kursen profitieren Short-Produkte; geht es aufwärts, ist die Long-Variante gefragt. Die Commerzbank bietet mit Faktor-, Turbo-Zertifikaten und Warrants eine Vielzahl von Möglichkeiten, sich effektiv im Pharma- und Biotech-Sektor zu positionieren.


Pharma-Trio im Vergleich: Novartis, Roche, Sanofi

Novartis

KGV 2017e

11,4

PEG-Ratio

1,3

KBV

2,3

Dividendenrendite

3,8 %

Performance 2016

–15,5 %

Performance 1 Jahr

–22,7 %

Stand: 20. Mai 2016; Quelle: Bloomberg; e = erwartet

Grafik 2: Novartis

Roche

KGV 2017e

16,1

PEG-Ratio

1,6

KBV

6,7

Dividendenrendite

3,7 %

Performance 2016

–11,8 %

Performance 1 Jahr

–10,9 %

Stand: 20. Mai 2016; Quelle: Bloomberg; e = erwartet

Grafik 3: Roche

Sanofi

KGV 2017e

12,5

PEG-Ratio

6,9

KBV

1,5

Dividendenrendite

4,3 %

Performance 2016

–11,3 %

Performance 1 Jahr

–22,0 %

Stand: 20. Mai 2016; Quelle: Bloomberg; e = erwartet

Grafik 4: Sanofi

Anlageidee: Ausgewählte Zertifikate und Warrants auf Pharma- und Biotech-Unternehmen

Faktor-Zertifikate

Valor

Basiswert

Strategie

Faktor

Handelsplatz

28639299

Actelion

Long

4

Swiss DOTS

28789623

Actelion

Short

–4

Swiss DOTS

22137470

Biogen

Long

3

SIX

28790486

Biogen

Short

–4

Swiss DOTS

24094659

Gilead Sciences

Long

4

SIX

28790496

Gilead Sciences

Short

–4

Swiss DOTS

18500264

Novartis

Long

5

SIX

28789612

Novartis

Short

–4

Swiss DOTS

28639309

Roche

Long

4

Swiss DOTS

24028641

Roche

Short

–3

SIX

Unlimited Turbo-Zertifikate

Valor

Basiswert

Typ

Hebel

Stoppschwelle

Handelsplatz

31234583

Amgen

Bull

7,1

135,8900 USD

Swiss DOTS

31251843

Amgen

Bear

5,0

173,6900 USD

Swiss DOTS

23980331

Celgene

Bull

3,3

73,9400 USD

Swiss DOTS

23980329

Celgene

Bear

3,8

123,5900 USD

Swiss DOTS

29810286

Pfizer

Bull

4,6

27,0250 USD

Swiss DOTS

32171573

Pfizer

Bear

4,0

39,7200 USD

Swiss DOTS

Warrants

Valor

Basiswert

Typ

Strike

Laufzeit

Handelsplatz

31092799

Sanofi

Call

70,00 EUR

14.12.2016

Swiss DOTS

31092797

Sanofi

Put

75,00 USD

14.12.2016

Swiss DOTS

Stand: Mai 2016; Quelle: Commerzbank Corporates & Markets

Die Darstellung der genannten Produkte erfolgt lediglich in Kurzform. Die massgeblichen Produktinformationen stehen im Internet unter www.zertifikate.commerzbank.ch zur Verfügung.