Commerzbank Analysen

Mini-Crash am Schweizer Aktienmarkt nicht überdramatisieren

Das erste Halbjahr war für den SMI beileibe kein leichtes. 9 Prozent an Wert büsste der Leitindex ein. Während Aktien überwiegend auf der Verkaufsseite standen, wertete der Franken auf und die Zinsen tauchten weiter in den roten Bereich ab. Für den SMI ist 2016 aber noch nicht aller Tage Abend. Alleine schon das Dividendenargument spricht angesichts der immer neuen Zinstiefs für die Blue Chips.

Die Reaktion der Kapitalmärkte auf den Brexit hatte dramatische Züge. Der Crash am 24. Juni vernichtete auf einen Schlag weltweit rund 5 Billionen US-Dollar an Börsenwert. Auch der SMI konnte sich dem nicht entziehen. In der Spitze haben sich an diesem Tag 90 Milliarden Schweizer Franken in Luft aufgelöst.

Die Schweiz als »sicherer Hafen«
Während die Aktienkurse abtauchten, verteuerte sich der Schweizer Franken massiv. In Relation zum Euro legte er 3,6 Prozent zu und markierte mit 1,0612 Schweizer Franken den höchsten Stand seit Sommer 2015. Dabei verzeichnete die Devise ihren stärksten Anstieg an einem Tag seit der Aufhebung des Mindestkurses Anfang vergangenen Jahres. Die Schweizer Nationalbank (SNB) konnte aber eine noch höhere Aufwertung verhindern. »Die SNB hat mit Interventionen auf dem Devisenmarkt stabilisierend eingegriffen und bleibt am Markt aktiv«, teilten die Währungshüter in einem Statement mit. Damit gelang es der SNB, bis zum Handelsende wieder in den Bereich oberhalb von 1,08 Schweizer Franken zurückzukehren – und diese Marke bis Halbjahresende auch zu verteidigen.

Der Juni hatte es schon vor der Abstimmung Grossbritanniens über einen Austritt aus der Europäischen Union in sich. Die Angst davor, dass die »Insulaner« Kontinentaleuropa den Rücken kehren könnten, verstärkte die Flucht in sichere Anlagen. Die Rendite 30-jähriger Anleihen der Schweizerischen Eidgenossenschaft sank am 16. Juni auf –0,002 Prozent und notierte damit erstmals im negativen Bereich. Seither gaben die Zinsen weiter nach und stehen aktuell bei –0,042 Prozent. Folglich müssen Anleger noch Geld mitbringen, wenn sie dem Schweizer Staat Geld leihen möchten. Die Negativzinsen erstrecken sich mittlerweile bis auf Papiere mit einer Laufzeit bis zum Jahr 2049. Somit werfen derzeit nur noch zwei Anleihen einen positiven Ertrag ab: Die bis 2058 laufende Obligation rentiert mit 0,04 Prozent und der 2064 fällige Bond mit 0,06 Prozent.

Grafik 1: Wertentwicklung SMI

SMI seit 1. Januar 2015

Trostpflaster Dividende
Angesichts der verschwindend kleinen Ausbeute auf dem Rentenmarkt rücken die Dividenden mehr und mehr in den Fokus. Hier machen die heimischen Blue Chips eine gute Figur. Die Dividendenrendite beträgt im SMI derzeit 3,7 Prozent und liegt damit deutlich oberhalb des 10-Jahres-Durchschnitts von 3,0 Prozent. Zugegeben, aktuell treiben die abgestürzten Finanztitel den Schnitt nach oben, doch weisen auch die Schwergewichte hohe Erträge auf. Nestlé bringt es auf 3,2 Prozent, Roche auf 3,6 Prozent und Novartis gar auf 3,7 Prozent. Das Trio erwies sich beim jüngsten Absturz des SMI zudem als »Fels in der Brandung«. Alle drei gaben im Vergleich zum Gesamtmarkt, der letztendlich mit einem Minus von 3,4 Prozent den berüchtigten letzten Freitag des Monats Juni abgeschlossen hatte, unterproportional nach. Am besten schlug sich Nestlé mit einem kleinen Verlust von 1,2 Prozent.

Die 8.000 Punkte stehen wieder
Auch in der nachfolgenden Gegenbewegung war auf das Trio Verlass. Im Schnitt avancierten Nestlé, Novartis und Roche um rund 5 Prozent und stehen zur Halbzeit deutlich höher als vor der vom Brexit ausgelösten Korrekturbewegung. Der SMI kam dagegen »nur« um 3 Prozent voran, konnte seine Schicksalsmarke von 8.000 Punkten aber wieder zurückerobern.

Es dürfte noch eine Zeit dauern, bis sich der Markt im Klaren sein wird, was die Entscheidung für den Brexit bedeutet. Einige Ökonomen haben bereits die Prognosen für die heimische Wirtschaft leicht nach unten geschraubt. Es könnte also in Zukunft zu weiteren Volatilitätsausschlägen nach oben kommen. Am 24. Juni erreichte der VSMI mit 34,5 Prozent den Jahresspitzenwert aus dem Herbst 2015. Doch auch wenn die Unsicherheit noch eine Weile anhalten wird, Hoffung macht ein Blick auf den Verlauf nach dem Frankenschock im Januar vergangenen Jahres. Den damals noch deutlich tieferen Sturz holte der SMI in nur wenigen Wochen wieder auf und verpasste im August 2015 dann nur knapp das Allzeithoch aus dem Jahr 2007.

Grafik 2: Überdurchschnittliche Dividendenrendite

SMI: Dividendenrendite (Trailing, zwölf Monate)

Grafik 3: Rendite 10-jährige Bundesobligation