Commerzbank Analysen

Brexit-Referendum: Grossbritannien löst Schockwellen aus

Das »Nein« der Briten zu einem Verbleib in der Europäischen Union (EU) sorgte auf den internationalen Finanzmärkten für starken Gegenwind. Zwar konnten sich die Währungs- und Aktienkurse in den Folgetagen etwas stabilisieren, allerdings kann dies nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass sich Europa – und insbesondere Grossbritannien – in einer Phase der Unsicherheit befindet. Mitunter entscheidend wird die Art der Scheidung sein. Wir geben einen Überblick über die aktuelle Lage sowie die anstehenden Herausforderungen für Politik, Wirtschaft und die Finanzmärkte.
Wo waren Sie am 23. Juni 2016? Diese Frage könnten Sie in den kommenden Jahren noch öfters gestellt bekommen. An diesem Tag haben sich die Briten nämlich dafür entschieden, aus der EU auszutreten. Mit nicht absehbaren Folgen. Die Schreckenszenarien reichen bis zu einem Zerfall der Europäischen Union. Allerdings wird erst die Zukunft tatsächlich zeigen, was der Brexit für die Wirtschaft, das britische Pfund und letztendlich für Europa bedeutet.

Grafik 1: Grossbritannien wichtiger Exportmarkt für EU

Exporte der EU ohne Grossbritannien, in Milliarden Euro

Stürmische Kapitalmärkte
Kurzfristig lassen sich die Folgen am schnellsten an den Börsen ablesen. Die Devisenmärkte stürzten ins Chaos, Aktien tauchten weltweit ab und die Renditen von Staatsanleihen von »sicheren« Ländern wie der Schweiz oder Deutschland gaben weiter nach. Die grössten Bewegungen auf der Währungsseite sind selbstredend beim britischen Pfund festzustellen, das gegenüber dem US-Dollar einen derart tiefen Sturz wie seit 40 Jahren nicht mehr erlebte. Auch wenn sich das Devisenpaar aktuell bereits nahe dem Niveau von 1985 bewegt, gehen einige Marktteilnehmer davon aus, dass der Boden noch nicht gefunden ist.

Bei den Aktien zeigten sich im Anschluss an das Referendum-Ergebnis ebenfalls tiefrote Zahlen. Der FSTE 100, auch gerne »Footsie« genannt, tauchte um mehr als 7 Prozent ab. Einzelne Werte, wie beispielsweise die Finanztitel, erwischte es noch deutlicher. Aber auch im Immobiliensektor ging es überproportional nach unten. Den stärksten Rückgang unter den 100 Titeln im Londoner Leitindex verzeichnete der grösste britische Haus- und Wohnungsbauer Persimmon mit rund 30 Prozent. Investoren machen sich Sorgen, dass Immobilien an Attraktivität einbüssen und dadurch die Preise in naher Zukunft sinken werden.

Auf dem Rentenmarkt gaben nicht nur die Renditen ausländischer Obligationen nach, auch die britischen Gilts kamen nach der Entscheidung zurück. Der Grund dafür ist zum einem die schnelle Flucht in sichere Häfen, zum anderen aber auch die Erwartung einer Zinssenkung durch die Notenbank, um die Wirtschaft zu stützen. Mittelfristig könnte sich der Wind aber drehen und den Renditen britischer Staatsanleihen einen moderaten Aufwärtsdruck verleihen. Grund: anhaltende Unsicherheiten, höhere Risikoprämien sowie die Angst vor einem Inflationsanstieg aufgrund des schwächeren britischen Pfunds.

Raue Zeiten für Wirtschaft und Aktien
Die Abwertung der Währung unterstützt zwar einerseits den Export, allerdings wird dies nicht reichen, um das Wachstumstempo aufrechtzuerhalten. Britische Offizielle befürchten gar ein Abrutschen in eine Rezession, auch wenn sich Finanzminister George Osborne kämpferisch zeigt. »Unsere Wirtschaft ist so stark wie nötig, um sich der Herausforderung zu stellen, die auf unser Land jetzt zukommt«, erklärte der Minister in seiner ersten Rede nach dem Brexit-Votum. Die zunehmende Besorgnis sowie das schwindende Vertrauen drohen allerdings unter anderem den privaten Konsum und die Anlageinvestitionen zu dämpfen.

Die Folgen der Abstimmung werden auch den britischen Finanzmarkt noch längere Zeit in Atem halten. Die politische Unsicherheit im Zuge der Austrittsverhandlungen und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen können zu erhöhten Kursschwankungen führen und insbesondere britische Aktien belasten. Einzig der positive Effekt eines schwächeren britischen Pfunds sollte bei einzelnen Titeln entgegenwirken. Letztendlich dürfte aber das geringere Gewinnwachstum beim Gros der Unternehmen wenig fundamentale Unterstützung für höhere Aktienkurse bieten.

Gütliche Trennung oder Rosenkrieg?
Die entscheidende Frage, wie es mit den Unternehmensergebnissen weitergehen wird, dürfte sich erst klären, wenn die Scheidungsmodalitäten bekannt sind. »Weicher Brexit« oder »harter Brexit«? Der zweite Fall wäre der Worst Case für die Konzerne, denn das würde bedeuten, dass Grossbritannien aus dem Binnenmarkt ausscheiden würde und Handelsbarrieren und Zölle die Folge wären. Derzeit gehen 47 Prozent der britischen Exporte in die restliche EU. Bei einer gütlichen Einigung würde die Insel dagegen Partner im EU-Binnenmarkt bleiben, sei es durch eine Mitgliedschaft im Europäischen Wirtschaftsraum oder durch bilaterale Verträge. Bei beiden Optionen wären die negativen Konsequenzen überschaubar.

Nicht nur Grossbritannien, sondern auch die EU dürfte ein starkes Interesse an einer sauberen Scheidung haben, denn die Ausfuhren nach Grossbritannien sind nicht unerheblich. So gehen 7 Prozent der kontinentaleuropäischen EU-Exporte auf die Insel. Das sieht auf dem ersten Blick nach nicht viel aus, allerdings ist Grossbritannien damit der zweitwichtigste Handelspartner der EU – nach den USA und noch vor China. Folglich sollte auch die EU ein wirtschaftliches Interesse daran haben, Zölle zu vermeiden und das Land im Binnenmarkt zu halten.

Ansteckungsgefahr
Zu bedenken gilt es darüber hinaus die geopolitischen Interessen des Vereinigen Königreichs sowie auch jene in Kontinentaleuropa. So sucht Schottland seinerseits beispielsweise schon nach einer Möglichkeit, in der EU zu bleiben. Andere wiederum könnten zu Nachahmern der Briten werden. Politisch steht beispielsweise Spanien nach der erneuten Patt-Situation nach den Wahlen auf wackeligen Beinen. Insgesamt ist die Anzahl der EU-Skeptiker in vielen Mitgliedsstaaten zuletzt gestiegen. Welches Land tatsächlich ebenfalls die Exit-Frage stellen wird, kann zwar nicht vorhergesehen werden, allerdings könnte die Angst vor einem Domino-Effekt die Investoren durchaus über die kommenden Monate hinweg lähmen. Alles in allem sind die ökonomischen und politischen Auswirkungen, die erst im Laufe der Zeit zutage treten werden, schwer abzuschätzen. Daher erscheint die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Märkte mittelfristig in einem »Risk-off«-Modus bleiben werden.

Chance für die EU
Noch aber ist nicht aller Tage Abend. Zum einen wurde der Artikel 50 für den Austritt noch nicht aktiviert. Zahlreiche Parlamentsmitglieder unterstützen derzeit die »Remain«-Kampagne. Zum anderen könnte der Brexit eine Chance für die EU darstellen. Es sind nämlich vor allem die strengen Sparmassnahmen in Europa, welche die Bevölkerung immer unzufriedener werden lässt. Findet ein Umdenken statt, wäre ein Wechsel von der Sparpolitik auf den Wachstumspfad in Europa durchaus möglich. Dies würde in vielen Ländern die Sorgen hinsichtlich Arbeitslosigkeit, niedrigen Löhnen sowie beruflicher Perspektiven verfliegen lassen. Bereits seit längerem ruft EZB-Chef Mario Draghi zur Reformbereitschaft in Europa auf. Die Notenbank ihrerseits gibt bereits alles, um die Wirtschaft zu unterstützen. Gepaart mit strukturellen Veränderungen könnten die niedrigen Zinsen und das Anleihenkaufprogramm die Konjunktur auf dem alten Kontinent kräftig anschieben – und damit auch den Finanzmärkten wieder Rückenwind verleihen.

Grafik 2: Entwicklung des FTSE 100 Index
Grafik 2: Entwicklung Britisches Pfund/US-Dollar-Wechselkurs

Anlageidee: Effektive Anlagelösungen für jedes Lager

Spekulativ orientierten Anlegern bietet sich in der aktuell volatilen Situation die Möglichkeit – nach unten wie auch nach oben –, Gewinne zu erzielen. Mit den von der Commerzbank entwickelten Faktor-Zertifikaten lässt sich dabei der Volatilitätseinfluss ausgrenzen. So haben Marktschwankungen keinen Einfluss auf die Kursstellung. Zudem ist keine Barriere in der Struktur vorhanden. Das innovative Indexkonzept sorgt dafür, dass Anleger mit einem konstanten Hebel überproportional an den täglichen Bewegungen des ausgewählten Basiswerts partizipieren können. Aufgrund der zahlreichen Vorteile sind die Produkte mit einer Verwaltungsgebühr belegt.

Die Commerzbank verfügt in ihrer breiten Produktpalette zudem über klassische Hebelpapiere, bei denen ebenso Bären wie auch Bullen fündig werden.

Unlimited Turbo-Zertifikate

Valor

Basiswert

Typ

Stoppschwelle

Handelsplatz

29869326

Vodafone

Bull

1,7201 GBP

Swiss DOTS

30306390

Vodafone

Bear

2,7123 GBP

Swiss DOTS

32996964

BP

Bull

3,5500 GBP

Swiss DOTS

30306378

BP

Bear

4,7100 GBP

Swiss DOTS

32996973

Royal Bank of Scotland

Bull

1,2500 GBP

Swiss DOTS

32996971

Royal Bank of Scotland

Bear

2,1000 GBP

Swiss DOTS

Faktor-Zertifikate

Valor

Basiswert

Strategie

Faktor

Handelsplatz

20863632

Barclays

Short

–3

SIX Exchange

19042779

Barclays

Long

3

SIX Exchange

28871196

EURO STOXX 50

Long

6

Swiss DOTS

28871197

EURO STOXX 50

Short

–6

Swiss DOTS

24031279

EURO STOXX 50

Long

3

SIX Exchange

24031280

EURO STOXX 50

Short

–3

SIX Exchange

Stand: 30. Juni 2016; Quelle: Commerzbank Corporates & Markets
Die Darstellung der genannten Produkte erfolgt lediglich in Kurzform. Die massgeblichen Produktinformationen stehen im Internet unter www.zertifikate.commerzbank.ch zur Verfügung.