Editorial

Demokratie braucht Argumente

»Nie Leserkommentare lesen!«, empfahl neulich eine britische Wirtschaftspublikation. Denn nur selten seien die Kommentarschreiber bestrebt, sich im sokratischen Gespräch auf die gemeinsame Wahrheitssuche zu begeben. Tatsächlich gleichen sie eher Medienkriegern, die mit unverrückbaren Meinungen und teils wilden Theorien in die Debattenschlacht ziehen und sich gegenseitig mit simplen Parolen zu überbieten versuchen. So unterhaltsam manche dieser Leserkommentare auch sein mögen, so bedenklich ist es, dass zunehmend auch auf der politischen Bühne Protagonisten auftreten, die mit Ab- und Ausgrenzung, Kompromisslosigkeit und vermeintlich »einfachen Wahrheiten« statt mit nachvollziehbaren Argumenten punkten. Wer hätte gedacht, dass ein Donald Trump zum US-Präsidentschaftskandidaten nominiert würde oder dass die Brexiteers das Referendum gewinnen? Generell scheint die Anzahl der Wahlen, Referenden und Themen zu steigen, welche die Stimmbürger unvermeidlich in feindliche Lager zwingen.

Man darf sich schon fragen, ob die Bürger sich von den klassischen, kompromissbereiten »Parteien der Mitte« im Stich gelassen fühlen. Zumindest suchen derzeit viele ausserhalb des »Mainstreams« nach einer Stimme, die ihre Anliegen zum Ausdruck bringen könnte. Dies zeigt der Erfolg der populistischen Parteien.

Dabei spielt auch die Angst vor der Fremdbestimmung eine grosse Rolle. Dass sich keiner von aussen hineinreden lassen will, ist nachvollziehbar und ich glaube, diese Angst zu bekämpfen wird eine Herausforderung für die EU werden.

Demokratische Politik muss wieder zu einer »Kontaktsportart« werden, zum echten Dialog, der an Lösungen interessiert ist. Leider sprechen die Akteure heute oft aneinander vorbei. Gemäss der eingangs zitierten Publikation müssen wir folgende Lehren aus dem Resultat des Brexit-Referendums ziehen: Die sachliche Auseinandersetzung, das Überzeugen der Stimmbürger anstelle der Einschüchterung müssen wieder zur Norm werden, Argumente müssen stärker sein als »Geschichten« und es muss das Bewusstsein zurückkehren, dass einen Kompromiss einzugehen nicht mit einer Kapitulation gleichzusetzen ist.

Damit dies gelingt, ist es notwendig, sich aus verlässlichen Quellen zu informieren. Und in diesem Punkt hoffe ich sehr, dass wir Sie, zumindest was Ihre Anlageentscheidungen angeht, mit unserem Magazin tatkräftig unterstützen können.

Auch in dieser Ausgabe haben wir wieder einige spannende Themen zu bieten. Ab Seite 6 geben Ihnen unsere Experten einen Ausblick auf die zweite Hälfte des Börsenjahres, ab Seite 24 analysieren wir den Mini-Crash am Schweizer Aktienmarkt und natürlich informieren wir Sie ab Seite 26 auch über die Folgen des Brexit-Referendums.

Ich hoffe, Sie finden wieder Gefallen an dieser Doppelausgabe, und wünsche Ihnen eine schöne und erholsame Sommerzeit.

Ihr