Commerzbank Analysen

Öl- und Gaskonzerne – Ein Sektor versprüht neue Energie

Die steigenden Ölpreise verhalfen in den vergangenen Monaten den Aktienkursen der globalen Energiemultis zu einem Comeback. Allerdings bleibt das Umfeld für die Öl- und Gaskonzerne schwierig, weshalb die Manager weiterhin den Rotstift ansetzen. Gleichzeitig versuchen sie, die Anleger mit grosszügigen Dividendenzahlungen bei Laune zu halten.

Damit hätte Ende 2015 wohl kaum jemand gerechnet: Zwei Rohstoffe dominieren an den Kapitalmärkten das diesjährige Performance-Ranking. An der Spitze stand am 23. August mit einem Plus von 30,7 Prozent Rohöl der Nordseesorte Brent (siehe Grafik 1). Der zweite Platz ging an Gold – im bisherigen Jahresverlauf verteuerte sich die Feinunze um gut ein Viertel. Noch ist es viel zu früh, den Titel »Anlageklasse des Jahres« zu vergeben. Gleichwohl dürfte die starke Ölpreiserholung schon jetzt einen ganzen Sektor kräftig aufatmen lassen. Rund anderthalb Jahre befand sich das schwarze Gold mehr oder minder im freien Fall und brachte damit die Manager von Öl- und Gasunternehmen kräftig zum Schwitzen. Im Sog der steigenden Energiepreise haben sich die Aktien des Sektors zurückgemeldet. Beispielsweise steht für den STOXX Europe 600 Oil & Gas Index im bisherigen Jahresverlauf ein Plus von 11,6 Prozent zu Buche. Zum Vergleich: Der marktbreite STOXX Europe 600 Index notiert 3,2 Prozent unter dem 2015er-Ultimo.

Grafik 1: Erholung auf niedrigem Niveau

Sowohl die jüngste Aufbruchstimmung als auch die weiteren Perspektiven am Ölmarkt sind eng an die globale Relation zwischen Angebot und Nachfrage gekoppelt. Noch übertrifft die weltweite Produktion den Verbrauch deutlich. Laut Zahlen der Internationale Energieagentur (IEA) belief sich der Überschuss im zweiten Quartal 2016 durchschnittlich auf mehr als 300.000 Barrel pro Tag. Allerdings zeichnet sich eine allmähliche Verknappung ab – Anfang 2015 produzierten die Ölunternehmen täglich noch bis zu 2,25 Millionen Barrel zu viel. Im laufenden dritten Quartal 2016 könnte die stetig steigende Nachfrage das Angebot bereits knapp übertreffen (siehe Grafik 2).

Grafik 2: Der Überschuss nimmt ab

Die Ölschwemme ebbt ab
Vor allem in den USA sorgte der Ölpreisverfall für einen deutlichen Produktionsrückgang. Nach Angaben der Energiebehörde EIA lag die Förderung im Juni bei 8,6 Millionen Barrel pro Tag und damit um 600.000 Barrel unter dem Niveau von Anfang des Jahres. Die EIA rechnet damit, dass der Trend anhält: Im kommenden Jahr könnte die tägliche US-Produktion im Schnitt 400.000 Barrel geringer ausfallen als 2016. »Der weltweite Ölmarkt dürfte spätestens in der zweiten Jahreshälfte 2017 unterversorgt sein«, erwartet Carsten Fritsch, Rohstoffanalyst der Commerzbank.

Trotz der verbesserten Aussichten dürfte der Sektor weiterhin den Rotstift ansetzen. Laut Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters haben die global führenden Ölmultis ihre Kapitalausgaben zuletzt zwei Jahre in Folge gekürzt – das gab es seit mehr als drei Jahrzehnten nicht mehr. Ein Blick in die jüngsten Zwischenberichte der europäischen Branchenvertreter zeigt, dass sich die Unternehmen damit nicht zufriedengeben. Beispiel Total: Der französische Konzern drückte die operativen Kosten im ersten Halbjahr um 900 Millionen US-Dollar. Nachdem das Management bereits 2015 stolze 1,5 Milliarden US-Dollar einsparen konnte, wurde das für Ende des Jahres angestrebte Ziel von 2,4 Milliarden US-Dollar vorzeitig erreicht. CEO Patrick Pouyanné lässt nicht locker und dreht weiter an der Kostenschraube.

Im zweiten Quartal schlug zudem der jüngste Ölpreisanstieg auf die Zahlen von Total durch. Gegenüber den ersten drei Monaten des Jahres verbesserte der Konzern den Überschuss um ein Drittel auf 2,2 Milliarden US-Dollar. Damit übertraf das Unternehmen die durchschnittlichen Analystenerwartungen. Trotz aller Sparmassnahmen nimmt Total auch neue Projekte in Angriff. Ende Juni sicherten sich die Franzosen 30 Prozent eines 25-jährigen Kontrakts für das Al-Shaheen-Ölfeld. Bei dem rund 80 Kilometer vor der Küste Katars gelegenen Areal handelt es sich um das grösste Offshore-Ölfeld des Wüstenstaats. Aktuell liegt die tägliche Produktion bei 300.000 Barrel. Total wird im Juni 2017 in die Förderung einsteigen. Patrick Pouyanné kann mit diesem Deal zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Zum einen baut Total die Präsenz im Mittleren Osten aus, gleichzeitig ist die Förderung auf diesem gigantischen Ölfeld zu tiefen technischen Kosten möglich.

Brexit sorgt für Energieschub
Insofern wundert es nicht, dass sich insgesamt sechs internationale Unternehmen um diese Konzession bemüht haben. Unter anderem hatte BP gegenüber den Franzosen das Nachsehen. An der Börse schneidet der britische Multi im bisherigen Jahresverlauf dennoch deutlich besser ab. Während Total dem Sektor mit einem mageren Plus von knapp 3,7 Prozent hinterherhinkt, zählt die BP-Aktie zu den Outperformern. Wobei der Kursgewinn von 20,9 Prozent nicht allein auf das verbesserte Branchenumfeld zurückzuführen ist. Für einen regelrechten Energieschub sorgte der Brexit. Allerdings ist die kurz vor der Jahresmitte zu beobachtende Rallye der BP-Aktie weniger auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Briten am 23. Juni mehrheitlich für den Abschied aus der Europäischen Union (EU) gestimmt haben. Vielmehr beflügelte die damit einhergehende Abwertung des britischen Pfunds die international agierenden Konzerne des Königreichs. Da BP in US-Dollar bilanziert und auch die Dividenden in der US-Valuta ausweist, erhöhte die Währungsabwertung den Reiz der Ausschüttungen für Anleger mit Pfund-Konten.

Operativ konnte der Multi zuletzt nicht ganz überzeugen. Zwar steigerte BP den Gewinn im zweiten Quartal gegenüber der Vorperiode um 35 Prozent auf 720 Millionen US-Dollar. Analysten hatten im Schnitt jedoch mit 120 Millionen US-Dollar mehr gerechnet. Wie der Kollege bei Total stemmt sich auch BP-CEO Bob Dudley mit einem strikten Sparkurs gegen die nach wie vor relativ niedrigen Ölpreise. Über die vergangenen vier Quartale bewegten sich die Cash-Kosten rund 5,6 Milliarden US-Dollar unter dem Niveau von 2014. Im kommenden Jahr soll sich die Diskrepanz auf 7 Milliarden US-Dollar ausweiten. Gleichzeitig forciert das Management neue Upstream-Projekte. Bis 2020 sind zusätzliche Förderkapazitäten von 800.000 Barrel pro Tag geplant. Davon sollen 500.000 Fass bereits im kommenden Jahr an die Oberfläche sprudeln. Das Ziel ist klar: Dudley möchte mittelfristig selbst bei einem Ölpreis im Bereich von 50 US-Dollar positive Cashflows generieren.

Einen wirtschaftlichen Schlussstrich zieht der Top-Manager derweil unter das schwärzeste Kapitel der Unternehmensgeschichte, die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko vom April 2010. Inklusive der im zweiten Quartal verbuchten 5,2 Milliarden US-Dollar belaufen sich die Gesamtkosten für den verheerenden Unfall vor Steuern auf 61,6 Milliarden US-Dollar. Trotz dieser enormen Belastung hält das Management an der grosszügigen Dividendenpolitik fest. Seit dem vierten Quartal 2010 leistet der Konzern in jedem Vierteljahr eine Ausschüttung. Für das laufende Geschäftsjahr zeigt der Large Cap laut Reuters eine Dividendenrendite von 7,1 Prozent.

50 Basispunkte höher fällt die Kennzahl bei Royal Dutch Shell aus. Und auch in puncto Performance hat der Konkurrent gegenüber BP mit einem 2016er-Plus von 28 Prozent die Nase vorne. Daran konnten auch die relativ enttäuschenden Quartalszahlen nichts ändern. Royal Dutch Shell verbuchte ein sogenanntes CCS-Ergebnis von 1 Milliarde US-Dollar und verfehlte damit die von Analysten im Schnitt erwarteten 2,1 Milliarden US-Dollar deutlich. Laut CEO Ben van Beurden stellen die gefallenen Ölpreise insbesondere im Upstream-Geschäft eine grosse Herausforderung dar. Zudem sorgt die 54 Milliarden US-Dollar schwere Übernahme des Rivalen BG zunächst für steigende Kosten. Allerdings macht die Transaktion Royal Dutch Shell zum grössten Händler von Flüssiggas, im Fachjargon Liquified Natural Gas (LNG). Im zweiten Quartal sorgte die Akquisition bereits dafür, dass die Öl- und Gasproduktion im Konzern im Jahresvergleich um 28 Prozent zunahm. Zur Finanzierung des Zukaufs fährt van Beurden ein 30 Milliarden US-Dollar schweres Devestitionsprogramm. Allein im laufenden Jahr sollen Geschäftsanteile in einem Volumen von 6 bis 8 Milliarden US-Dollar veräussert werden.

US-Gigant kauft zu
Auf der Käuferseite stand zuletzt ExxonMobil. Der gemessen am Börsenwert grösste Ölkonzern der Welt bot im Juli 2,5 Milliarden US-Dollar für den Konkurrenten InterOil Corp. Dieses Unternehmen ist mit 36,5 Prozent an den Elk-Antelope-Feldern, dem grössten unerschlossenen Gasvorkommen in Papua-Neuguinea beteiligt. Wegen der Qualität des Energieträgers, niedrigen Kosten sowie der geographischen Nähe ist die Inselgruppe insbesondere für die LNG-Versorgung Asiens interessant. ExxonMobil ist schon seit längerem in der strategisch wichtigen Region aktiv. Die Bilanz für das zweite Quartal fiel dennoch enttäuschend aus. ExxonMobil verdiente 41 US-Cent je Aktie und blieb damit um gut ein Drittel hinter den Markterwartungen zurück.

Die Kosteneinsparungen – im zweiten Quartal senkte das Management die Kapitalausgaben um 38 Prozent auf 5,16 Milliarden US-Dollar – reichten nicht aus, um den gegenüber dem Vorjahreszeitraum niedrigen Ölpreis zu kompensieren. Anders als in den Vorquartalen merzte auch die Raffineriesparte die Schwäche nicht aus. Vielmehr machten dem Geschäftszweig gestiegene Treibstoffvorräte sowie eine schwache Nachfrage zu schaffen – der Gewinn brach um mehr als 60 Prozent ein. CEO Rex Tillerson sieht dennoch keinen Grund, das integrierte Geschäftsmodell aus Ölproduktion und -verarbeitung zu überdenken.

Anlageidee: ETF auf den STOXX Europe 600 Oil & Gas Index

Im STOXX Europe 600 Oil & Gas Index sind 20 auf dem alten Kontinent beheimatete Unternehmen enthalten. Bis Ende Juli war Total mit einer Gewichtung von knapp 30 Prozent das Schwergewicht. Auf den Plätzen folgten BP, Royal Dutch Shell und Eni. Mit dem ComStage STOXX Europe 600 Oil & Gas NR UCITS ETF können sich Anleger die Benchmark einfach und günstig in das Portfolio holen. Die jährliche Verwaltungsgebühr beträgt 0,25 Prozent. Der ETF ist an der Schweizer Börse SIX – wahlweise in Euro und Schweizer Franken – handelbar.

ComStage UCITS ETF auf

Valor

Pauschalgebühr p.a.

Ertragsverwendung

Geld-/Briefkurs

STOXX Europe 600 Oil & Gas NR

4561526

0,25 %

Thesaurierend

72,50/72,77 CHF

Stand: August 2016; Quelle: Commerzbank AG
Die Darstellung des genannten ETF erfolgt lediglich in Kurzform. Der Verkaufsprospekt sowie die wesentliche Anlegerinformation (KIID) stehen im Internet unter www.comstage-etf.ch zur Verfügung.

Anlageidee: Ausgewählte Hebelprodukte auf internationale Ölaktien

An Energie mangelt es den Aktien der globalen Öl- und Gasmultis wahrlich nicht. Seit Jahren zeichnet sich der Sektor durch eine relativ hohe Volatilität aus. Insofern bietet die Branche ein interessantes Tummelfeld für die Trader. Diesem Umstand trägt die Commerzbank mit zahlreichen Hebelprodukten Rechnung. Sei es Total, BP, Royal Dutch Shell oder ExxonMobil: Anleger haben die Wahl zwischen einer Vielzahl an Long- und Short-Papieren. Wir haben einige Produkte auf die vier genannten Basiswerte zusammengetragen.

Unlimited Turbo-Zertifikate

Valor

Basiswert

Typ

Stoppschwelle

Handelsplatz

32996965

BP

Bull

3,7224 GBP

Swiss DOTS

30306379

BP

Bear

4,8049 GBP

Swiss DOTS

29364553

ExxonMobil

Bull

67,8625 USD

Swiss DOTS

27967955

ExxonMobil

Bear

103,5400 USD

Swiss DOTS

31573748

Total

Bull

37,0500 EUR

Swiss DOTS

31330019

Total

Bear

49,6900 EUR

Swiss DOTS

Warrants

Valor

Basiswert

Typ

Strike

Laufzeit

Handelsplatz

33488337

ExxonMobil

Call

85,00 USD

15.03.2017

Swiss DOTS

33384785

ExxonMobil

Put

85,00 USD

15.03.2017

Swiss DOTS

31086384

Royal Dutch Shell A

Call

21,00 EUR

14.12.2016

Swiss DOTS

32307615

Royal Dutch Shell A

Put

24,00 EUR

14.12.2016

Swiss DOTS

31085998

Total

Call

36,00 EUR

14.12.2016

Swiss DOTS

32307685

Total

Put

46,00 EUR

14.12.2016

Swiss DOTS

Stand: August 2016; Quelle: Commerzbank Corporates & Markets
Die Darstellung der genannten Produkte erfolgt lediglich in Kurzform. Die massgeblichen Produktinformationen stehen im Internet unter www.zertifikate.commerzbank.ch zur Verfügung.