Commerzbank Analysen

SMI: Starker Schweizer Franken, schwache Bilanzen

Die Zeit der Wahrheit ist gekommen: Im Oktober und November legen die Unternehmen wie gewohnt ihre Geschäftsbücher offen. Zur Halbzeit überwiegen bei den Schweizer Grosskonzernen allerdings die Enttäuschungen. Derweil wertet der Schweizer Franken wieder stetig auf. Alles in allem nicht die besten Voraussetzungen, um auf eine Jahresendrallye zu hoffen.

Den Anlegern wird derzeit an den Börsen kaum eine Pause gegönnt, vielmehr überschlagen sich die Ereignisse. Zu den regelmässigen Notenbankentscheidungen, den Brexit-Vorbereitungen und der anstehenden Wahl in den USA nähert sich nun auch die Bilanzsaison für das dritte Quartal allmählich ihrem Höhepunkt. Ende Oktober haben die Hälfte der SMI-Unternehmen bereits ihre Zahlen präsentiert. Unter dem Gesichtspunkt der Indexgewichtung liegen sogar bereits rund drei Viertel der Bilanzen offen.

Durchwachsene Zahlen
Ruhe brachten die Quartalsausweise allerdings nicht in den Markt – zumindest nicht hierzulande. Fünf der Zwischenberichte fielen bis dato schlechter aus als erwartet, zwei trafen die Konsensschätzungen und nur drei konnten positiv überraschen. Zu den grossen Verlierern zählen die beiden Schwergewichte Nestlé und Roche. Der weltgrösste Nahrungsmittelkonzern musste sogar von seiner Jahresprognose abrücken.

Bei einem genauen Blick in die Bücher lässt sich feststellen, dass Wachstum nicht selbstverständlich ist. Nur fünf Konzerne steigerten ihre Erlöse in der Berichtsperiode, bei vier zeigt die Kurve dagegen nach unten. Was das durchschnittliche Umsatzwachstum auf ungewichteter Basis betrifft, zeigt sich zwar ein beachtliches Plus von 12 Prozent, jedoch ist dies vor allem Actelion zu verdanken. Europas führender Biotechkonzern konnte sein Geschäftsvolumen um knapp 19 Prozent steigern. Damit schnitt Actelion zum wiederholten Male besser ab als erwartet und hob erneut seine Ziele an. Für das Gesamtjahr rechnet das Management neu mit einem Wachstum des Kernbetriebsgewinns zwischen 15 und 17 Prozent. Die letzte Prognose vom Juli lautete auf 13 bis 14 Prozent.

In den USA ist das Bild eindeutiger. 78 Prozent der bisher vorgelegten Berichte haben auf der Gewinnseite die Schätzungen übertroffen, beim Umsatz waren es immerhin noch 65 Prozent. Besonders positiv: Nachdem mehr als ein Viertel der S&P 500-Konzerne berichtet haben, legten die Ergebnisse in Summe um 0,1 Prozent zu. Die Umsatzwachstumsrate beträgt 2,6 Prozent. Damit ist das erste positiv berichtete Quartal seit dem vierten Quartal 2014 also in greifbarer Nähe.

Der unterschiedliche Verlauf der Quartalssaison dies- und jenseits des Atlantiks spiegelt sich im Kursverlauf wider. Während der S&P 500 seit dem Start in die Berichtsperiode nur rund 1 Prozent nachgab, tauchte der SMI um 3,5 Prozent ab. Es waren vor allem die drei Schwergewichte Nestlé, Novartis und Roche, die mit überproportionalen Verlusten in den vergangenen vier Wochen den Index nach unten zogen. Seit Jahresbeginn ist der Unterschied zwischen SMI und S&P 500 noch gravierender: Der US-Index befindet sich 4 Prozent im Plus, der SMI liegt dagegen ein Zehntel in den Miesen. Zuletzt ging auch die wichtige Marke von 8.000 Punkten wieder verloren.

Grafik 1: SMI-Schwergewichte bremsen
Grafik 2: S&P 500 zieht auf und davon
Grafik 3: Aufwertungsdruck im Oktober

Eine widerspenstige Währung
Im Gegensatz zu den Aktienkursen zieht die heimische Devise stark an. Hatte der Schweizer Franken gegenüber dem Euro Anfang Oktober noch die 1,10er-Marke im Visier, war es Ende des Monats die 1,08, um die gerungen wurde. Alle bisherigen Massnahmen der Schweizerischen Notenbank (SNB), den Franken zu schwächen, scheinen zu verpuffen.

Auch kleinreden hilft im Moment nichts. So hat erst kürzlich SNB-Präsident Thomas Jordan die Möglichkeit einer weiteren Zinssenkung ins Spiel gebracht. Aktuell liegt der Leitzins bei –0,75 Prozent. Auf gleicher Höhe sind auch die Strafzinsen, die Banken auf ihre Einlagen bei der SNB bezahlen müssen. Noch scheinen die Negativzinsen Investoren aber nicht aus der Ruhe zu bringen, denn laut Jordan ist bisher die Nachfrage nach Bargeld nicht massiv angestiegen. »Die effektive Zinsuntergrenze ist also noch nicht erreicht, wir wissen aber, dass eine solche existiert«, sagte der SNB-Chef jüngst auf einer Veranstaltung.

Für die exportorientierten Unternehmen ist der starke Franken weiterhin ein Belastungsfaktor. Solange die globalen Unsicherheiten bestehen bleiben, dürfte sich auch keine Entspannung breitmachen – der »Safe Haven«-Gedanke überwiegt. Den SMI könnte dieses Faktum weiter bremsen. Die Analysten zeigen sich ebenfalls nicht mehr so optimistisch wie noch vor einigen Wochen. Bereits vor dem Start der Berichtssaison wurden die Gewinnerwartungen für 2016 und 2017 jeweils um 1 Prozent nach unten revidiert. Synchron dazu sank das Kurspotenzial der Blue Chips. Das durchschnittliche Indexziel für dieses Jahr beläuft sich derzeit auf 8.375 Punkte. Auch wenn das Niveau deutlich unter dem Jahresschluss von 2015 liegt: Würde der Konsens recht bekommen, dürften sich Anleger aus heutiger Sicht zumindest auf eine kleine Jahresendrallye freuen.