Commerzbank Analysen

SMI: Starke Kurse, schwache Bilanzen

Das Börsenjahr 2017 ist zwar noch jung, bescherte Anlegern aber bereits beachtliche Gewinne. Dennoch ist Vorsicht angesagt, denn die Firmenbilanzen können mit den Kurssteigerungen nicht mithalten. Spannung verspricht derweil der mögliche Umbau des SMI. Bis zu drei neue Titel könnten in diesem Jahr in die Elite aufgenommen werden.

Während über Europa derzeit Winterstürme mit Frühlingstemperaturen im Gepäck ziehen, scheint auch der hiesige Aktienmarkt von den Böen erfasst worden zu sein. Ein angenehm warmes Gefühl dürfte es den Börsianern dabei ebenfalls beschert haben, denn der Wind kommt nahezu ausschliesslich von hinten. Allein seit dem Jahreswechsel summiert sich der Zuwachs beim SMI auf knapp 5 Prozent, mit Blick zurück auf den November errechnet sich gar ein Plus von 13 Prozent.

Enttäuschende Berichtssaison
Angesichts dieser Avancen sollte man glauben, dass auch die gerade laufende Berichtssaison positive Akzente setzt. Doch weit gefehlt: Die hiesigen Blue Chips liefern eine Enttäuschung nach der anderen. Bis heute haben drei Viertel der SMI-Mitglieder ihre Bücher offengelegt und auf der Gewinnseite mehrheitlich enttäuscht. Für positive Überraschungen sorgten bislang lediglich Julius Bär und Swisscom. Besonders bei den Finanztiteln zeigt sich eine grosse Diskrepanz. Während Julius Bär seinen Gewinn nahezu verdreifachen konnte, fuhr die Credit Suisse im vierten Quartal einen Milliardenverlust ein. Auch die UBS-Bilanz offenbarte Schwachstellen. Der Konzerngewinn des grössten Schweizer Bankhauses halbierte sich in 2016.

Doch auch wenn die Blue Chips an den Erwartungen der Analysten überwiegend vorbeirauschten, gibt es für Anleger Grund zur Freude. Exakt die Hälfte der Unternehmen, die bereits ihre Bilanzen vorgelegt haben, werden ihre Gewinnbeteiligungen nach oben schrauben. Der Uhrenkonzern Swatch, dessen Ergebnis erneut in die Knie ging, ist der einzige, der eine Kürzung vorsieht. Einen Komplettausfall gibt es bei Actelion und Syngenta. Dies liegt allerdings nicht an schwachen Ergebnissen, sondern an den bevorstehenden Übernahmen. So wird der Agrarchemiekonzern Syngenta von ChemChina geschluckt und Actelion verliert seine Eigenständigkeit an Johnson & Johnson (Grafik 1).

Grafik 1: SMI im Bilanzcheck 2016 – Dividendenausblick sowie Gewinnerwartung

Das grosse Stühlerücken
Das erwähnte Duo sorgt auch dafür, dass der SMI vor einem weitreichenden Umbau steht. Denn im Zuge der Übernahmen werden sich der Biotech-Konzern sowie der Pflanzenschutzmittel-Hersteller aus dem Leitindex verabschieden müssen. Beide Titel bringen rund 70 Milliarden Schweizer Franken auf die Waage, was etwa 7 Prozent der SMI-Kapitalisierung entspricht. Die letzte Auswechslung fand im März 2016 statt. Damals machte die Dekotierung von Transocean den Weg frei für Swiss Life.

Um die neuen Lücken zu füllen, stehen bereits Titel aus dem SMIM parat. Indexexperten räumen unter anderem Lonza, dem Bau- und Spezialchemie-Spezialisten Sika sowie dem Hörgeräte-Produzenten Sonova Chancen auf einen Platz in der ersten Börsenreihe ein. Die besten Aussichten hat erstgenannter Pharmazulieferer. Schon heute verfügt das SMIM-Schwergewicht über eine Börsenkapitalisierung von 10 Milliarden Schweizer Franken, welche sich im Zuge der geplanten Übernahme der US-amerikanischen Capsugel noch merklich erhöhen dürfte.

Spannend wird es zudem beim »Frischling« Swiss Life. Erst kurz in der Elite dabei, wackelt der Stuhl des Lebensversicherers bereits wieder. Bei der Marktkapitalisierung ist Swiss Life bereits hinter Lonza zurückgefallen. Folglich könnte es 2017 nicht nur zu zwei, sondern sogar drei Auswechslungen kommen. Als potenzieller Kandidat käme auch eine »neue« Credit Suisse-Aktie in Frage. Die Bank plant nämlich, ihr Schweizer Geschäft abzuspalten und ebenfalls an die Börse zu bringen. Allerdings sind noch keine Details bekannt. Die SIX wird in ihrer alljährlichen Überprüfungsrunde im Juni über eine Umgestaltung entscheiden. Umgesetzt wird diese dann planmässig im September.

SMI vs. EURO STOXX 50
Ungeachtet der schwachen Bilanzsaison sowie der erwarteten Veränderungen im SMI zieht der Index den europäischen Blue Chips auf und davon. Etwa 3 Prozentpunkte notieren die 20 heimischen Grosskonzerne im laufenden Jahr vor dem EURO STOXX 50. Im Bewertungsvergleich schneidet der SMI mit einem KGV von 17,0 allerdings nicht so rühmlich ab. Der EURO STOXX 50 ist »nur« mit dem 14,1-Fachen der erwarteten Gewinne für die kommenden zwölf Monate bewertet. Allerdings liegen beide Indizes klar über ihren 10-Jahres-Durchschnitten. Hinsichtlich Dividenden weisen beide Barometer eine Rendite von 3,5 Prozent auf. Beim SMI bedeutet dies im langjährigen Vergleich einen überdurchschnittlichen Ertrag. Die Europäer hinken indessen ihrem 10-Jahres-Durchschnitt von 4,3 Prozent klar hinterher.

Entscheidend für die kommenden Wochen wird für beide Indizes neben den anstehenden Wahlen auf dem alten Kontinent (siehe Titelthema) auch das weitere Vorgehen des neuen US-Präsidenten Donald Trump sein. Einige Unternehmen sehen sich hinsichtlich »Trumponomics« bereits als Gewinner. So hoffen beispielsweise ABB und LafargeHolcim auf zusätzlichen Rückenwind. Anleger sollten aber aufpassen: Aufgrund der Unberechenbarkeit von Trump kann sich die Windrichtung schnell ändern.

Grafik 2: KGV-Vergleich – SMI vs. EURO STOXX 50
Grafik 3: Dividendenrendite – SMI vs. EURO STOXX 50