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Warrants – Die grössten Mythen und Vorurteile

Bereits seit mehreren Jahren halten sich einige hartnäckige Vorurteile rund um das Thema Warrants, mit denen sich Anleger immer wieder beschäftigen. Wir möchten in der aktuellen Ausgabe von ideas mit den grössten Vorurteilen aufräumen:

1. Aus der Emission eines Emittenten lässt sich erkennen, ob dieser eine positive oder negative Marktmeinung hat
Warrants werden von Emittenten begeben, um Anlegern ein Instrument zur Verfügung zu stellen, um zum Beispiel an steigenden (Call) oder fallenden (Put) Kursen partizipieren zu können. Dabei steht vor allem die Vielfalt an Spekulations- und Anlagemöglichkeiten im Vordergrund. Emittenten sind somit bestrebt, Anlegern ein möglichst breites und vielseitiges Spektrum an Warrants mit verschiedenen Laufzeiten, auf verschiedene Basiswerte und mit unterschiedlichen Konditionen anzubieten. Da Emittenten sowohl Call als auch Put Warrants anbieten, spielt die Markteinschätzung des Emittenten somit überhaupt keine Rolle.

2. Der Emittent wettet gegen den Anleger – Verliert der Warrant des Anlegers, gewinnt der Emittent
Dieser Mythos zählt zu den sehr weit verbreiteten Ansichten und viele Anleger glauben, der Emittent agiere als direkter Gegenspieler. Dies entspricht allerdings nicht der Realität, denn die in den Warrants getätigten Geschäfte werden von Emittenten abgesichert. Das bedeutet, der Emittent von Warrants versucht immer eine sogenannte »risikoneutrale Position« einzugehen.

In der Praxis geschieht dies wie folgt: Erwirbt ein Anleger beispielsweise einen Call, wird sich der Emittent zum Beispiel über den Terminmarkt oder sogar direkt über ein Aktiengeschäft absichern. Sobald der Investor seinen Warrant wieder veräussert, wird der Emittent seine eingegangene Absicherungsposition (Hedge) wieder auflösen. Aufgrund der Vielzahl und der verschiedenen Arten von Warrants besitzt jeder Emittent eine Art Gesamtportfolio aller Absicherungspositionen. Dieses wird elektronisch über die Handelssysteme der Emittenten gesteuert und vom eigens dafür entwickelten Risikomanagement überwacht.

Emittenten spekulieren demnach nicht gegen Anleger. Sie verdienen ihr Geld hauptsächlich durch den Spread (Differenz zwischen An- und Verkaufskurs des Warrants) und durch das im Warrant enthaltene Aufgeld.

3. Der Preis eines Warrants ist vollkommen intransparent
Dass die Preisbildung von Warrants mit Sicherheit umfangreich und für Anleger in bestimmten Situationen nur schwer nachvollziehbar ist, ist unumstritten. Gerade im Vergleich zu anderen Hebelprodukten wie Turbo-Zertifikaten müssen bei Warrants verschiedene Parameter bei der Preisbestimmung berücksichtigt werden. So wird der Preis eines Warrants von mehreren Faktoren wie zum Beispiel der Entwicklung des Basiswerts, der Volatilität, der Restlaufzeit des Warrants, möglichen Dividendenzahlungen oder Zinsveränderungen beeinflusst. Der Preis eines Warrants ist aber deswegen nicht intransparent, sondern lediglich nicht so leicht nachvollziehbar.

Zu den wichtigsten Einflussfaktoren für die Preisentwicklung eines Warrants zählt die Volatilität. Volatilität ist, einfach ausgedrückt, ein Mass für die Schwankungsbreite, mit der sich der Preis eines Wertpapiers im Zeitablauf verändert. Sie gibt an, in welchem Bereich die Kursschwankungen eines Wertpapiers im Laufe eines Jahres erwartet werden. Je höher sie ist, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Warrant ins Geld bzw. in die Gewinnzone läuft, und desto höher ist auch der Preis eines Warrants.

Um die Preisbildung eines Warrants besser nachvollziehen zu können, bietet die Commerzbank im Internet einen Optionsscheinrechner an. Hier können Warrant-Investoren die Veränderung preisbestimmender Faktoren von Warrants simulieren und nachvollziehen, wie sich die veränderten Einflussgrössen auf den Preis auswirken. Der Optionsscheinrechner steht im Internet unter www.zertifikate.commerzbank.ch/Rubrik »Service« –> »Tools« –> »Optionsscheinrechner« zur Verfügung.

4. Emittenten stellen die Preise von Warrants, wie sie wollen
Leider kommt es immer mal wieder vor, dass Anleger Emittenten vorwerfen, Warrants unfair zu preisen und entweder zu hohe oder zu niedrige Kurse zu stellen. Dieses Vorurteil betrifft insbesondere Warrants, die weit aus dem Geld liegen, was bedeutet, dass der Basiswert weit vom entsprechenden Basispreis entfernt ist und die Warrants somit keinen inneren Wert aufweisen. Der Preis dieser Warrants besteht lediglich aus dem Zeitwert, welcher massgeblich von der Restlaufzeit der Warrants und der Volatilität des Basiswerts bestimmt wird.

Der Grund des Vorwurfs liegt darin, dass viele Anleger den Einfluss der Volatilität unterschätzen. Wie bereits in Punkt 3 beschrieben handelt es sich bei der Volatilität um den wichtigsten Einflussfaktor bei der Preisstellung von Warrants. Der Einfluss der Volatilität ist bei Warrants, die weit aus dem Geld liegen, allerdings noch grösser. Denn der Wert dieser »Out-of-the-money«-Warrants besteht ausschliesslich aus dem Zeitwert und richtet sich somit lediglich danach, wie wahrscheinlich es ist, dass der Warrant es während der verbleibenden Restlaufzeit noch schafft, ins Geld zu laufen. Dabei gilt: Je höher die Volatilität, desto höher die Wahrscheinlichkeit. Für den Preis dieser Warrants bedeutet das, je höher die Volatilität, desto höher der Wert des Warrants – unabhängig davon, ob es sich dabei um einen Call oder Put Warrant handelt.

Anleger sollten daher bei diesen Warrants beachten, dass gerade bei den »Out-of-the-money«-Warrants die Volatilität einen höheren Einfluss auf den Preis des Warrants hat als die Bewegung des Basiswerts selbst. Die Kennzahl, die angibt, wie stark der Warrant auf die Volatilität reagiert, nennt sich Vega und kann ebenfalls über den Optionsscheinrechner der Commerzbank simuliert werden.

5. Warrants sind hochspekulativ und ausschliesslich zur Spekulation auf steigende und fallende Kurse geeignet
Es ist richtig, dass Warrants von Anlegern zur Spekulation verwendet werden, um gehebelt an steigenden bzw. fallenden Kursen zu partizipieren.

Doch es gibt auch noch andere Möglichkeiten, um Put Warrants sinnvoll einzusetzen. Beispielsweise kann man sie in Kombination mit dem Basiswert als eine Art »Versicherung« bzw. »Absicherung« gegen fallende Aktienkurse verwenden. Diese Kombination bezeichnet man als Protective-Put-Strategie. Dabei kauft der Anleger den Basiswert und einen Put bezogen auf den gleichen Basiswert. Die Laufzeit und den Basispreis wählt der Anleger selbst, je nachdem, wie viel Risiko er bei seiner Investition eingehen will. Fällt der Aktienkurs unter den Basiswert des Puts, so kann der Anleger den Warrant ausüben und den inneren Wert realisieren, um damit die Verluste aus dem Aktieninvestment auszugleichen.

Unabhängig davon, welche Strategie die Anleger bei der Investition verfolgen, sollten Warrants nur von erfahrenen und risikobewussten Anlegern eingesetzt werden.

6. Emittenten lösen absichtlich Kauf- und Verkaufslimits von Anlegern aus
Eine seltsamerweise unter Anlegern weit verbreitete Ansicht ist, dass Emittenten von Warrants im Markt liegende Limite absichtlich aus- bzw. nicht auslösen – vor allem dann, wenn sich Märkte stark in eine Richtung bewegen und anschliessend in die andere Richtung laufen.

Betrachtet man die gesamte Anzahl von rund 24.000 strukturierten Produkten der Commerzbank allein in der Schweiz, dann ist dies allerdings vollkommen unrealistisch. Denn die Emittenten sind aufgrund der Vielzahl der Produkte gar nicht in der Lage, gerade kleinere Positionen von 1.000 bis 50.000 Franken zu beobachten und bei Bedarf den Basiswert entsprechend zu manipulieren. Der logistische Aufwand wäre dabei unverhältnismässig hoch. Ausserdem haben Emittenten sogar ein grosses Interesse daran, dass ihre Warrant-Käufer Geld verdienen. Denn nur dann erwerben Investoren auch zukünftig Warrants der entsprechenden Emittenten.

7. Der Hebel ist die wichtigste Kennzahl bei Warrants
Warrants sind bekannt für ihren Hebeleffekt. Denn über die Hebelwirkung von Warrants können Anleger bereits mit kleinem Einsatz überproportionale Gewinne erzielen.

Doch bei der tatsächlichen Kennzahl kommt es bei Anlegern immer wieder zu Missverständnissen. So achten Anleger bei der Auswahl eines Warrants auf die Kennzahl »Hebel«. Doch das, was das Gros der Anleger unter Hebel versteht, verbirgt sich bei Warrants hinter der Kennzahl des Omega. Der Hebel bei einem Warrant gibt vereinfacht ausgedrückt an, wie viele Warrants zum aktuellen Kurs des Basiswerts gekauft werden können. Die Aussagekraft des Hebels ist für die Renditeerwartung jedoch gering. Viel mehr Aussagekraft hingegen hat das Omega. Es beschreibt, um welchen Prozentsatz der Kurs eines Warrants steigt, wenn sich der Basiswert um 1 Prozent verändert.

Die Kennzahl des Omega entspricht also dem, was man im Allgemeinen als Hebel bezeichnet, und kann ebenfalls über den Optionsscheinrechner der Commerzbank simuliert werden.