Commerzbank Analysen

Ein Wintersturm zieht über die Aktienmärkte

Die Furcht vor steigenden Zinsen löste Anfang Februar weltweit eine heftige Kurskorrektur aus. Dadurch hat der SMI das zum Jahresauftakt erreichte Allzeithoch zunächst wieder aus dem Blick verloren. Auch wenn die Volatilität bis auf Weiteres hoch bleiben könnte: Nicht zuletzt die attraktiven Ausschüttungen sprechen nach wie vor für die Anlageklasse Aktien.

Gerade einmal acht Wochen ist 2018 alt. Und doch hatte das neue Börsenjahr bereits einiges zu bieten. Zunächst war die Gipfeljagd am Schweizer Aktienmarkt endlich von Erfolg gekrönt. Am 24. Januar markierte der SMI mit 9.616,38 Punkten ein Allzeithoch. Nur wenig später war es mit der Euphorie vorbei. Anfang Februar erlebte der heimische Leitindex eine markante Korrektur. Gegenüber dem skizzierten Top gaben die 20 Large Caps um bis zu 9,9 Prozent bzw. mehr als 950 Zähler nach (siehe Grafik 1). Nicht nur in der Schweiz platzierten viele Investoren Verkaufsorders, rund um den Globus überwogen nach dem Monatswechsel die roten Vorzeichen.

Grafik 1: Wertentwicklung SMI

Fed-Kalkül könnte aufgehen
Im Zentrum des Börsengewitters standen die USA. Nicht nur, dass die Kurse auch an der Wall Street steil nach unten zeigten. Gleichzeitig lieferte die weltgrösste Volkswirtschaft eine mögliche Erklärung für den abrupten Rücksetzer. Am 2. Februar wurde der Arbeitsmarktbericht veröffentlicht. Aus dem auch als Non-Farm Payrolls bezeichneten Report geht hervor, dass in den Staaten im Januar ausserhalb der Landwirtschaft 200.000 neue Stellen geschaffen wurden. Analysten hatten im Schnitt mit 180.000 zusätzlichen Jobs gerechnet. »Die gute Beschäftigungsentwicklung ist nichts Neues«, kommentiert Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner die Zahlen. Was dagegen bisher fehlte, ist seiner Ansicht nach ein stärkerer Anstieg der Löhne. Hier tat sich Anfang 2018 etwas. Im Januar lagen die Stundenlöhne 2,9 Prozent über dem Vorjahreswert. »Dies ist die höchste Zuwachsrate seit 2009«, stellt Weidensteiner fest.

Dem USA-Experten zufolge könnte nun das folgende zentrale Kalkül der US-Notenbank aufgehen: Ein enger werdender Arbeitsmarkt treibt die Löhne und heizt damit die Inflation in Richtung des Fed-Ziels von 2 Prozent an. »Einem Zinsschritt im März, dem sechsten im laufenden Zyklus, steht damit kaum noch etwas im Wege«, meint Weidensteiner. Nicht wenige Investoren sorgen sich, dass die US-Notenbank die Zügel sogar stärker straffen könnte als bisher angenommen. Nicht nur den Aktienmärkten bescherte diese Befürchtung ein kräftiges Beben. Sie hatte auch im Obligationenbereich Folgen. Mit 2,91 Prozent werfen 10-jährige US-Treasuries momentan so viel ab wie seit Anfang 2014 nicht mehr. Wenngleich die Notenbanken in Europa nach wie vor einen expansiven Kurs verfolgen, zogen die Renditen auch diesseits des Atlantiks an. Bei der 10-jährigen deutschen Bundesanleihe sind 0,70 Prozent zu holen – annähernd 30 Basispunkte mehr als Ende 2017. Derweil liess die Eidgenossenschaft das negative Terrain hinter sich.

Volatilität kehrt zurück
Mit der Rückkehr des Inflationsgespenstes und dem damit einhergehenden Renditesprung sehen sich die Aktienmärkte nun also einem neuen Risikofaktor ausgesetzt. Dieser Umstand kommt auch in einem deutlich erhöhten Volatilitätsniveau zum Ausdruck. Beispiel VSMI: Der Gradmesser für die in SMI-Optionen eingepreiste Kursschwankungsbreite schnellte auf mehr als 28 Prozent nach oben – der höchste Wert seit Mitte 2016. Zwar setzte der auch als »Angstbarometer« bezeichnete Index im Zuge der Kurserholung beim SMI wieder zurück. Gleichwohl hält sich die Volatilität über dem durchschnittlichen Niveau der vergangenen beiden Jahre (siehe Grafik 2). Möglicherweise müssen Anleger auch hier mit einer neuen Realität zurechtkommen. Im Klartext: Auch in den kommenden Monaten könnte die Stimmung gereizt respektive die Volatilität hoch bleiben.

Die Märkte dürften vor allem die US-Notenbank im Blick behalten. Am 20. und 21. März kommt die Fed zu ihrer nächsten turnusmässigen Sitzung zusammen. Jerome Powell wird nach dem Treffen erstmals als neuer Chairman vor die Presse treten und die geldpolitische Beschlusslage erläutern. Weit weniger brisant und doch aufschlussreich dürfte die erste geldpolitische Lagebeurteilung der Schweizerischen Nationalbank im neuen Jahr ausfallen. Sie steht am 15. März auf der Agenda. Eine Woche zuvor trifft sich der Rat der Europäischen Zentralbank in Frankfurt (siehe auch »Aktionen & Termine«).

Grafik 2: Wertentwicklung VSMI

Unternehmen geben sich spendabel
Neben der Geldpolitik bleiben die konjunkturelle Entwicklung sowie die Verfassung der Unternehmen von zentraler Bedeutung für die Aktienmärkte. Makroökonomisch steht die Ampel weiter auf Grün. Beispielsweise rechnen die Ökonomen der Commerzbank damit, dass sich das Bruttoinlandsprodukt in der Schweiz 2018 um 2,3 Prozent ausdehnt. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr dürfte das Wachstum bei 1 Prozent gelegen haben. Was die heimischen Grosskonzerne anbelangt, zeigt sich in der laufenden Berichtssaison ein gemischtes Bild. Beispielsweise verfehlte SMI-Schwergewicht Nestlé genauso die Erwartungen wie der Industriekonzern ABB. Derweil konnten unter anderem der Pharmariese Novartis sowie der Duft- und Aromenhersteller Givaudan die Erwartungen übertreffen. Es gibt auch eine Gemeinsamkeit der vier genannten Unternehmen: Die Aktionäre dürfen sich über eine höhere Gewinnbeteiligung freuen. Generell locken die Large Caps mit attraktiven Ausschüttungen. Der SMI zeigte per Mitte Februar eine Dividendenrendite von 3,6 Prozent (siehe Grafik 3). Damit übertrifft die Kennzahl die Verzinsung der heimischen Bundesanleihe um rund 340 Basispunkte. Gut möglich, dass die verbleibenden 44 Wochen im Börsenjahr 2018 weitere Überraschungen bringen. An diesem zentralen Argument für die Anlageklasse Aktie dürfte sich allerdings kaum etwas ändern.

Grafik 3: Dividendenrendite SMI