Commerzbank Analysen

Energieversorger – Eine Branche unter Spannung

Ohne den Saft aus der Dose ist das moderne Leben nicht mehr denkbar. Wasser, Heizung, Verkehr, PC – alles braucht Strom. Mit Zukunftstrends wie der Elektromobilität wird der Bedarf in den kommenden Jahren sogar noch steigen. Die Energiekonzerne bringen sich bereits in Stellung, wie der jüngste Deal zwischen E.ON und RWE zeigt.

Die europäische Energiewirtschaft ist im Umbruch: Das deutsche Atomzeitalter neigt sich dem Ende zu, Ökostrom ist auf dem Vormarsch und durch Trends wie Elektromobilität entwickeln sich neue Märkte. Für die Versorger keine leichte Aufgabe, in diesem Umbruch stets mit gewinnbringenden Geschäftsmodellen zu punkten.

Aus Rivalen werden Partner
Die Zeichen der Zeit zu spät erkannt haben bekanntlich E.ON und RWE. Die deutschen Grössen brauchten lange, um sich in der wandelnden Branche zurechtzufinden. Die Folge: Milliardenverluste. Doch mittlerweile ist das Tal durchschritten und Gewinne zieren wieder die Bilanzen. Und dass die beiden längst nicht mit ihrer Neuordnung abgeschlossen haben, zeigt der jüngste Deal: Das Duo möchte die RWE-Ökostromtochter innogy untereinander aufteilen. Damit wirbeln die beiden Grosskonzerne die Branche kräftig auf. Nach Berechnungen des Energieportals Verivox würde nämlich im Zuge der Reorganisation der beiden Stromriesen Europas grösster Energieversorger entstehen.

Im Detail ist Folgendes geplant: E.ON erwirbt von RWE die 76,8 Prozent-Beteiligung an innogy. In der seit Oktober 2016 börsennotierten Gesellschaft befinden sich die Energienetze von RWE, das Ökostromgeschäft sowie der Vertrieb. Im Gegenzug dafür bekommt RWE eine Beteiligung an E.ON von 16,7 Prozent. Während E.ON es im Wesentlichen auf das lukrative Verteilernetz abgesehen hat, wird der einst ausgelagerte Bereich mit erneuerbaren Energien auf RWE übertragen. Unter das Dach von RWE kehrt zudem innogys Gasspeichergeschäft und der Anteil am österreichischen Energieversorger Kelag zurück. An der Börse kommen die Pläne gut an: Die Aktien von E.ON und RWE kletterten in den Folgetagen nach der Bekanntgabe um rund ein Zehntel empor.

Auf Konsolidierungskurs
Während sich die einstigen Konkurrenten auf einen friedvollen Schulterschluss einigen konnten, ist die Zukunft der ehemaligen E.ON-Tochter Uniper noch ungewiss. Bei dem Betreiber von Kohle- und Gaskraftwerken sowie einem florierenden Energiehandel geht es derzeit heiss her. Der finnische Versorger Fortum hat sich knapp 47 Prozent an Uniper gesichert und den restlichen Aktionären ein Übernahmeangebot vorgelegt – welches allerdings wenig Anklang fand. Fortum verfehlte also im ersten Anlauf die Mehrheit und Uniper-Chef Klaus Schäfer, der eine Zerschlagung des Konzerns befürchtet, pocht daraufhin auf die Eigenständigkeit seines Unternehmens. »Wir sehen uns gestärkt durch das Vertrauen der Aktionäre, die in einer überwiegenden Zahl unserem Votum gefolgt sind und das Übernahmeangebot nicht angenommen haben«, zeigte sich der Manager nach Ablauf der Offerte selbstbewusst. Fortum-Chef Pekka Lundmark setzt derweil auf Gespräche mit Uniper, um die Zusammenarbeit zu stärken. Noch ist nichts entschieden, Experten gehen aber davon aus, dass die Finnen früher oder später die Mehrheit übernehmen werden. Helfen könnten den Nordlichtern die zuletzt eingestiegenen Investoren Elliott, Knight Vinke und Blackrock.

Geht es nach der vorherrschenden Meinung am Markt, dürfte der Fortum/Uniper-Deal nicht der letzte auf dem alten Kontinent sein. Experten erwarten aufgrund des Kosten- und Margendrucks europaweit weitere Konsolidierungsbemühungen. Dabei könnten auch die beiden italienischen Energiekonzerne Eni und Enel eine Rolle spielen. Letztgenannter ist zum Beispiel bereits mit 70 Prozent an der spanischen Endesa beteiligt. Nicht unbedingt das beste Investment, musste Endesa – wie das Gros der europäischen Versorger – in den vergangenen Jahren kleinere Brötchen backen. Erwirtschaftete der Konzern 2014 noch einen Nettogewinn von 3,3 Milliarden Euro, ist es heute nicht einmal mehr die Hälfte. Allerdings keimte zuletzt Hoffnung auf: Trotz eines schwierigen Umfelds gelang es den Spaniern, ihren Gewinn im Jahr 2017 leicht zu steigern.

Hohe Gewinne, üppige Dividenden
Bei Enel zeigt die mittelfristige Gewinnkurve dagegen nach oben. 2017 konnte das Unternehmen sein Nettoergebnis um satte 15 Prozent steigern. Dazu gaben die Italiener einen positiven Ausblick bis ins Jahr 2020. Zwischen 2017 und 2020 erwartet das Unternehmen eine durchschnittliche Verbesserung des operativen Gewinns von jährlich 6 Prozent. Der Überschuss soll sich gar um 15 Prozent p.a. verbessern. Hinzu kommt eine sichere Dividendenzahlung. Der Mindestwert für 2018 soll bei 28 Cent je Aktie liegen – das entspricht einem Anstieg um ein Drittel gegenüber der für 2017 garantierten Mindestdividende und einer aktuellen Rendite von über 5 Prozent.

Während in puncto Dividenden beim spanischen Partner Endesa noch mehr zu holen ist, spricht die Entwicklung des Aktienkurses für Enel. Das italienische Papier verzeichnete innerhalb von fünf Jahren einen Zuwachs von mehr als 80 Prozent, die Endesa-Aktie drehte dagegen unter dem Strich eine Nullrunde. Die rote Laterne tragen in diesem Zeitraum aber die deutschen Versorger. Sowohl E.ON wie auch RWE stehen trotz ihrer jüngsten Erholungsbemühungen immer noch rund 30 Prozent in den Miesen. Laut den Commerzbank-Analysten könnte sich der positive Trend aber fortsetzen. Sowohl E.ON wie auch RWE sollen von der innogy-Zerschlagung profitieren. Daher erhöhten die Commerzbank-Analysten ihr 12-Monats-Kursziel für E.ON um 2,00 Euro auf 12,90 Euro, das von RWE von 19,40 auf 27 Euro. (Stand: 15. März 2018)

Auf eine beachtliche Kursentwicklung kann Iberdrola zurückblicken. Seit 2013 hat sich der Wert des spanischen Energieriesen um knapp die Hälfte erhöht. Auch operativ läuft es bei dem Konzern: 2017 verbuchte Iberdrola einen Erlösanstieg von 9 Prozent auf 31,3 Milliarden Euro. Der Nettogewinn legte dank positiver Effekte aus der US-Steuerreform überraschend um 4 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro zu. Experten hatten hier mit einem leichten Rückgang gerechnet. Um auf Wachstumskurs zu bleiben, fahren die Südeuropäer derzeit ein umfangreiches Investitionsprogramm. 32 Milliarden Euro werden in den kommenden vier Jahren unter anderem für den Netzausbau und erneuerbare Energien ausgegeben. Gleichzeitig soll auch mehr verdient werden. Bis 2022 soll der Nettogewinn auf 3,5 bis 3,7 Milliarden Euro steigen.

Grafik 1: Gewinnentwicklung europäische Versorger
Grafik 2: Dividendenrendite im Vergleich

Die Preise steigen
Über den Erfolg der Energieversorger entscheidet auch die weitere Entwicklung der Strompreise. Diese haben sich im vergangenen Jahr, nach einer leicht schwächeren Phase zwischen 2011 bis 2016, wieder erholt. Langfristig zeigt der Trend ohnehin nach oben. Im 10-Jahres-Vergleich verteuerte sich eine Megawattstunde im Durchschnitt in der EU um 23 Prozent. 2017 lag der durchschnittliche Strompreis für europäische Haushaltskunden bei 20,4 Cent/kWh. In Deutschland, Spanien oder auch Belgien mussten die Verbraucher nicht nur noch tiefer in die Tasche greifen, auch zog der Preis in diesen Ländern seit 2007 überdurchschnittlich an.

Nach Ansicht von Scope Ratings werden unregulierte Versorger von einem Aufwärtstrend der Grosshandelspreise profitieren. Dies gilt insbesondere im Einzugsgebiet der Strombörse Nord Pool, dem grössten europäischen Strommarkt. Die Experten gehen davon aus, dass die durchschnittlichen Preise auf dem europäischen Markt mittel- und langfristig aufgrund struktureller Entwicklungen wie dem bevorstehenden Atomausstieg in Deutschland ab 2021/2022, der erwarteten Stilllegung weiterer Atomkraftwerke in Belgien und Frankreich und der Reduktion von Braunkohlenutzung aufwärts tendieren werden. Darüber hinaus könnte es aufgrund rückläufiger Kapazitätserweiterungen für erneuerbare Energien wegen sinkender Subventionen zu einer Verknappung im Erzeugungsbereich kommen.

Um sich breiter aufzustellen, investieren die Konzerne auch kräftig in neue Felder und Technologien. Nicht nur Smart Grid oder intelligente Stromzähler stehen auf der Agenda, auch die Elektromobilität hat es den Versorgern angetan. Aktiv in diesem Zukunftstrend ist Enel. Um eine noch höhere Abdeckung von Ladestationen zu erreichen, sind die Italiener Anfang März mit dem Südtiroler Energiedienstleister Alperia eine Partnerschaft eingegangen. Zudem steckt Enel bis 2020 5,3 Milliarden Euro in die Digitalisierung. Die deutsche E.ON wiederum arbeitet seit kurzem mit dem japanischen Autobauer Nissan zusammen. Die beiden Konzerne haben auf dem jüngsten Genfer Autosalon eine strategische Partnerschaft geschlossen, die neben E-Mobility auch Projekte auf den Gebieten dezentrale Energieerzeugung und -speicherung zum Ziel hat. Diese Beispiele zeigen, dass es der Branche derzeit nicht an Ideen fehlt, um wieder einen langfristigen Wachstumskurs einzuschlagen.

Grafik 3: Europäische Strompreise

10-Jahres-Veränderung

Grafik 4: E.ON versus Enel versus Iberdrola versus RWE

Indexiert: 22. März 2013 = 100

Anlageidee: Ausgewählte Produkte auf Energieversorger

Warrants

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Basiswert

Typ

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38095150

E.ON

Call

9,50 EUR

21.09.2018

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E.ON

Call

11,00 EUR

21.12.2018

Swiss DOTS

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E.ON

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9,00 EUR

21.09.2018

Swiss DOTS

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E.ON

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8,50 EUR

21.12.2018

Swiss DOTS

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RWE

Call

19,00 EUR

21.09.2018

Swiss DOTS

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RWE

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20,00 EUR

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Swiss DOTS

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RWE

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21.09.2018

Swiss DOTS

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RWE

Put

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21.12.2018

Swiss DOTS

Unlimited Turbo-Zertifikate

Valor

Basiswert

Typ

Stoppschwelle

Handelsplatz

36992394

E.ON

Bull

7,82 EUR

Swiss DOTS

36889139

E.ON

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11,03 EUR

Swiss DOTS

35008415

Iberdrola

Bull

5,49 EUR

Swiss DOTS

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Iberdrola

Bear

6,68 EUR

Swiss DOTS

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RWE

Bull

18,28 EUR

Swiss DOTS

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RWE

Bear

20,59 EUR

Swiss DOTS

Faktor-Zertifikate

Valor

Basiswert

Strategie

Faktor

Handelsplatz

34417211

Enel

Long

4

Swiss DOTS

34417280

Enel

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–4

Swiss DOTS

34417212

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Long

4

Swiss DOTS

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Eni

Short

–4

Swiss DOTS

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Iberdrola

Long

4

Swiss DOTS

34417202

Iberdrola

Short

–4

Swiss DOTS

37645092

E.ON

Long

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SIX Exchange

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E.ON

Short

–8

SIX Exchange

34417197

RWE

Long

4

Swiss DOTS

34417266

RWE

Short

–4

Swiss DOTS

Stand: 23. März 2018; Quelle: Commerzbank AG

Die Darstellung der genannten Produkte erfolgt lediglich in Kurzform. Die massgeblichen Produktinformationen stehen im Internet unter www.zertifikate.commerzbank.ch zur Verfügung.