Commerzbank Analysen

Pep für den SMI: Blue Chips liefern eindrucksvolle Quartalssaison

Die jüngsten Zwischenberichte der Schweizer Grosskonzerne können sich sehen lassen: Viele positive Wachstumsüberraschungen, zwei Prognoseanhebungen und keine Senkung lautet das Fazit. Dennoch hat der SMI die 9.000er-Marke noch nicht nachhaltig bezwungen und für den weiteren Jahresverlauf ist Vorsicht angesagt.

Eine flotte Sohle legten die heimischen Blue Chips in den vergangenen Wochen aufs Börsenparkett. Pünktlich zum Start der Bilanzsaison Anfang Juli ging es mit den Kursen steil bergauf. Rund 700 Punkte oder mehr als 8 Prozent standen in der Spitze zu Buche. Doch es ist wie verhext: Sobald der SMI die 9.000er-Marke überquert, setzen Gewinnmitnahmen ein. So war es auch dieses Mal wieder. Die psychologisch wichtige Marke übt eine scheinbar magnetische Wirkung aus und zieht den Index immer wieder zu sich zurück. Aus charttechnischer Sicht ist der weitere Verlauf derzeit besonders wichtig. Denn die 100-Tage-Linie ist aufgrund des jüngsten Anstiegs kurz davor, den längeren 200-Tage-Durchschnitt von unten nach oben zu durchkreuzen. Ein derartiges Ereignis wäre ein sehr bullishes Signal, in der Fachsprache »Golden Cross« genannt.

Starkes Fundament
Aber nicht nur die Technik macht Mut, auch die gerade zu Ende gegangene Berichtssaison setzte eine Vielzahl positiver Akzente. Insgesamt lieferten die heimischen Grosskonzerne sogar eine bemerkenswerte Zahlensaison ab. 15 der 19 präsentierten Zwischenberichte – Richemont wird erst am 9. November seine Bücher offenlegen – fielen besser als erwartet aus. Das entspricht einer positiven Überraschungsquote von stolzen 79 Prozent. Damit können die SMI-Mitglieder mit der rekordverdächtigen Bilanzsaison in den USA mithalten. Im S&P 500 haben ebenfalls 79 Prozent der Unternehmen besser als vorhergesagt berichtet.

Für ein Highlight hierzulande sorgte unter anderem Swatch. Der Uhrenkonzern verkaufte zwischen Januar und Juni so viele Uhren und Schmuckstücke wie noch nie zuvor in einem Halbjahr. Folglich legte der Umsatz um 15 Prozent zu, der Gewinn verbesserte sich sogar überproportional um gut zwei Drittel. Darüber hinaus fällt der Ausblick, wie auch beim Gros der SMI-Mitglieder, positiv aus. »Das zweite Halbjahr bietet grosse Möglichkeiten für weiteres starkes Wachstum und den Ausbau von weiteren Marktanteilen«, lautet die Botschaft aus dem Unternehmen.

Mit einem Plus von knapp 8 Prozent liegt die Swatch-Aktie im Jahresverlauf nicht nur deutlich vor dem Gesamtmarkt, sondern ist auch unter den Top 3 im Performanceranking zu finden. Den Spitzenplatz besetzt Lonza mit einem Plus von 19 Prozent. Dass dieser Zuwachs operativ gefestigt ist, zeigt der Halbjahresbericht. Mit einem Reingewinn von 405 Millionen Franken schlug der Pharmazulieferer die Analystenschätzungen um satte 10 Prozent. Das Ergebnis bedeutet gleichzeitig eine Verbesserung zum Vorjahr um mehr als drei Viertel. Aufgrund des starken ersten Halbjahres hob der Konzern seine Jahresprognose an. Damit sind die Basler nicht alleine, auch Roche schraubte als weiteres SMI-Unternehmen seine Ziele empor.

Grafik 1: SMI-Quartalssaison

Schlusslichter
Während die Bilanz von LafargeHolcim die Prognosen »nur« erfüllte, kam es beim Trio Adecco, Givaudan und SwissRe zu Enttäuschungen. Beispielsweise bekommt erstgenannter Personaldienstleister die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in Europa zu spüren. Daher reichte es im zweiten Quartal nur noch für ein Umsatzplus von 4 Prozent, zwischen Januar und März betrug dieses noch 6 Prozent. Der Gewinn ging sogar gegenüber dem Vorjahr um 11 Prozent zurück. Obwohl Adecco eine Verbesserung der Profitabilität in der zweiten Jahreshälfte in Aussicht stellt, bleiben Investoren skeptisch. Mit einem Minus von 21 Prozent trägt die konjunktursensitive Aktie die rote Laterne im SMI.

Ein ungleiches Paar: SMI versus SMIM
Alles in allem blickt der SMI aber auf eine insgesamt starke Bilanzsaison zurück. Ungeachtet dessen hat der kleinere Bruder an der Börse weiterhin die Nase vorne. Der SMIM kommt auf einen Zuwachs von knapp 4 Prozent seit Silvester und markierte Ende August sogar ein neues Allzeithoch bei 2.713 Punkten. Der SMI steckt dagegen immer noch rund 3 Prozent in der Verlustzone. Im Bewertungsvergleich schneidet der Mid-Cap-Index mit Blick auf Kennziffern wie KGV, KBV und die Dividendenrendite allerdings weniger rühmlich ab. Während der SMI derzeit lediglich mit dem 15,2-Fachen der erwarteten Gewinne für die kommenden zwölf Monate gehandelt wird, erreicht das SMIM-KGV stolze 22,7. Der Wert liegt damit 4,9 Punkte über dem 10-Jahres-Durchschnitt, beim SMI ist es dagegen lediglich 1 Punkt. Eine vergleichbare Relation ergibt sich bezüglich des Kurs-Umsatz-Verhältnisses: Beim SMI beträgt dieses 2,34 (10-Jahres-Durchschnitt: 2,18), beim SMIM 3,28 (2,38). Hinsichtlich Dividenden sind die Blue Chips der zweiten Reihe mit einer aktuellen Rendite von 3,6 Prozent im Vergleich zu 2,4 Prozent ebenfalls überlegen.

Ob der SMI seinen Bewertungsrückstand in den kommenden Monaten aufholen kann, liegt neben den eingangs erwähnten charttechnischen Begebenheiten auch an dem weiteren Verlauf der Weltwirtschaft und -politik. Denn wie das Beispiel USA/Türkei zeigt, kann überraschend schnell Gegenwind einsetzen. Der Konflikt der beiden Staaten zog eine starke Aufwertung des Franken nach sich, was sich im Umkehrschluss negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit zahlreicher hiesiger Unternehmen auswirkt. Auch der Handelsstreit zwischen den USA und China stellt weiterhin einen Belastungsfaktor für die Kapitalmärkte dar. Ungetrübten Sonnenschein an den Börsen sollten Anleger im Rest des Jahres also nicht erwarten.

Grafik 2: SMI versus SMIM – KGV-Entwicklung
Grafik 3: SMI versus SMIM – Dividendenrendite