Commerzbank Analysen

USA – Der Daumen bleibt oben

In den USA kam es zu Beginn des neuen Jahres zu bedeutenden Ereignissen für den Aktienmarkt. Zum einen spricht die Notenbank Fed plötzlich nicht mehr über weitere Zinserhöhungen. Zum anderen verläuft die Berichtssaison der Unternehmen nach Mass. Die Wall Street feiert dies mit deutlichen Kursaufschlägen.

Zeitenwende in der US-Zinspolitik: Hatte die Fed im vergangenen Jahr aufgrund des Wirtschaftsbooms die Leitsätze insgesamt vier Mal angehoben, wurde Notenbankchef Jerome Powell auf der jüngsten Sitzung Ende Januar deutlich zurückhaltender. Nicht nur, dass der Währungshüter den Schlüsselsatz in der Spanne von 2,25 bis 2,5 Prozent beliess, auch die Wortwahl über die weitere Richtung fiel überraschend vorsichtig aus. Bei den Entscheidungen über künftige Zinsschritte wird die Fed aufgrund des zunehmenden konjunkturellen Gegenwinds laut Powell »geduldig« agieren. Nach der Sitzung des Offenmarktausschusses im Dezember waren für 2019 noch »weitere graduelle Erhöhungen« geplant.

Fed und Bilanzen als Stimmungsmacher
Am Markt wurde die Entscheidung als Ende des seit Dezember 2015 andauernden Zinszyklus interpretiert. Laut der Futures-Börse CME sank die Einschätzung der Marktteilnehmer bezüglich einer Erhöhung 2019 nach der Sitzung auf 7 Prozent, einen Tag vorher waren es noch 21 Prozent gewesen. Niedrige Zinsen sind gut für Aktien und so kletterte der S&P 500 seither um 3,4 Prozent nach oben. Unterstützung bekommt der Index von einer positiv verlaufenden Berichtssaison. Nach Angaben von FactSet haben bereits 79 Prozent der S&P 500-Mitglieder ihre Zahlen für das abgelaufene Quartal vorgelegt. Davon konnten 62 Prozent die durchschnittlichen Umsatzerwartungen übertreffen, beim Gewinn je Aktie lag die Quote sogar bei 70 Prozent. Insgesamt übertrafen die ausgewiesenen Profite die Analystenprognosen um 3,5 Prozent. Damit liegt die durchschnittliche Gewinnwachstumsrate aber unter dem 5-Jahres-Durchschnitt von 4,8 Prozent.

Die Gesamt-Gewinnwachstumsrate für den S&P 500 liegt momentan bei 13,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für den Fall, dass der Index die Berichtssaison auf diesem Niveau abschliesst, wird es das fünfte Quartal in Folge mit einem zweistelligen Gewinnwachstum sein. Die Top-Sektoren sind derzeit Energie (97,5 Prozent), Kommunikation (22,2 Prozent) und Industrie (18,3 Prozent).

Grafik 1: S&P 500 (ein Jahr)

»Loser« bleiben nahezu straffrei
Negative Überraschungen blieben aber dennoch nicht aus. Beispielsweise konnte Caterpillar seinen Umsatz und Gewinn im Schlussquartal 2018 zwar deutlich steigern, blieb aber hinter den Markterwartungen zurück. Darüber hinaus enttäuschte der Baumaschinenhersteller, der gerne als Gradmesser für die Konjunktur gesehen wird, auch mit seinem Ausblick. Nach einem kurzen Rücksetzer drehte der Titel aber schnell wieder nach oben und steht derzeit deutlich höher als vor der Zahlenvorlage.

So erging es dem Gros der »Loser«. Nach Berechnungen von FactSet haben die Aktien von jenen Unternehmen, die im Schlussviertel eine negative Gewinnüberraschung gemeldet hatten, einen Kursrückgang von durchschnittlich 0,4 Prozent innerhalb einer Zeitspanne von 2 Tagen vor und 2 Tagen nach der Nachricht verzeichnet. Damit fiel die »Strafe« deutlich sanfter aus als in der jüngsten Geschichte. In den vergangenen fünf Jahren betrugen die Abschläge innerhalb des beschriebenen »4-Tage-Fensters« im Mittel 2,6 Prozent.

Grafik 2: S&P 500 versus Nasdaq 100 – Kurs-Gewinn-Verhältnis (forward 12-month)

Kurze Wachstumspause
Auch wenn die US-Konzerne das durch die Steuerreform begünstigte Wachstumstempo 2019 und 2020 nicht aufrechterhalten werden können, zeigt die Gewinnkurve weiter gen Norden – wenn auch deutlich flacher. So geht der Konsens für dieses Jahr von einem Ergebnisplus beim S&P 500 von 4,8 Prozent aus. Zu beachten gilt allerdings die durch die Steuerreform hohe Vergleichsbasis aus dem Vorjahr. Im derzeit laufenden ersten Quartal wird sogar mit einem Gewinnrückgang um 2,2 Prozent gerechnet. Der stärkste Sektor soll Gesundheit mit einem Plus von 6,2 Prozent sein, die rote Laterne wird dagegen der »Wachstumsstar« aus 2018 Energie tragen. Für 2020 sind die Analysten für den Gesamtmarkt dann wieder zuversichtlicher und erwarten eine Rückkehr der Gewinnsteigerungsrate in den prozentual zweistelligen Bereich.

Die Bewertungskennziffern haben sich zuletzt etwas verbessert. So liegt das aktuelle KGV beim S&P 500 von 17 im August 2018 auf 15,9 vergünstigt und liegt damit »nur« noch 8,1 Prozent über dem 10-Jahres-Durchschnitt. Noch deutlicher fiel der Rückgang im Technologieindex Nasdaq 100 aus. Dieser verbilligte sich von 21,4 auf 19,3, was einer Reduktion von mehr als einem Zehntel entspricht. Die Dividendenrendite rutschte mit einem aktuellen Wert von 2,16 Prozent sogar unter den langjährigen Mittelwert.

Grafik 3: S&P 500 – Dividendenrendite (forward 12-month)

Der Optimismus überwiegt
Von den insgesamt mehr als 11.000 Studien für Aktien aus dem S&P 500 münden 54 Prozent in einer Kaufempfehlung, lediglich 5,8 Prozent enden mit einem Verkaufs-Rating. Die beste Figur macht, wie auch schon beim Gewinnwachstum, der Energiesektor. Etwas mehr als zwei Drittel der Analysen enden auf »Buy«. Das momentane Kursziel für den S&P 500 auf Sicht der kommenden zwölf Monate beläuft sich auf 3.058,74 Punkte – ein Plus von exakt 10 Prozent.

Grafik 4: Erwartetes Gewinnwachstum Sektoren S&P 500 Q1/2019