cash – Interview mit Daniel Hügli

Bei cash finden die Leser die relevanten Informationen

ideas: Daniel Hügli, cash wird im September 30 Jahre alt. Weshalb wurde die Wochenzeitung 1989 überhaupt lanciert?
Daniel Hügli: Der Verlag Ringier wollte das Thema Wirtschaft breiteren Bevölkerungsschichten näherbringen. Als kritische Sympathisanten der Wirtschaft brachten die Redaktoren frische, freche und aufmüpfige Storys. cash war mit diesem Ansatz nicht nur seiner Zeit voraus. Die Zeitung hatte auch grossen Erfolg. Mit fast 300.000 Lesern war sie schliesslich unangefochtener Marktführer in der Schweiz.

Mit welchen Stories hat sich cash einen Namen gemacht?
Da war etwa 1990 der Primeur, dass Jacobs Suchard, Herstellerin der Toblerone, in die USA verkauft wird. Die Meldung ging damals um die Welt. Für Gesprächsstoff sorgten auch die Berichterstattung über den Finanzier Dieter Behring und die cash-Kritik an den überrissenen Vergütungen von diversen Topmanagern und Verwaltungsräten.

Was waren weitere Meilensteine der Marke cash?
1993 wurde das Fernsehmagazin »cash TV« lanciert. Und Ende der Neunzigerjahre beteiligte sich Ringier an der Finanz-Website borsalino.ch und integrierte diese später in cash.ch. Damit war die Grundlage für die heutige Website gelegt.

Nach 18 Jahren und über 900 Ausgaben wurde die Wochenzeitung cash 2007 eingestellt. Warum?
Ich darf hier Ringier-Verleger Michael Ringier zitieren. Die Wochenzeitung cash starb nicht am mangelnden Interesse der Leser. Nachdem es vier Sonntagszeitungen gab, hatte cash die kleinste Reichweite, weil sich cash auf die Wirtschaft spezialisiert hatte. Das Anzeigenaufkommen genügte nicht mehr, um das zu finanzieren.

Die Finanzkrise und sinkende Werbeeinnahmen waren 2009 auch der Grund für das Ende der Gratistageszeitung »cash daily«. Seither sind Sie cash-Chefredaktor und verantwortlich für die eingeschlagene reine Digitalstrategie. Wie haben sich die Zugriffszahlen entwickelt?
Die Zahlen sind vor allem in den vergangenen zwei Jahren deutlich gestiegen. Im vorigen Jahr verzeichneten wir laut NetMetrix fast durchgehend über 400.000 Unique Clients pro Monat. Das ist die Anzahl unterschiedlicher Endgeräte, die auf eine Website zugreifen.

Und in diesem Jahr?
Seit Mitte 2019 bewegen wir uns sogar über der Marke von 500.000 Unique Clients. Nur einmal zuvor hatten wir kurzzeitig höhere Zugriffszahlen: Anfang 2015, als die Nationalbank die Kursuntergrenze aufhob. Wir verzeichnen heute auch gegen 14 Millionen Pageimpressions pro Monat. Das macht uns zum meistbesuchten Finanzportal der Schweiz.

Worauf sind diese gestiegenen Zahlen zurückzuführen?
Wir haben eine sehr treue Leserschaft, und cash kommt immer äusserst schnell mit den Storys. Das wird geschätzt. Dazu kommt: Die Welt ist in den vergangenen zwei Jahren unberechenbarer und unruhiger geworden. Man kann das durchaus auf den Einfluss von US-Präsident Donald Trump zurückführen. Diese Verunsicherung schlägt sich auf die Finanzmärkte nieder, und vor allem Anleger suchen in einer solchen Situation Aktualität, Analyse, Einordnung und Meinung. Kurz: Die Leser suchen unabhängige und relevante Informationen. Bei cash finden sie das.

Hat cash ein Erfolgsrezept?
Es mag banal sein: cash schreibt, wie vor 30 Jahren, in erster Linie über das, was die Leser interessant finden. Und nicht primär über das, was wir von der cash-Redaktion als wichtig erachten. Wir nehmen die Leser ernst.

Gibt es da ein Beispiel?
Wir haben festgestellt, dass das Leserinteresse für Themen wie Vorsorge und Immobilien über die vergangenen Jahre massiv zugenommen hat. Das hängt mit dem konstant tiefen Zinsumfeld zusammen, das den Leuten grosse Sorgen bereitet. Also haben wir uns vermehrt diesen Themen gewidmet und andere Sachverhalte weggelassen. Zuvor, in der Eurokrise ab 2010, liefen übrigens die Themen Griechenland, Gold oder Schweizer Franken heiss. Also haben wir damals die Berichterstattung über diese Bereiche ausgebaut. Der Franken ist sowieso ein Dauerbrenner bei uns. In diesem Zusammenhang erwähne ich auch die Kryptowährungen und Blockchain. Auch da bleiben wir dran.

Und die Börse?
Sie bildet den Kern unserer Berichterstattung. Unser Portal ist und bleibt die erste Anlaufstelle für Börseninteressierte. Seit sieben Jahren kann man überdies direkt aus cash.ch Aktien, Fonds und Exchange Traded Funds handeln. Die Zusammenarbeit mit der bank zweiplus ermöglicht dies.

Wie setzt sich die Leserschaft von cash zusammen?
Es ist ein eher reiferes, gebildetes, zur Mehrheit männliches und natürlich geldaffines Publikum, das überdurchschnittlich finanzstark ist und zur grossen Mehrheit aus der Schweiz stammt. Und es ist nicht so, dass wir zum Beispiel nur Privatanleger als Leser haben. Ein ansehnlicher Teil findet sich im institutionellen Bereich.

Gab es prägende Erlebnisse in den zehn Jahren als Chefredaktor?
Das Stichwort ist vorher schon gefallen. Der 15. Januar 2015, als die Nationalbank Knall auf Fall den Mindestkurs zum Euro aufhob. Wohl alle, die in der Finanzbranche beschäftigt sind, wissen noch genau, was sie an diesem Tag gemacht haben. Ich selber befand mich in einem Gespräch mit einem Job-Bewerber und nahm das Smartphone nicht mit, um ungestört bleiben zu können. Als ich kurz nach dem SNB-Entscheid in den Newsroom zurückkam, war bereits die Hölle los. Unsere Server brachen zusammen. Sie waren den massenhaften Zugriffen auf das Portal nicht gewachsen.

Was darf man in Zukunft von cash erwarten?
Ein Onlineportal befindet sich in konstantem Wandel. Insofern geschehen fortlaufend neue Dinge, die den Portalbesuchern gar nicht gross auffallen. Das macht unsere Arbeit auch extrem spannend. cash ist seit Anfang des Jahres bei Ringier Axel Springer Schweiz Teil des grössten Wirtschaftsmediennetzes der Schweiz, zusammen mit handelszeitung.ch und bilanz.ch. Da entsteht ein gewaltiges Pooling von Wissen, das ganz neue Möglichkeiten und Angebote für uns und die Leser geben wird. Und wir werden bei cash die Börsenberichterstattung weiter intensivieren.

Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Marc Pribram.