Titelthema

Der globale Handel in Aufruhr – Zerreissprobe im zweiten Halbjahr

Der globale Handel verlangsamt sich und die Rezessionsgefahren nehmen zu. Zahlreiche Ereignisse im Rest des Jahres könnten dafür sorgen, dass sich die dunklen Wolken nicht so schnell wieder verziehen. Vor allem in Zeiten volatiler Börsen und in Phasen, in denen die Wirtschaft ihren Höhepunkt möglicherweise bereits überschritten hat, steigt das Bedürfnis der Investoren nach Sicherheit. Vielleicht ein guter Zeitpunkt, sich auf die Suche nach defensiven Unternehmen zu machen.

Die Welt ist in Aufruhr: Populismus und Protektionismus bestimmen derzeit die Politik rund um den Globus. Die Grossmächte USA und China befinden sich im Handelsstreit, Grossbritanniens Premier Boris Johnson droht der EU mit einem »No Deal«-Brexit und Italiens Vize-Regierungschef Matteo Salvini von der rechts stehenden Lega strebt die alleinige Macht an. »Panik und Chaos« zeigen sich darüber hinaus auch in den Emerging Markets. Während in Hongkong die Proteste gegen die umstrittene Regierungschefin Carrie Lam zuletzt immer gewaltsamer wurden, kam es in Argentinien nach einem Stimmungstest für die anstehenden Präsidentschaftswahlen zu einem Kurseinbruch um nahezu 50 Prozent, das zweitgrösste Minus eines Aktienmarkts weltweit seit 1950.

Aber auch in hiesigen Breitengraden bleiben die Börsen nicht von dem zunehmenden Krisen-Cocktail verschont. Der EURO STOXX 50, der SMI sowie auch der britische FTSE 100 sackten Anfang August kräftig ab. In erster Linie macht den Marktteilnehmern zu schaffen, dass der freie Welthandel immer mehr in Bedrängnis gerät. Dies wiederum schadet der Konjunktur, die zuletzt ohnehin bereits ins Stocken geraten ist. Laut dem Ifo-Institut hat sich das Klima in der Weltwirtschaft im dritten Quartal wegen der Handelskonflikte spürbar eingetrübt. Das entsprechende Barometer fiel um 7,7 auf minus 10,1 Punkte. Derart negativ beurteilten die Experten die Lage seit Anfang 2017 nicht mehr. Die Umfrage unter fast 1.200 Experten aus 116 Ländern ergab zudem, dass sich auch der private Konsum sowie die Investitionstätigkeit abschwächen dürften.

Kapitalumschichtungen
Im Zuge der immer stärker werdenden Angst vor einer Abkühlung der Weltwirtschaft zeigt sich eine Flucht in vermeintlich sichere Häfen. Anfang August tauchte die 30-jährige deutsche Bundesanleihe erstmals unter die Marke von 0 Prozent, in der Schweiz ergibt sich selbst bei einer Laufzeit von 50 Jahren eine negative Verzinsung. Aber auch der Schweizer Franken und Gold werden von den Anlegern wieder stärker angesteuert. Während das Währungspaar Euro/Schweizer Franken im laufenden Jahr um mehr als 3 Prozent aufwertete, kostet das Edelmetall so viel wie seit sechs Jahren nicht mehr. Und dass die Konjunktursorgen nicht unbegründet sind, zeigte sich jüngst am Bondmarkt. Am 14. August fiel die Rendite der zweijährigen US-Bonds auf 1,636 Prozent und lag damit erstmals seit 2007 wieder über der Rendite der 10-jährigen, die zu diesem Zeitpunkt bei 1,620 Prozent rentierten. Diese sogenannte »inverse Zinskurve« gilt als Signal für eine drohende Rezession.

Voller Terminkalender
Wer nach den Sommergewittern nun auf einen ruhigen Herbst hofft, könnte enttäuscht werden. Eine Vielzahl an Entscheidungen steht Börsianern in den kommenden Wochen ins Haus. An vorderster Stelle ist der Zollstreit zwischen den USA und China zu erwähnen, der weiter wie ein Damoklesschwert über den Märkten hängt. Aber auch ein möglicher ungeordneter EU-Ausstieg Grossbritanniens am 31. Oktober lässt Marktteilnehmer zittern. Hinzu kommt, dass es in Italien zu einem Urnengang im Oktober kommen könnte. In der grössten Volkswirtschaft der Eurozone, Deutschland, drohen wiederum drei Landtagswahlen zwischen dem 1. September und 27. Oktober die amtierende Koalition ins Wanken zu bringen.

Wiederholte Börsenbeben im weiteren Jahresverlauf sind also nicht auszuschliessen. Da es auf dem Geldmarkt aber kaum Möglichkeiten für eine vernünftige Verzinsung gibt, erscheint der Aktienmarkt weiterhin alternativlos. Allerdings könnte es nicht schaden, sich in der zweiten Jahreshälfte eher auf die defensiven Werte zu konzentrieren. Also jene Unternehmen, die über widerstandsfähige Geschäftsmodelle verfügen, die auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten stabile Erträge abwerfen.

Erfolg hat Tradition
Weit oben auf der Liste der Firmen, die eine hohe Sicherheit versprechen, stehen Nahrungsmittelhersteller. Paradebeispiele sind die Traditionskonzerne McDonald’s und Coca-Cola. Während die Schnellrestaurantkette seit 1978 ununterbrochen jedes Jahr die Dividende erhöhte, schüttet der Getränkeriese sogar seit 56 Jahren kontinuierlich mehr aus. Auch wenn die Geschäftsmodelle der beiden US-Konzerne möglicherweise auf den ersten Blick etwas altbacken erscheinen, sind sie dies keinesfalls. So arbeitet McDonald’s derzeit am »Restaurant der Zukunft«, in dem die individuellen Bedürfnisse stärker befriedigt werden. Zudem reitet das Unternehmen auf der Gesundheitswelle und bietet immer mehr fleischlose Gerichte an.

An der Börse konnte sich der Dow-Jones-Titel zuletzt deutlich besser schlagen als der Gesamtmarkt. Das gilt auch für die Krisen der vergangenen Jahre. Sei es die Finanzkrise 2008/2009, die Rückkehr der Schuldenkrise 2011 oder auch die zunehmenden Spannungen im vergangenen sowie in diesem Jahr, die Aktie konnte sich stets behaupten.

Grafik 1: McDonald’s versus S&P 500

Heimische Grössen
In Sachen Nahrungsmittel hat die Schweiz mit Nestlé ein Schwergewicht zu bieten. Der Branchenprimus notiert derzeit ebenfalls auf einem Allzeithoch. Die gute Performance geht mit einer starken operativen Leistung einher. So trägt der von CEO Mark Schneider angestossene Konzernumbau zunehmend Früchte. Im zweiten Quartal 2019 erzielte Nestlé die höchste Umsatzwachstumsrate seit drei Jahren. Das bereinigte operative Erlösplus lag bei 3,9 Prozent. Geholfen hat dem Konzern aus Vevey am Genfersee unter anderem die Zusammenarbeit mit Starbucks im Kaffee-Geschäft. Im August begann Nestlé nun damit, Starbucks-Produkte auch in China zu verkaufen. Doch nicht nur eine internationale Expansion ist angesagt, auch setzt Schneider auf Lebensmittel mit weniger Zucker, Fett und Salz. Zudem werden gesunde Snacks immer stärker beworben. All das soll dazu beitragen, dass der weltgrösste Nahrungsmittelhersteller bis 2020 wieder zu alten Wachstumsraten von rund 5 Prozent zurückfindet.

Grafik 2: BIP-Wachstumsraten

Ebenfalls ein Fels in der Brandung ist hierzulande Roche. Der weltgrösste Krebsmittelproduzent hat 2018 das 32. Jahr in ununterbrochener Folge die Dividende angehoben und plant auch für 2019 mit einer weiteren Steigerung. Aber nicht nur als Dividenden-Aristokrat hat sich Roche einen Namen gemacht, der Pharmariese wächst auch stark. Nach einem starken ersten Halbjahr, in dem der Umsatz um 9 Prozent und der Gewinn gar um 13 Prozent vorankam, erhöhten die Basler ihre Jahresziele. Eine gut gefüllte Medikamentenpipeline sowie der derzeitige Übernahmeversuch des Gentechnikspezialisten Spark sollten das Wachstum auch über das laufende Jahr hinaus absichern.

Grafik 3: Entwicklung Roche-Dividende je Genussschein

Gesundheit hat immer Konjunktur
Als krisensichere Titel aus der Gesundheitsindustrie zählen auch Sanofi sowie die deutsche Fresenius. Ebenso wie Roche hat der französische Arzneimittelhersteller nach einem starken Zwischenbericht, der von zweistelligem Wachstum in den Bereichen Impfstoffe und seltene Krankheiten geprägt war, seine Prognose angehoben. Als Hoffnungsträger gilt das Medikament Dupixent, das zur Behandlung einer Reihe von Krankheiten wie Neurodermitis, Asthma oder auch chronischer Rhinosinusitis eingesetzt wird. Das Mittel ist bereits in 28 Ländern zu haben, zu 18 weiteren Markteinführungen soll es noch in diesem Jahr kommen. Anstatt 3 bis 5 Prozent soll das Ergebnis je Aktie nun 2019 um 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegen.

Zuversichtlicher nach vorne blickt ebenso Fresenius. Der breit aufgestellte Gesundheitskonzern konnte im abgelaufenen Vierteljahr den Umsatz überraschend stark um 6 Prozent steigern. Besonders positiv war, dass die zuletzt schwächelnde Klinik-Tochter Helios mit einem organischen Erlösplus von 5 Prozent ein achtbares Quartal in Deutschland verzeichnete. Neu rechnet das Unternehmen nun mit einem Anstieg der Erlöse von 4 bis 7 Prozent anstatt 3 bis 6 Prozent. Fresenius zählt ebenfalls zu den Dividenden-Aristokraten. Seit 26 Jahren wurde die Gewinnbeteiligung stetig erhöht. Allein zwischen 2010 und 2018 errechnet sich eine durchschnittliche Steigerung von 14,2 Prozent p.a.

Grafik 4: Nestlé versus SMI (zehn Jahre)

Voller Energie
Energieversorger versprechen in Zeiten geopolitischer Unsicherheiten sowie volatiler Märkte ebenfalls etwas mehr Sicherheit. Blendend läuft es inmitten eines Konzernumbaus bei RWE, angetrieben von einem florierenden Geschäft im Bereich Energiehandel. Der Sektor erwirtschaftete im ersten Halbjahr ein operatives Ergebnis von mehr als 400 Millionen Euro. Daraufhin hob RWE seine Jahresziele an. Vor allem der Trend zu regenerativen Energien kommt dem deutschen Versorger entgegen. Experten zufolge wird RWE in den kommenden Jahren bis zu 80 Prozent des operativen Gewinns mit Ökostrom erzielen. Das kommt bei Anlegern gut an, die DAX-Aktie ist soeben auf ein neues Mehrjahreshoch ausgebrochen.

Grafik 5: thyssenkrupp versus DAX

Vorsicht ist geboten
Nehmen die Rezessionsängste zu, ist vor allem bei jenen Unternehmen Vorsicht angesagt, die sensitiv auf konjunkturelle Veränderungen reagieren. Zu den sogenannten Zyklikern zählt beispielsweise ABB, die mit einem Minus von 3 Prozent seit Jahresbeginn auch zu den Top-Verlierern im SMI zählt. Dass der Elektronikkonzern schweren Zeiten entgegenschreitet, lässt sich im Auftragsbuch ablesen. Aufgrund eines Ordereinbruchs in der Roboter-Sparte kam das Auftragswachstum konzernweit nahezu zum Erliegen. Auch der Stahlkonzern thyssenkrupp gilt als besonders konjunkturanfällig. Das lässt sich auch in der Bilanz ablesen: Einem Ergebniseinbruch im ersten Halbjahr folgte eine Gewinnwarnung. Die schwache Entwicklung zeigt sich ebenfalls im Kurs: Mit einem Verlust von 30 Prozent seit Silvester trägt der Titel die rote Laterne im DAX.

Grafik 6: Kursziele 2019 für ausgewählte Indizes

Clever investieren
Abgesehen von diesen beiden Negativbeispielen lässt sich mit den besprochenen Titeln mittels Direktinvestments im zweiten Halbjahr die defensive Karte spielen. Wer etwas mehr »Kick« möchte, der kann auch über Hebelpapiere nachdenken. Im Gros der Fälle lässt sich nicht nur eine Seite spielen, sondern es sind sowohl Long- als auch Short-Produkte im Angebot. Dies ist vor allem bei jenen Unternehmen wichtig, die als Zykliker stark vom wirtschaftlichen Verlauf abhängen. In der nebenstehenden Tabelle haben wir exemplarisch für die umfangreiche Auswahl einige Produkte herausgegriffen. Mehr finden Sie unter www.zertifikate.commerzbank.ch.

Grafik 7: Nestlé – operative Marge

Anlageidee: Ausgewählte Hebelprodukte auf Aktien

Faktor-Zertifikate

Index

Strategie

Hebel

Valor

Strategie

Hebel

Valor

Handelsplatz

ABB

Long

4

33857569

Short

–4

33857588

Swiss DOTS

Coca-Cola

Short

–4

35968387

Short

–6

35968344

Swiss DOTS

Fresenius

Long

4

34417187

Short

–4

34417258

Swiss DOTS

Roche

Long

5

33100443

Short

–5

33100461

SIX Exchange

RWE

Long

4

34417197

Long

6

34417141

Swiss DOTS

Sanofi

Long

4

34417209

Short

–4

34417278

Swiss DOTS

Unlimited Turbo-Zertifikate

Valor

Basiswert

Typ

Hebel

Stoppschwelle

Handelsplatz

48431748

ABB

Bull

5,80

16,11 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

48796834

ABB

Bear

8,90

19,79 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

48504768

Nestlé

Bull

3,70

83,27 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

48504780

Nestlé

Bear

5,40

129,03 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

48504857

Roche

Bull

8,24

296,78 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

48504858

Roche

Bear

6,20

306,75 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

48634352

Sanofi

Bull

3,60

63,57 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

48634357

Sanofi

Bear

4,37

94,43 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

49424174

thyssenkrupp

Bull

3,80

8,83 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

49170166

thyssenkrupp

Bear

4,20

12,05 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

Warrants

Valor

Basiswert

Typ

Strike

Laufzeit

Handelsplatz

49376899

Fresenius

Call

38,00 EUR

20.03.2020

Swiss DOTS, BX Swiss

48345466

Fresenius

Put

48,00 EUR

20.03.2020

Swiss DOTS, BX Swiss

48265856

Nestlé

Call

105,00 CHF

20.03.2020

Swiss DOTS, BX Swiss

48265866

Nestlé

Put

110,00 CHF

19.06.2020

Swiss DOTS, BX Swiss

48844544

Roche

Call

250,00 CHF

19.06.2020

Swiss DOTS, BX Swiss

48546399

Roche

Put

295,00 CHF

19.06.2020

Swiss DOTS, BX Swiss

48762234

McDonald’s

Call

200,00 USD

20.03.2020

Swiss DOTS, BX Swiss

48345899

McDonald’s

Put

190,00 USD

19.06.2010

Swiss DOTS, BX Swiss

49376907

thyssenkrupp

Call

9,00 EUR

20.12.2019

Swiss DOTS, BX Swiss

49257392

thyssenkrupp

Put

9,00 EUR

20.03.2020

Swiss DOTS, BX Swiss

Stand: 3. September 2019; Quelle: Commerzbank AG

Die Darstellung der genannten Produkte erfolgt lediglich in Kurzform. Die massgeblichen Produktinformationen stehen im Internet unter www.zertifikate.commerzbank.ch zur Verfügung.