Zeitgeist

Auf die Piste, fertig, los!

Nach dem abrupten Ende der Vorsaison gehen Bergbahnen, Hotels, Gastronomie und Ausrüster in einen mit vielen Unwägbarkeiten verbundenen Winter. Trotz Hygienevorschriften und fehlenden Après-Ski-Partys: Der Sektor könnte vom verstärkten Drang vieler Menschen in die Natur und der Innovationskraft der Ausrüster profitieren.

Am letzten Septemberwochenende hat der Herbst in der Schweiz Einzug gehalten. Eine Kaltfront machte den zuvor verwöhnten Sonnenanbetern das Leben schwer. Dagegen dürfte es den Skifahrern in den Beinen gekribbelt haben. In den Schweizer Alpen sackte die Schneefallgrenze in Richtung 1.000 Meter ab. Vor allem den heimischen Gletschergebieten verpasste das Tief Wicca eine üppige weisse Decke. Egal, ob Seilbahnen, Hotels, Bergrestaurants, Skischulen oder Ausrüster: Vor einer mit vielen Unwägbarkeiten verbundenen Saison 2020/2021 konnte sich der Wintertourismus zumindest auf Frau Holle verlassen.

Leer gefegte Traumhänge
Noch immer dürften den Protagonisten des Sektors die Geschehnisse von Mitte März in den Knochen stecken. Damals sorgte der Corona-Lockdown für ein abruptes Ende der Skisaison. Zwar hatten die Gebiete in tieferen Lagen bereits geschlossen, doch auf den Pisten oberhalb von 1.500 Metern herrschten noch beste Bedingungen. »Der Winter 2019/2020 hätte das Potenzial für eine Saison mit dem Prädikat ›hervorragend‹ gehabt«, blickt Seilbahnen Schweiz zurück. Noch per Ende Februar lag die Gästezahl mehr als ein Zehntel über dem 5-Jahres-Durchschnitt. Nachdem das Frühlings- und Ostergeschäft komplett ausgefallen war, meldete der Verband für die gesamte Saison bei den Ersteintritten ein Minus von 13,1 Prozent.

Damit die Skifahrer ihre Schwünge über den gesamten nächsten Winter in den Schnee ziehen können, gelten strenge Hygienevorschriften. Bei einem generellen Abstandsgebot dürfen die Gondeln nur mit Schutzmasken betreten werden. In den Hütten könnten Desinfektionsmittel und alkoholfreie Getränke das Geschehen bestimmen – wilde Après-Ski-Partys mit unzähligen Schümli Pflümli wird es in den kommenden Monaten kaum geben.

Für Aufsehen sorgte im August ein Bündner Gebiet. »Aufgrund der unsicheren Covid-Situation haben sich der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung der Heuberge AG dazu entschieden, die Anlagen und die Berghäuser im Prättigau während der Wintersaison 2020/2021 nicht zu betreiben«, teilte das Unternehmen mit. Das relativ kleine, unter anderem auf Schulskilager angewiesene Ressort sieht sich nicht in der Lage, unter den momentanen Umständen wirtschaftlich zu arbeiten.

In den Spuren der Topathleten
Derweil setzen die Seilbahnriesen darauf, dass die Menschen trotz allem auf die Piste möchten. Schliesslich zählt das Skifahren traditionell zu den beliebtesten Sportarten der Schweiz. In der vom Bundesamt für Sport BASPO vorgelegten Erhebung »Sport Schweiz 2020« gruppierten sich knapp 35 Prozent der Teilnehmenden zu den auf zwei Brettern Aktiven. Am Material soll es auch im Coronawinter nicht scheitern. Stöckli setzt insbesondere auf den »Laser«. Der traditionsreiche Hersteller stattet Topathleten wie den Super-G- und Riesenslalom-Spezialisten Marco Odermatt oder den Skicrosser Alex Fiva mit seinem Klassiker aus. Mit den zahlreichen Varianten des Modells können Hobbyskifahrer ihren Idolen nacheifern. Ende September hat Stöckli den Laser WRT ST angekündigt. Geeignet sowohl für kurze als auch lange Schwünge, verspricht das neue Modell dem Unternehmen zufolge »hohes Tempo, präzise Kurven und unglaubliche Power«.

Auch abseits der Piste ist Stöckli mit verschiedenen Produkten unterwegs. Angesichts der seit Monaten zu beobachtenden Outdoor- und Fitnessbewegung dürften Tourengehen und Freerdiding weiter an Beliebtheit gewinnen. Gleiches gilt für das Schneeschuhlaufen. Schon vor der Pandemie haben immer mehr Sportler die Kombination aus freier Bewegung und Naturzauber für sich entdeckt. Geführte Touren zählen mittlerweile fest zum Programm vieler Urlaubsorte.

Eine immer wichtigere Rolle spielt im Wintertourismus auch das Thema Nachhaltigkeit. Stöckli greift den Trend beispielsweise mit dem ersten Strickpullover auf, der das Label »Swiss Made« trägt. Der  zu 100 Prozent aus Merinowolle bestehende Pulli wurde CO2-neutral produziert. Alpina Sports holt den althergebrachten Werkstoff ebenfalls zurück in eine von synthetischen Materialien geprägte Industrie. Das bayerische Unternehmen hat einen auf Schafwolle basierenden Protektor auf den Markt gebracht. Bei der »Prolan Vest« verspricht Alpina eine stärkere Dämpfung als beim herkömmlichen Rückenschutz. Gleichzeitig schirmt der innovative Protektor laut Beschreibung Kälte ab und vermeidet unangenehme Gerüche – die vermiedene Plastikverschmutzung der Meere kommt noch obendrauf.