Analysen

CoronaKrise: Zwischen Sonderkonjunktur und Tristesse

Der durch Covid-19 verursachte Lockdown trifft die Wirtschaft hart. Allerdings sind die Folgen nicht für alle Unternehmen gleich. Einige Sektoren kommen relativ gut mit den Einschränkungen zurecht oder profitieren in gewisser Weise sogar davon. In anderen Branchen sind die Aussichten dagegen trüb. Passend dazu lässt sich an der Börse gerade eine Art Zweiklassen-Gesellschaft beobachten.

Geister sind keine Erfindung der Neuzeit. Vielmehr zählen diese übernatürlichen Wesen zu den fixen Bestandteilen der Menschheitsgeschichte. Neu ist dagegen, dass es auf den Generalversammlungen vieler Unternehmen »spukt«. Wegen der Corona-Pandemie tragen die Gesellschaften ihre jährlichen Aktionärstreffen ohne Publikum aus. Vor allem bei den Grosskonzernen füllen in normalen Zeiten hunderte Investoren, Medienvertreter, Mitarbeiter und Führungskräfte die Veranstaltungssäle. In diesem Jahr kommt es dagegen erstmals zu »Geister-Generalversammlungen«. Anstatt persönlich teilzunehmen, können die Aktionäre ihre Stimmrechte unabhängigen Vertretern überlassen.

Abrupter Stimmungsumschwung
Auch wenn sich das Format gleicht, der »Gruselfaktor« ist bei den börsennotierten Gesellschaften unterschiedlich stark ausgeprägt. Corona trifft nicht alle Unternehmen im selben Ausmass. Dementsprechend driftete die Performance an der Börse in den vergangenen Wochen deutlich auseinander. Wir haben die Kursentwicklung ausgehend vom 21. Februar unter die Lupe genommen. Rund um diesen Freitag verdichteten sich die Meldungen über die verstärkte Ausbreitung des Coronavirus über China hinaus. Nachdem der STOXX Europe 600 noch kurz zuvor ein Allzeithoch erreicht hatte, setzte nun ein herber Ausverkauf ein (siehe Grafik 1).

Grafik 1: STOXX Europe 600-Index (fünf Jahre)

Obwohl die Kurse Mitte März nach oben drehten, notiert die europäische Benchmark mehr als ein Fünftel unter dem Niveau des 21. Februar. Deutlich besser schnitten Branchen ab, deren Mitglieder mitunter von dem durch Corona stark veränderten Alltag profitieren respektive die aktiv an der Bekämpfung des Virus mitwirken. Sektoren, bei denen die Folgen besonders stark negativ durchschlagen oder für die das Virus eine echte Bedrohung darstellt, sind dagegen die Underperformer (siehe Grafik 2).

Grafik 2: Kursentwicklung Europäische Sektoren (seit dem 21. Februar 2020)

Voller Einsatz gegen das Virus
Als besonders robust entpuppen sich Aktien aus dem Gesundheitssektor. Mit Novartis und Roche kommen die Schwergewichte des STOXX Europe 600 Healthcare-Index aus der Schweiz. Das Basler Duo ist an verschiedenen Stellen in die medizinische Bewältigung der Corona-Pandemie involviert. Roche machte bereits im März Schnelltests zum Nachweis von SARS-CoV-2 möglich. Im Mai möchte der Konzern mit einem Bluttest zur Diagnose von Covid-19 nachlegen. Zudem suchen beide Branchenvertreter nach Wirkstoffen zur Behandlung der durch das Virus ausgelösten Lungenkrankheit. Beispielsweise erhielt Novartis von der US-Gesundheitsbehörde FDA die Genehmigung für eine klinische Studie mit dem Medikament Hydroxychloroquine.

Kurz bevor die Ausgangsbeschränkungen in Kraft traten, konnte Novartis am 28. Februar knapp 1.200 Aktionäre zur Generalversammlung begrüssen. Bei Roche fand der Anlass knapp drei Wochen später bereits im »Geister«-Format statt. Ungeachtet dessen haben beide Konzerne ihre Dividenden wie geplant ausbezahlt. Zusammen schütteten Novartis und Roche für 2019 annähernd 15 Milliarden Schweizer Franken aus.

Weitere 7,8 Milliarden Schweizer Franken steuerte Nestlé Ende April zur diesjährigen Dividendensaison bei. Schon vor dieser Mega-Überweisung entpuppte sich der weltgrösste Lebensmittelkonzern als ein Fels in der Brandung. Nachdem der Corona-Ausverkauf den Large Cap zunächst nicht verschonte, drehte er nach oben. Mittlerweile notiert die Nestlé-Aktie knapp unter dem Niveau des 21. Februar. Einmal mehr punktet das am Genfersee beheimatete Unternehmen bei den Investoren als klassischer Substanzwert. Während der Krise rückt Nestlé zudem, wie andere Lebensmittelkonzerne, aufgrund der strategischen Bedeutung in den Fokus. Wegen des Lockdowns findet der Konsum von Nahrungsmitteln verstärkt zu Hause statt. Allerdings fehlen dem Sektor die Umsätze mit der Gastronomie.

Unterhaltung für daheim
Auswirkungen auf den Geschäftsverlauf hat das globale Motto »Stay-at-Home« auch in anderen Wirtschaftszweigen. Da Kinos und Theater geschlossen sind, holen sich viele Menschen die Unterhaltung ins Haus. Ein Nutzniesser dieser Bewegung könnte Netflix sein. Jedenfalls setzt die Wall Street massiv auf einen positiven Effekt beim weltgrössten Streaminganbieter. Inmitten der Coronakrise markierte die an der Technologiebörse Nasdaq kotierte Netflix-Aktie ein Allzeithoch (siehe Grafik 3). Passend dazu zeigt sich die Gewinnschätzung für den Branchenkrösus praktisch unbeeindruckt von den jüngsten Turbulenzen.

Grafik 3: Wertentwicklung Netflix (ein Jahr)

Den Gewinnmotor für die Wall Street als Ganzes hat das Coronavirus dagegen regelrecht abgewürgt. Der Konsens geht mittlerweile davon aus, dass die im S&P 500 enthaltenen Unternehmen 2020 zum ersten Mal seit 2015 einen schrumpfenden Profit einfahren. Momentan rechnen die Analysten für das laufende Jahr mit einem Profit von umgerechnet 153 Indexpunkten (siehe Grafik 4). Damit ist der Konsens innerhalb von vier Wochen um mehr als ein Zehntel gefallen. Vor allem im laufenden zweiten Quartal soll sich die Krise in den Büchern der Unternehmen negativ bemerkbar machen. Für den weiteren Jahresverlauf erwarten die Experten bereits eine Besserung.

Grafik 4: Gewinne S&P 500 (Ergebnis je Aktie)

Mittendrin im Homeoffice
Am 31. März ist die Geschäftsperiode 2020 von Logitech zu Ende gegangen. Wegen des Coronavirus schraubte der Spezialist für Computerzubehör seine Prognose wenige Wochen vor dem Bilanz-Stichtag etwas zurück. Das Management des amerikanisch-schweizerischen Konzerns begründete diesen Schritt mit Unsicherheiten in den Lieferketten. Auf der Nachfrageseite könnte Logitech während des Lockdowns eine Sonderkonjunktur erlebt haben. Seien es Bildschirme, Tastaturen, Headsets oder Webcams: Das Unternehmen liefert wichtige Hardware für die Ausstattung des Homeoffice. Gleichzeitig werden Konsumenten, die sich verstärkt dem Gaming und Streaming widmen, in der Palette von Logitech fündig. Vor diesem Hintergrund überrascht die Relative Stärke des Mid Cap nicht. Logitech konnte die in der ersten Märzhälfte eingefahrenen Kursverluste mehr als aufholen.

Zu den Aktien, die von der Auslagerung unzähliger Arbeitsplätze in das Homeoffice profitiert haben, zählt auch TeamViewer. Neben Software für die Fernwartung unterschiedlichster Systeme – das Spektrum reicht vom einfachen PC über Windkraftanlagen bis zu riesigen Serverräumen – zählen digitale Kommunikationssysteme zu den Kernkompetenzen des deutschen Unternehmens. Nachdem die Geschäfte bereits in den ersten beiden Monaten des Jahres gut gelaufen waren, stellte das Management im März ein beschleunigtes Wachstum fest. Die erst seit dem vergangenen September an der Frankfurter Börse kotierte TeamViewer-Aktie erreichte daraufhin neue Höchstkurse (siehe Grafik 5).

Grafik 5: Wertentwicklung TeamViewer (seit IPO)

»Grounding« mit ernsten Folgen
Dagegen trennen die Airbus-Aktie rund 60 Prozent von dem noch im Januar markierten Allzeithoch. Den Luft-, Raumfahrt- und Verteidigungskonzern trifft die Krise besonders hart. Schliesslich zwang die Corona-Pandemie die Airlines zum gross angelegten Parkieren ihrer Maschinen. Am Flughafen Zürich ist das Passagieraufkommen im März um 63 Prozent auf 890.134 Passagiere eingebrochen. Airbus reagierte mit einer Produktionskürzung auf die Flaute. Ausserdem strich das Unternehmen die Dividende für 2019. Dieser Schritt trug dazu bei, die Liquidität zu sichern. Per 23. März verfügte Airbus über ein stattliches Polster von 30 Milliarden Euro. Prinzipiell wäre die Produktion des Unternehmens über Jahre hinweg ausgelastet. Im Kerngeschäft belief sich der Auftragsbestand per Ende 2019 auf mehr als 424 Milliarden Euro. Doch die ersten Kunden haben bereits um eine Verschiebung der Auslieferungen gebeten.

Ein dickes Fragezeichen steht auch hinter den zukünftigen Absatzzahlen im Automobilsektor. »Offensichtlich bricht uns im Moment etwas weg, von dem kein Mensch weiss, ob es aufholbar ist«, kommentierte Wilfried Porth, Vorstandsmitglied von Daimler, die Lage Ende April. Zu dieser Zeit fuhr der Stuttgarter Autobauer die Produktion nach einer mehrwöchigen Pause allmählich wieder hoch. Bereits vor der Zuspitzung der Corona-Pandemie hatte Daimler ein Sparprogramm auf den Weg gebracht. Damit reagierte das Management auf die hohen Belastungen aus dem Abgasskandal sowie der Umstellung auf die E-Mobilität.

Auch die Aktionäre müssen verzichten: Für das vergangene Jahr möchte Daimler die Dividende um nahezu drei Viertel kürzen. Wann die Anteilseigner über den Gewinnverwendungsvorschlag abstimmen, ist offen. Daimler hat die eigentlich für den 1. April geplante Generalversammlung verschoben. Je nachdem, wie sich die Infektionswelle weiterentwickelt, soll sie Anfang Juli nachgeholt werden. Momentan sieht es ganz danach aus, als würde sich der Automobilkonzern in die Reihe der »gespenstischen« Aktionärstreffen einordnen.

Anlageidee: Hebelprodukte auf ausgewählte Aktien

Unlimited Turbo-Zertifikate

Valor

Basiswert

Typ

Stoppschwelle

Handelsplatz

53332974

Airbus

Call

42,42 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

53332981

Airbus

Put

84,72 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

52919082

Daimler

Call

20,98 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

53333220

Daimler

Put

34,68 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

53472730

Logitech

Call

31,12 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

48705156

Logitech

Put

55,98 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

53472736

Nestlé

Call

87,37 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

52829496

Nestlé

Put

124,09 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

50984393

Netflix

Call

288,19 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

48547167

Netflix

Put

537,96 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

53472740

Novartis

Call

66,38 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

48504825

Novartis

Put

105,26 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

53557205

TeamViewer

Call

24,10 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

Faktor-Zertifikate

Valor

Basiswert

Strategie

Faktor

Handelsplatz

49589461

Daimler

Long

4

Swiss DOTS, BX Swiss

49589529

Daimler

Short

–4

Swiss DOTS, BX Swiss

49588786

Logitech

Long

6

Swiss DOTS, BX Swiss

49588822

Logitech

Short

–6

Swiss DOTS, BX Swiss

49588788

Nestlé

Long

6

Swiss DOTS, BX Swiss

49588824

Nestlé

Short

–6

Swiss DOTS, BX Swiss

49645623

Netflix

Short

–4

Swiss DOTS, BX Swiss

49588722

Novartis

Long

4

Swiss DOTS, BX Swiss

49588757

Novartis

Short

–4

Swiss DOTS, BX Swiss

Stand: April 2020; Quelle: Société Générale

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