Zeitgeist

VR-Brillen: Eintauchen in neue Welten

Mutanten, die nur einen Meter entfernt stehen, oder Aliens, die von der Decke hängen und mit ihren klebrigen Fangarmen nach allem greifen, was sich bewegt – Szenen wie aus einem Horrorfilm und doch so real zu Hause im eigenen Wohnzimmer. Das am 23. März gelaunchte Videospiel »Half-Life: Alyx« bietet Gamern Unterhaltung mit Gänsehautgarantie, und das auf höchstem Niveau. Der mit grosser Spannung erwartete Ego-Shooter des US-Entwicklerstudios Valve ist ein hundertprozentiges Virtual-Reality(VR)-Spiel. Nur wer ein VR-Headset besitzt, kann gänzlich in die atemberaubende Science-Fiction-Welt eintauchen.

Jedem seine eigene Realität
Valve zählt zu den Pionieren im virtuellen Raum. Bereits 2012 betrieb das Unternehmen in diesem Bereich Grundlagenforschung und teilte seine Erfahrungen mit den Technologiespezialisten HTC und Oculus. Beide Unternehmen tüftelten in den Folgejahren mit Hochdruck an einer gebrauchsfähigen Lösung und brachten 2016 ihre ersten Versionen auf den Markt. Damit war der Startschuss für die Revolution im Konsum digitaler Inhalte gefallen. Mittlerweile sind die Nischenprodukte von damals längst im Massenmarkt angekommen. Mehr als 24 Millionen VR-Nutzer soll es laut Statista in diesem Jahr weltweit geben. Besonders gefragt ist seit der Ankündigung des VR-Blockbusters »Half-Life: Alyx« Valves eigene Brille. Valve Index wurde laut Marktforscher SuperData im vierten Quartal 2019 insgesamt 103.000 Mal verkauft.

Die »Immersion«, also das Eintauchen des Nutzers in künstliche Welten, steht bei Virtual Reality im Vordergrund. Durch 3D, einer 360-Grad-Rundumschau sowie Soundeffekten wird die Wahrnehmung der eigenen Person in der realen Welt vermindert und die Identifikation mit einer Person in der virtuellen Welt vergrössert. Von nun an kann also jeder ein Superheld sein. Generell wird bei VR-Brillen aber zwischen zwei Arten unterschieden: Eine Ausführung zielt auf Computer und Spielekonsolen ab, die andere auf das Smartphone.

Merkliche Unterschiede
Technisch als auch preislich macht das einen enormen Unterschied. Während letztgenannte Kategorie etwas für den kleinen Geldbeutel ist, müssen PC- oder Konsolenfans tief in die Tasche greifen. Eine Basisversion wie das Einsteigermodell »Oculus Rift S« ist um die 500 Schweizer Franken zu bekommen, High-End-Produkte kosten mehr als das Doppelte. So werden für das Profi-Modell »HTC Vive Pro« in etwa 1.200 Schweizer Franken fällig. Dagegen ist eine VR-Brille für das Smartphone wie die Samsung Gear VR Lite bereits für weniger als 100 Schweizer Franken zu haben. Ein absoluter Preisbrecher im Video-Gaming-Bereich ist die VR-Brille von Sony, die für rund 200 Schweizer Franken angeboten wird. Das Produkt wurde eigens für die PlayStation 4 entwickelt. An Abnehmern dürfte es trotzdem nicht mangeln: Weltweit besitzen mehr als 100 Millionen Spieler eine PS4.

Technisch unterscheiden sich die digitalen Augengläser enorm. Im Smartphone-Bereich wird das Handy in die VR-Brille eingelegt und aufgesetzt. Optische Linsen sorgen dafür, dass bei einem korrekten Augenabstand das Bild eine maximale Schärfe erreicht. Dagegen steckt in einem Virtual-Reality-Headset für Gamer deutlich mehr Technik. Das neueste Modell aus dem Hause HTC, die Vive Cosmos, ist mit sechs Kamerasensoren ausgestattet und kann so ihre Position im Raum bestmöglich bestimmen. Das Modell schafft zudem eine Pixelauflösung von 2.880x1.700. Zum Vergleich: Die erste Version der HTC Vive aus dem Jahr 2016 brachte es auf 1.080×1.200 Pixel.

Das Konkurrenzmodell, die Oculus Rift S, verfügt ebenfalls über ein optisches Tracking-System. Dieses basiert auf vier Weitwinkelkameras, die sich an den Ecken des Headsets befinden, um es räumlich zu orten. Dieses Prinzip wendet auch die 2019 eingeführte Oculus Quest an. Dabei handelt es sich um das erste All-in-One-Gamingsystem für Virtual Reality, ein Computer oder eine Spielkonsole wird damit nicht mehr benötigt. Eingebaute Sensoren übertragen die errechneten Bewegungen des Nutzers in die virtuelle Welt.

Markt mit Potenzial
Momentan kommt die VR-Technologie mehrheitlich noch in Spielen und Videos zum Einsatz. Allein für diese Bereiche werden voraussichtlich 20,8 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 ausgegeben. Experten zufolge dürften die Vorteile von VR aber auch immer mehr in der Geschäftswelt ankommen. Es wird erwartet, dass die industrielle Nutzung bis 2023 dreimal so hoch sein wird wie die der Consumer. Insgesamt wächst die VR-Branche rasant. Die Marktgrösse für Virtual-Reality-Hardware und -Software für Endverbraucher wird voraussichtlich von 6,2 Milliarden US-Dollar im Jahr 2019 auf über 16 Milliarden US-Dollar bis 2022 steigen.