Analysen

Nahrungsmittel: Sektor mit vielen Geschmacksrichtungen

Ein wachsendes Gesundheitsbewusstsein und der Klimawandel lassen viele Menschen über ihre Ernährungsgewohnheiten nachdenken – pflanzlicher Fleischersatz ist genauso auf dem Vormarsch wie Bioprodukte. Im Werben um Verbraucher und Investoren kommt es für die Lebensmittelindustrie gleichermassen darauf an, mit der passenden Rezeptur auf diesen Trend zu reagieren.

Der Begriff »Flexibilität« taucht vorzugsweise in der Berufswelt auf. Er steht dabei für die Fähigkeit eines Menschen, sich an unterschiedliche Arbeitsbedingungen, -inhalte und -orte anzupassen. In abgewandelter Form gewinnt das genannte Substantiv in der Ernährung gerade enorm an Bedeutung. Immer mehr Konsumenten gesellen sich zur Gruppe der »Flexitarier«. »Die Zahl der Europäer, die bewusst seltener Fleisch konsumieren, nimmt rasant zu«, stellen die Autoren der Studie »Europäischer Ernährungsreport 2020« fest. Gemäss dieser vom Lebensmittelhersteller Veganz Group initiierten Erhebung ernährte sich im vergangenen Jahr mehr als jeder fünfte Bewohner des alten Kontinents flexibel. Per Definition gilt als Flexitarier, wer mindestens dreimal pro Woche auf Fleisch verzichtet.

Besonders ausgeprägt ist das skizzierte Verhaltensmuster in Deutschland, Österreich und Portugal. Derweil ordnen sich laut der repräsentativen Umfrage 20,5 Prozent der Schweizer in diese Ernährungsgruppe ein (siehe Grafik 1). 5,8 Prozent der Eidgenossen gehen noch weiter und leben als Vegetarier – in keinem der an dem Report beteiligten Länder fällt diese Quote höher aus. Europaweit dürfte die Zahl derer, die einen Bogen um Fleisch und Wurst oder sämtliche tierischen Erzeugnisse machen, weiter steigen. Der im November 2020 vorgelegten Studie zufolge können sich 57,1 Prozent der europäischen Flexitarier vorstellen, in Zukunft auf eine vegetarische Ernährungsweise umzustellen. Immerhin 7,9 Prozent denken sogar darüber nach, ins Lager der Veganer zu wechseln.

Grafik 1: Bewusster Fleischverzicht

Anteil der Flexitarier in Europa nach Ländern

Die Motive für die sich rasant verändernden Ernährungsgewohnheiten sind klar: Neben der eigenen Gesundheit treiben ethische Fragen respektive das Tierwohl sowie die Nachhaltigkeit die Verbraucher um. In der Tat spielen Essen und Trinken im Kampf gegen den Klimawandel eine zentrale Rolle. 40 Prozent des weltweiten Landbedarfs, 30 Prozent der Treibhausgasemissionen sowie 70 Prozent des Verbrauchs an Frischwasser gehen auf die Lebensmittelerzeugung zurück.

Kollektives Umdenken
Vor dem skizzierten Hintergrund landen auch immer mehr biologisch erzeugte Produkte auf dem Teller. Zwischen 2014 und 2019 hat der Umsatz in diesem Segment in der Schweiz um annähernd die Hälfte auf mehr als 3,2 Milliarden Schweizer Franken zugenommen (siehe Grafik 2). »Der Pro-Kopf-Konsum erreichte mit 377 Schweizer Franken eine neue Bestmarke«, bilanzierte der Dachverband Bio Suisse das vorvergangene Jahr. Angesichts eines insgesamt mehr als 31 Milliarden Schweizer Franken schweren Gesamtmarkts für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke ist der Bio-Anteil zwar noch relativ klein. Der sich in diesem wichtigen Sektor abspielenden Transformation – sowohl auf nationaler als auch globaler Ebene – tut das keinen Abbruch. Das wachsende Interesse an Herkunft und Rezeptur der Lebensmittel sowie eine Vielzahl an innovativen Start-ups zwingt selbst die markenstarken Giganten der Branche zum Umdenken.

Grafik 2: Bio auf dem Vormarsch

Umsatz mit Bio-Lebensmitteln Schweiz

Nestlé: Ambitionen und Initiativen
Das gilt auch und gerade für den Krösus. Seit seinem Amtsantritt vor gut vier Jahren verpasst CEO Mark Schneider Nestlé ein neues Gesicht. Mit der laufenden Transformation soll der weltgrösste Lebensmittelkonzern beim Wachstum beschleunigen. Dazu richtet Schneider das Portfolio auf gesündere und nachhaltigere Produkte aus. Auf diese Weise möchte er auch den CO2-Fussabdruck von Nestlé abbauen. Kürzlich hat der Konzern das Ziel unterstrichen, bis 2050 klimaneutral zu werden. Auf dem Weg dorthin spielt der Bereich pflanzliche Lebensmittel eine zentrale Rolle. Unter dem Label »Garden Gourmet« vertreibt Nestlé in Europa seit April 2019 den »Incredible Burger«. Mittlerweile macht die Marke den Konsumenten den Mund auch mit Hack und Bratwürsten auf Pflanzenbasis wässrig. In den USA ist das Segment unter dem Etikett »Sweet Earth« unterwegs.

Trotz aller Ambitionen und Initiativen hat der Appetit der Investoren auf die Nestlé-Aktie spürbar nachgelassen. Europas grösster Large Cap tritt seit Monaten auf der Stelle (siehe Grafik 3). Daran konnte auch der für das dritte Quartal 2020 gemeldete Wachstumsschub nichts ändern. Von Juli bis September 2020 steigerte Nestlé die Umsätze auf bereinigter Basis um 4,9 Prozent (siehe Grafik 4). »Das starke organische Wachstum war breit abgestützt«, kommentierte der CEO den Zwischenbericht. Neben einer anhaltenden Dynamik in Nord- und Südamerika verwies er auf die Purina-Produkte für Heimtiere, den Bereich Nestlé Health Science sowie die Beschleunigung des Kaffeegeschäfts. In Coronazeiten legten darüber hinaus die Onlineverkäufe sprunghaft zu. Im dritten Quartal 2020 dehnte sich der Umsatz im E-Commerce um annähernd die Hälfte aus. Dadurch steigerte der Konzern den Anteil des digitalen Vertriebs am Konzerngeschäft auf 12,3 Prozent.

Grafik 3: Gedämpfter Investoren-Appetit

Wertentwicklung Nestlé

Grafik 4: Ein kräftiger Wachstumsschub

Organisches Umsatzwachstum Nestlé

Am 18. Februar legt Nestlé die Resultate für das Gesamtjahr 2020 vor. Dann wird sich zeigen, ob der Konzern das im Herbst – nach einer Reduzierung im Juli – nach oben gesetzte Wachstumsziel erreicht hat. Mark Schneider möchte die Umsätze organisch um rund 3 Prozent ausgebaut haben. Mit einem starken Zahlenbündel könnte er das SMI-Schwergewicht aus der momentanen Lethargie befreien. Das Cross Asset Research von Société Générale ist zuversichtlich. Nestlé zählt zu den europäischen Aktien aus dem Food-Bereich, die derzeit das Rating »Buy« erhalten.

Unilever: Metamorphose als Chance
Für den Favoritenstatus reicht es nicht. Zu ihrem »Top Pick« erklären die Analysten den Nestlé-Konkurrenten Unilever. Als die grösste Stärke des britischen Konsumgüterkonzerns erachten sie die globale Reichweite. Nach eigenen Angaben kann Unilever nahezu jeden Haushalt der Welt erreichen. Gleichwohl erachten die Analysten das Unternehmen gerade im Vergleich zu Nestlé nicht optimal positioniert, um von den Wachstumschancen des Sektors zu profitieren. Das Cross Asset Research rechnet damit, dass der Hersteller bekannter Markenprodukte wie Knorr-Suppen oder Dove-Seifen die Anpassung seines Portfolios forciert. Nach einer drei- bis vierjährigen Umbauphase könnte die Unilever-Aktie den aktuellen Bewertungsabschlag zu Nestlé abgetragen haben respektive sogar höhere Multiples zeigen. Noch scheinen die Anleger eher nicht auf den Geschmack zu kommen, Unilever tritt an der Börse per Saldo seit Monaten auf der Stelle (siehe Grafik 5).

Grafik 5: Gefangen im Seitwärtstrend

Wertentwicklung Unilever

Carlsberg: Ordentliche Aussichten
Im Getränkesegment bevorzugen die Analysten von Société Générale gerade die Brauereien gegenüber den Spirituosenherstellern. Sie verweisen darauf, dass der Bierabsatz im Zuge der Coronakrise nicht so stark nachgelassen hat wie der Ausstoss von Hochprozentigem. Ausserdem habe sich das Brauereigeschäft schneller erholt. Am besten kommt Carlsberg nach Ansicht der Experten durch die Krise. Beim dänischen Brauereikonzern dürfte das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) 2020 weniger geschrumpft sein als im europäischen Sektormittel. Im laufenden sowie dem kommenden Jahr traut Société Générale dem in der Schweiz mit der Marke Feldschlösschen aktiven Unternehmen eine überdurchschnittliche Ebit-Steigerung zu. Die Analysten verweisen auch auf die 7-Jahres-Strategie »SAIL’22«. In der Endphase des unternehmerischen »Segelturns« trauen sie Carlsberg starke Margenverbesserungen in Westeuropa zu. Gleichzeitig habe der Konzern im Osten des alten Kontinents die Wachstumsbremse gelöst, während er in China von einem positiven Produktmix profitieren könnte.

Das Wachstum in Asien – die Region steuert mehr als ein Viertel zum Konzernumsatz bei – zählt zu den Kernzielen von SAIL’22. Bis zur Coronakrise ging dieser Plan auf: 2019 sorgten vor allem die Biersorten 1664 Blanc und Tuborg dafür, dass Carlsberg den Austoss in der Region organisch um 6 Prozent auf 38 Millionen Hektoliter steigern konnte. Wenn das Traditionsunternehmen am 5. Februar 2021 die Bilanz für das vergangene Jahr vorlegt, wird sich zeigen, wie sich der Bierdurst rund um den Globus in den vergangenen Monaten 2020 entwickelt hat. Die Carlsberg-Aktie erreichte kurz vor Silvester ein Verlaufshoch (siehe Grafik 6), als die nahende Einführung von Covid-19-Impfstoffen die Hoffnung auf etwas mehr Normalität schürte. In der Tat würde die Wiedereröffnung der vielerorts noch geschlossenen Gastronomie dem Brauer einen wichtigen Absatzkanal zurückbringen.

Grafik 6: Aufkommende Bierlaune

Wertentwicklung Carlsberg

Delivery Hero: Euphorie trotz Wermutstropfen
Als eine Alternative zum untersagten oder nur unter strengen Hygieneauflagen möglichen Restaurantbesuch haben viele Haushalte im Lockdown den Lieferservice für sich entdeckt. Um diese These zu belegen, genügt ein Blick auf die Geschäftsentwicklung von Delivery Hero. Im dritten Quartal 2020 hat der Online-Essenslieferant die Zahl der abgewickelten Bestellungen auf 362 Millionen verdoppelt. Am Ende eines aussergewöhnlichen Jahres samt DAX-Aufstieg bekamen die Berliner grünes Licht für eine milliardenschwere Übernahme in Asien. Allerdings muss sich das DAX-Mitglied von seiner eigenen Landesgesellschaft trennen, um den südkoreanischen Marktführer Woowa schlucken zu dürfen. Die Börse reagierte dennoch euphorisch auf den Entscheid der Wettbewerbsbehörde in Seoul: In das Jahr des zehnten Firmenjubiläums startet Delivery Hero mit neuen Bestmarken. Offenbar sind viele Anleger davon überzeugt, dass der E-Commerce-Spezialist auf Dauer vom »Genuss daheim« profitiert und sowohl den Fans von Pizza und Burger als auch den Konsumenten einer weniger üppigen Kost das passende Gericht auftischt.

Anlageidee: Hebelprodukte auf ausgewählte Aktien aus der Lebensmittelindustrie

Unlimited Turbo-Optionsscheine

Valor

Basiswert

Typ

Hebel

Strike

Stoppschwelle

Handelsplatz

58900681

Delivery Hero

Call

6,30

111,70 EUR

117,38 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

58801201

Delivery Hero

Call

4,30

102,27 EUR

107,49 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

53417283

Nestlé

Call

8,70

89,47 CHF

91,33 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

53472735

Nestlé

Call

6,14

84,49 CHF

86,26 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

48504778

Nestlé

Put

7,30

114,34 CHF

119,95 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

48504780

Nestlé

Put

4,20

124,43 CHF

121,84 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

54725055

Unilever

Call

6,70

42,14 EUR

44,71 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

51656343

Unilever

Call

3,70

36,24 EUR

38,46 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

57769303

Unilever

Put

7,90

55,53 EUR

52,15 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

51656349

Unilever

Put

3,20

64,71 EUR

60,78 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

Faktor-Zertifikate

Valor

Basiswert

Strategie

Faktor

Handelsplatz

56191641

Carlsberg

Long

4

Swiss DOTS, BX Swiss

56191631

Carlsberg

Long

6

Swiss DOTS, BX Swiss

56191636

Carlsberg

Short

–4

Swiss DOTS, BX Swiss

56191626

Carlsberg

Short

–6

Swiss DOTS, BX Swiss

56333824

Delivery Hero

Long

4

SIX Exchange

56333977

Delivery Hero

Short

–4

SIX Exchange

55694379

Nestlé

Long

10

Swiss DOTS, BX Swiss

56088969

Nestlé

Short

–10

Swiss DOTS, BX Swiss

56089213

Unilever

Long

8

Swiss DOTS, BX Swiss

56191577

Unilever

Short

–8

Swiss DOTS, BX Swiss

Stand: 21. Januar 2021; Quelle: Société Générale

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