Analysen

Richemont vs. Swatch – Die Zeit läuft

Die beiden heimischen Luxuskonzerne Richemont und Swatch sind von der Coronakrise unterschiedlich stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Was den Blick in die Zukunft angeht, sind beide vorsichtig optimistisch. Wir werfen einen genauen Blick auf die Konzerne und analysieren ihre Wachstumschancen.

Eine Uhr ist längst nicht mehr nur ein Schmuckstück, das das Handgelenk ziert. Bis zu siebenstellige Preise erzielt so mancher Chronograf und dient damit längst als Geldanlage. Auch an der Börse nimmt das Interesse an den Zeitmessern zu: Das deutsche Luxusuhren-Onlineportal Chrono24 bereitet derzeit ebenso den Börsengang vor wie der Schweizer Händler Chronext. Dies wiederum rückt Richemont in den Fokus, der mit seiner Tochter Watchfinder in Konkurrenz zu dem Duo steht.

Die Welt der »Haute Horlogerie« wird im Wesentlichen von zwei Unternehmen geprägt: Richemont und Swatch. Mit seinen 18 Marken von Flik Flak über Omega bis hin zu Breguet deckt zweitgenannter Weltmarktführer das gesamte Preisspektrum ab. Dass die Modelle gefragt sind, zeigt sich auch am Gebrauchtmarkt. 2020 nahm der Wert der »Omega Seamaster Diver 300 M« um 21 Prozent zu und bescherte dem Typ Platz 3 im Luxusuhren-Ranking. Allerdings ist die Herstellung der gefragten Zeitmesser nicht die einzige Kernkompetenz von Swatch; der Konzern produziert auch zahlreiche Komponenten wie Uhrwerke, Schaltkreise und Batterien. Letztlich ist nicht nur die komplette Schweizer Uhrenindustrie mit Swatch verbunden, sondern auch weltweit sind Hersteller auf das in Biel ansässige Unternehmen angewiesen.

Branchenprimus mit Problemen
Doch trotz der umfangreichen Marktpräsenz sowie der jahrzehntelangen Erfahrung verliefen die vergangenen Jahre etwas holprig. Zuerst sorgte der zunehmende Wettbewerb durch neue Player wie Apple für Bremsspuren in der Geschäftsentwicklung, anschliessend drückte das Coronavirus dem Uhrenhersteller seinen Stempel auf. Erstmals seit knapp 40 Jahren musste das Unternehmen 2020 einen Verlust ausweisen. Unter dem Strich stand ein Fehlbetrag von 53 Millionen Schweizer Franken, der Umsatz sackte um nahezu ein Drittel auf 5,6 Milliarden Schweizer Franken ab (siehe Grafik 1).

Grafik 1: Umsatz- und Gewinnentwicklung bei Swatch

Im laufenden Jahr stehen die Zeichen zwar wieder auf Wachstum, allerdings könnten die andauernden Massnahmen wie die Schliessung von Geschäften zur Eindämmung der Pandemie den Umkehrschwung etwas bremsen. CEO Nick Hayek zeigte sich auf der Bilanzkonferenz von der leicht vorsichtigen Seite. Seinen Worten zufolge geben die Konsumenten in Asien oder den USA zwar bereits wieder viel Geld für hochwertige Güter wie Uhren aus, allerdings drücken die Einschränkungen in vielen europäischen Ländern sowie das Fehlen von Touristen auf das Geschäft. Als Ziel hat Hayek ausgegeben, im laufenden Jahr möglichst nahe an das Niveau von 2019 aufzuschliessen.

Im Rebound-Modus
Die regionale Umsatzaufteilung macht diesbezüglich Hoffnung. Während auf Europa im vergangenen Jahr 24 Prozent der Gesamterlöse entfielen, stand Asien für zwei Drittel des Volumens. Knapp ein Zehntel entfällt auf Übersee, wo sich ebenso wie in Asien erste Lichtblicke zeigen. Laut Peter Steiger, dem Leiter des US-Geschäfts, ist für das erste Quartal in den USA ein Umsatzanstieg um 15 Prozent zu erwarten. Positiv: Das Plus bezieht sich nicht auf den Vergleich zum krisengeschüttelten Vorjahreszeitraum, sondern zu 2019. Insbesondere Nachholeffekte dürften für diesen starken Zuwachs verantwortlich sein.

Die Analystenzunft geht derzeit von einer dynamischen Erholung im laufenden Jahr aus und rechnet nach einem Verlust im Vorjahr mit einem Ergebnis je Aktie von 11,22 Schweizer Franken. Damit würde Swatch das Niveau aus 2019 zwar noch um ein Fünftel verfehlen, spätestens im kommenden Jahr den Prognosen zufolge dann aber wieder übertreffen. Für 2021 geht der Konsens von einem Gewinnanstieg um 27,3 Prozent aus, weitere 15,5 Prozent könnten im Jahr 2023 hinzukommen. Angesichts der Steigerungsraten erscheint das 2023er-KGV von 15,5 nicht teuer (siehe Grafik 2).

Grafik 2: Entwicklung Gewinn je Aktie Richemont (EUR) vs. Swatch (CHF)

Was das Wachstum angeht, ist Konkurrent Richemont den Schätzungen zufolge einen Schritt voraus. Für den Luxus-Konzern aus dem Kanton Genf veranschlagen Analysten ein Plus von 91,6 Prozent für das laufende Geschäftsjahr und 20,7 Prozent für das kommende. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis der erwarteten Ergebnisse für 2022 beläuft sich auf 25,4, was ebenfalls auf keine Überwertung hindeutet.

Richemont glänzt trotz Corona
Im vergangenen Geschäftsjahr 2020/2021 (31. März) hat sich Richemont erfolgreich gegen die Coronakrise stemmen können. Der Hersteller von Uhren der Marken A. Lange & Söhne und IWC sowie Cartier-Schmuck verzeichnete einen, in Anbetracht der widrigen Umstände, geringfügigen Umsatzrückgang um 8 Prozent auf 13,1 Milliarden Euro (siehe Grafik 3). Dies war insbesondere einem Schlussspurt zu verdanken. Im vierten Quartal von Januar bis März kletterte der Umsatz dank der Lockerung der Corona-Einschränkungen in den Schlüsselmärkten China und USA um 30 Prozent empor. Auf dem chinesischen Festland schnellten die Erlöse im Schlussviertel gegenüber dem Vorjahr gar dreistellig nach oben.

Grafik 3: Umsatz- und Gewinnentwicklung bei Richemont

Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) reduzierte sich nur um 3 Prozent auf 1,48 Milliarden Euro, sodass die Marge um 50 Basispunkte auf 11,2 Prozent anstieg. Aufgrund eines besonders guten Finanzergebnisses nahm der Reingewinn überraschend gar um 38 Prozent auf 1,29 Milliarden Euro zu, Analysten hatten dagegen nur 821 Millionen Euro auf dem Zettel. Der Gewinnsprung kommt den Aktionären zugute: Richemont schlägt eine Verdoppelung der Dividende von 3 Schweizer Franken pro Anteilsschein vor, nachdem sich die Ausschüttung wegen der Pandemie im vergangenen Jahr auf 1 Schweizer Franken halbiert hatte. Die Dividende kann sich das Unternehmen locker leisten, verbesserte sich doch die Netto-Cash-Position um knapp 1 Milliarde auf 3,4 Milliarden Euro.

Günstiger Produktmix
Das berühmte »Ass im Ärmel« gegenüber dem Kontrahenten Swatch ist das Schmucksegment. Die hohe Anziehungskraft der Schmuckmarken Cartier, Van Cleef & Arpels und Buccellati sorgte im Segment »Jewellery Maisons« für einen Umsatzanstieg von 3 Prozent sowie einen Gewinnanstieg um 11 Prozent. Im Uhren-Geschäft musste Richemont dagegen ebenso deutliche Einbussen hinnehmen wie Landsmann Swatch. Die Erlöse in der Sparte gingen um 21 Prozent zurück, das operative Ergebnis gar um 57 Prozent (siehe Grafik 4).

Grafik 4: Umsatzaufteilung bei Richemont

Was den Blick in die Zukunft angeht, gibt sich Richemont-Vorsitzender und Mehrheitsaktionär Johann Rupert ebenso vorsichtig wie sein Bieler Kollege. Zwar ist die Gesellschaft eigenen Angaben zufolge stark ins neue Geschäftsjahr gestartet – in allen Geschäftsbereichen zeigte sich ein beschleunigender Trend –, doch warnte der Chef, dass »Volatilität und geringe Sichtbarkeit wahrscheinlich vorherrschen werden, bis eine Herdenimmunität besteht«.

Mit Innovationen Richtung Zukunft
Neben den allgemeinen Rahmenbedingungen wird für Richemont und Swatch auch entscheidend sein, wie sich die beiden in Zukunft mit ihren Produkten gegen die internationale Konkurrenz stemmen können. Swatch hat diesbezüglich vor wenigen Monaten mit einer Innovation aufgetrumpft: »Bioceramic«. Dabei handelt es sich um eine neue Uhrenlinie auf Basis eines neuen Materials, das die Vorteile von Bio-Plastik und Keramik vereint. Der Konzern, der sich selbst als »Enfant terrible der Schweizer Uhrenindustrie« bezeichnet, möchte Bioceramic künftig auch in andere Swatch-Kollektionen einfliessen lassen.

Bei Richemont setzt man neben einer herkömmlichen Pflege der verschiedenen Kollektionen auch auf neue Technologien. Zusammen mit der italienischen Modemarke Prada und dem französischen Luxusgüterkonzern LVMH hat die Marke Cartier ein Blockchain-Konsortium gegründet. Damit soll eine Lösung geschaffen werden, auf die alle Luxusmarken weltweit zurückgreifen können, um den Käufern mehr Transparenz und Rückverfolgbarkeit bezüglich ihrer erworbenen Schmuckstücke zu bieten. Die Technologie ermöglicht den direkten Zugriff auf die Produkthistorie und dient zudem als Echtheitszertifikat. Damit können nicht nur Fälschungen entlarvt werden, sondern die Blockchain dient auch zur Kundenbindung.

Neue Kursimpulse
Ebenso wie im operativen Geschäft zeigen auch die Kurskurven des SMI-Duos in unterschiedliche Richtungen. Während die Titel von Richemont in den vergangenen fünf Jahren mehr als 60 Prozent avancierten, gelang Swatch lediglich eine Nullrunde. Im Zuge der jüngsten Zahlenvorlage brach Richemont sogar erstmals über die 100-Franken-Marke aus und markierte ein neues Rekordhoch (siehe Grafik 5).

Grafik 5: Chartvergleich Richemont vs. Swatch (fünf Jahre)

Der positive Geschäftsverlauf ist aber nur die eine Seite der Medaille, auch Übernahmespekulationen umgeben derzeit die Genfer und sorgen beim Kurs für Auftrieb. So soll Insidern zufolge der Chef der französischen Kering, François-Henri Pinault, dem Richemont-Verwaltungsratspräsidenten Rupert Anfang des Jahres ein informelles Übernahmeangebot vorgelegt haben, das dieser vorerst als unzureichend ablehnte. Marktbeobachtern zufolge könnte die Kombination der beiden strategisch durchaus sinnvoll sein. Man darf also gespannt sein, ob das Duo in den kommenden Wochen Fakten schaffen wird.

Sicher dagegen ist bereits, dass die nächsten kursrelevanten Nachrichten bei Swatch spätestens am 30. Juli anstehen. Dann wird der Uhrenmacher seine Halbjahreszahlen präsentieren und vermutlich auch den Ausblick konkretisieren. Was Letzteres angeht, läuft die Zeit für Swatch – und selbstverständlich auch für Richemont. Denn die zuletzt in vielen Ländern zurückgefahrenen Corona-Beschränkungen könnten die Sicht nach vorne freigeben.

Anlageidee: Ausgesuchte Produkte auf Richemont und Swatch

Faktor-Zertifikate

Valor

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Strategie

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Handelsplatz

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Richemont

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Swiss DOTS, BX Swiss

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Swatch

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Swiss DOTS, BX Swiss

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Valor

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Richemont

Call

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Swiss DOTS, BX Swiss

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Richemont

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Swiss DOTS, BX Swiss

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Swatch

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2,9

Swiss DOTS, BX Swiss

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Swatch

Put

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Swiss DOTS, BX Swiss

Unlimited Turbo-Optionsscheine

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Basiswert

Typ

Stoppschwelle

Hebel

Handelsplatz

110643798

Richemont

Call

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Swiss DOTS, BX Swiss

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Richemont

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Swatch

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Swiss DOTS, BX Swiss

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Swatch

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342,77 CHF

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Stand: 28. Mai 2021; Quelle: Société Générale

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