Analysen

Ölmarkt: Es läuft wie geschmiert

Die Produktion hielt im vergangenen Jahr nicht mit der anziehenden Ölnachfrage Schritt. Infolgedessen hat sich der wichtigste Energieträger massiv verteuert. Obwohl Experten für 2022 eine deutliche Entspannung der Versorgungslage erwarten, sind sowohl der Rohstoff selbst als auch die Aktien des Sektors dynamisch in das neue Jahr gestartet.

Zu den besonders reizvollen Aktivitäten zählte die Fahrt zur Tankstelle für die meisten Menschen wohl noch nie. Neben der Gefahr, den Geruch von Benzin oder Diesel mitzunehmen, können die um Mitbringsel wie Schoggi oder Limonade buhlenden Kinder auf dem Rücksitz diesen Trip zur mentalen Herausforderung machen. Ganz zu schweigen von den Spritkosten. Diesbezüglich dürfte vielen Autofahrern in den vergangenen Monaten auch noch der Rest an »Tankfreude« vergangen ein. Im November 2021 lag der durchschnittliche Preis für einen Liter Super hierzulande bei 1,81 Schweizer Franken – der höchste Wert seit mehr als acht Jahren. Nicht nur an der Zapfsäule, auch bei den Heizkosten macht sich die jüngste Rally an den Ölmarkten deutlich bemerkbar.

Gefragter Energieträger
Neben Verbrauchern und Unternehmen beschäftigt diese als ein Hauptgrund für die galoppierende Inflation geltende Tatsache die Notenbanken stark. Derweil haben die an den Energiemärkten positionierten Investoren gut lachen. Beispiel Brent: 2021 verteuerte sich die Rohöl-Nordseegattung um mehr als die Hälfte. Zwischenzeitlich notierte das Barrel auf dem höchsten Stand seit Herbst 2018 (siehe Grafik 1). Zwar haben die Aktien des Sektors weniger stark als der Rohstoff selbst zulegen können, gleichwohl zeigt der Trend beim STOXX Europe 600 Oil & Gas Index eindeutig nach oben. Die mit 19 Branchenvertretern bestückte Benchmark ist gerade auf das Niveau von Februar 2020 geklettert. Damit konnte der Index den auf den Ausbruch der Coronapandemie folgenden Crash aufholen (siehe Grafik 2).

Grafik 1: Unter Schwankungen nach oben

Brent-Rohöl-Future

Grafik 2: Raus aus dem Corona-Tal

STOXX Europe 600 Oil & Gas Index

Feinjustierung durch die OPEC+
Commerzbank Commodity Research zählt die mit starken Preisanstiegen einhergehende Anspannung an den Energiemärkten zu den grossen Überraschungen des Jahres 2021. Die Analysten führen diese Situation einerseits auf einen massiven Umschwung bei der Nachfrage zurück. Im ersten Corona-Jahr war der globale Bedarf am wichtigsten Energieträger um historische 8,8 Prozent eingebrochen. 2021 kehrte die Welt bekanntlich nach und nach zur Normalität zurück, wodurch die allgemeine Mobilität wieder in die Gänge kam. Infolgedessen nahm die Ölnachfrage um knapp 6 Prozent zu. »Damit bleibt aber die Nachfrage hinter dem Niveau von vor Corona zurück«, stellt Carsten Fritsch fest, Energieanalyst bei Commerzbank Commodity Research.

An dieser Stelle kommen die Ölproduzenten ins Spiel. Vor allem die als »OPEC+« zusammengeschlossenen Förderländer nahmen im vergangenen Jahr eine Art Feinjustierung des Angebots vor. Zu diesem erweiterten Kartell zählen neben der OPEC selbst weitere Ölstaaten, allen voran Russland. Laut Fritsch hat die Gruppe ihre Produktion 2021 weniger stark erhöht, als es die steigende Nachfrage zugelassen hätte. Auch die Schieferölproduzenten in den USA sprangen dem Analysten zufolge nicht in die Bresche. In den Staaten liegt die Ölproduktion noch immer um 1,3 Millionen Barrel pro Tag unter dem vor zwei Jahren verzeichneten Rekordniveau. »In der Folge war der Ölmarkt das ganze Jahr über unterversorgt«, bringt Carsten Fritsch die skizzierte Gemengelage auf den Punkt.

Diesbezüglich sprechen die aktuellen Zahlen der U.S. Energy Information Administration (EIA) eine eindeutige Sprache. Während sechs aufeinanderfolgender Quartale übertraf die globale Ölnachfrage zuletzt das Angebot (siehe Grafik 3). Im Schnitt betrug das Defizit während dieser Zeit rund 1,6 Millionen Barrel pro Tag. Konsequenterweise hat diese Entwicklung dazu geführt, dass die in der akuten Phase der Coronapandemie massiv angeschwollenen Lagerbestände wieder deutlich abgenommen haben. Anfang des Jahres betrugen die Rohölvorräte der OECD-Länder weniger als 2,7 Milliarden Fass. Sie bewegten sich damit auf dem tiefsten Niveau seit 2014.

Grafik 3: Das ewige Wechselspiel

Angebot und Nachfrage am Ölmarkt

Vom Defizit in das Überangebot
Sorgen wegen möglicher Lieferengpässe müssen sich allerdings weder Unternehmen noch Verbraucher machen. Grafik 3 zeigt auch, dass die Phase der Unterversorgung laut den Erwartungen der EIA zu Ende geht. Bereits im ersten Quartal 2022 soll die Produktion den Ölbedarf deutlich übertreffen. Commerzbank Commodity Research teilt diese Einschätzung. »Der Grund liegt im Zusammentreffen einer saisonal schwächeren Nachfrage und einem stark steigenden Angebot«, erklärt Carsten Fritsch. Er verweist darauf, dass die OPEC+ ihre tägliche Förderung Monat für Monat um jeweils 400.000 Barrel ausweiten möchten, um sämtliche Kürzungen aus dem Krisenjahr 2020 rückgängig zu machen.

Auch die USA lassen ihre Pumpen wieder intensiver laufen. Die EIA geht in ihrer aktuellen Prognose davon aus, dass die Ölproduktion in den Vereinigten Staaten 2022 um 0,6 Millionen auf durchschnittlich 11,8 Millionen Barrel pro Tag steigt. Im kommenden Jahr soll die tägliche Rohölförderung auf einen rekordhohen Durchschnitt von 12,4 Millionen Fass zunehmen. »Der bisherige Spitzenwert beträgt 12,3 Millionen Barrel pro Tag und wurde 2019 erreicht«, schreibt die Behörde.

Kurzfristig könnte auch die Freigabe strategischer Ölreserven Einfluss auf die Marktverhältnisse nehmen. Mehrere Länder, darunter die USA, Japan, Grossbritannien und China, haben entsprechende Schritte angekündigt. »Der Grossteil davon dürfte im ersten Quartal erfolgen, was einer Erhöhung des täglichen Ölangebots um rund 750.000 Barrel entsprechen würde«, meint Carsten Fritsch. Tritt dieses Szenario ein, könnten die OPEC+ ihre geplanten Produktionserhöhungen bis März aussetzen, ohne die Versorgungslage zu gefährden. In Richtung Sommer dürfte der Umgang mit den strategischen Reserven kaum mehr eine Rolle spielen. Für diese Jahreszeit ist zudem mit einem weiteren Anstieg der Nachfrage zu rechnen. Die EIA geht davon aus, dass der globale Bedarf bereits im zweiten Quartal zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie die Marke von 100 Millionen Barrel pro Tag überschreitet.

Verhaltene Preisprognosen
Alles in allem sieht Commerzbank Commodity Research nach den Avancen des vergangenen Jahres im Ölpreis nicht mehr viel Potenzial. Vielmehr gehen die Analysten bei Brent zunächst von einem Preisrückgang in Richtung 70 US-Dollar je Barrel aus. Ab dem zweiten Quartal könnte die Notierung wieder bis 75 US-Dollar zulegen. Natürlich hängt diese Prognose von verschiedenen Faktoren ab. Insbesondere könnte das Coronavirus die Nachfrage ausbremsen. Als sich im November die Omikron-Variante verstärkt ausbreitete, brach Brent stark ein. Je mehr sich zeigte, dass die dritte Impfung effektiv vor der neuen Mutante schützt und diese zudem tendenziell weniger ernste Erkrankungen verursacht, machte die Notierung wieder Boden gut. Vor diesem Hintergrund rechnen die Commerzbank-Experten nicht mit neuerlichen flächendeckenden Mobilitätseinschränkungen. »Zudem hat die OPEC+ signalisiert, die geplante Produktionsausweitung aufzuschieben, sollte sich die Nachfrage signifikant abschwächen«, gibt Carsten Fritsch zu bedenken. Saudi-Arabien könnte die Förderung im äussersten Fall, wie im ersten Semester 2021 geschehen, sogar einseitig kürzen. »Das sollte die Ölpreise nach unten absichern«, meint Fritsch.

Mit der aktuellen Preisprognose liegt Commerzbank Commodity Research übrigens im Bereich des Marktkonsenses. Reuters hat die Einschätzungen von insgesamt 32 Häusern zusammengetragen. Daraus errechnete der Informationsdienstleister bei Brent für 2022 ein durchschnittliches Kursziel von 73 US-Dollar. An den Terminmärkten war vom allgemein erwarteten Preisrückgang im Januar allerdings noch nichts zu spüren. Vielmehr tendierte der nächstfällige Brent-Future weiter nach oben. Die von den Märkten offenbar noch immer indizierte latente Knappheit des Energieträgers kommt auch in der Terminkurve (siehe Grafik 4) zum Ausdruck. Sie tendiert mit dem Zeitverlauf nach unten. Der Fachjargon spricht hier von einer »Backwardation«. Hinter dieser Konstellation verbirgt sich die Bereitschaft der Marktteilnehmer, für die kurzfristige Verfügbarkeit des Rohstoffs einen Aufschlag zu bezahlen.

Grafik 4: Eine mustergültige Backwardation

Terminkurve Brent

Ölmulti auf Transformationskurs
Der »Run« auf das schwarze Gold ist ganz nach dem Geschmack der grossen Ölkonzerne. Das gilt auch und gerade für TotalEnergies. Mit einem Anteil von gut einem Viertel fällt den Franzosen im STOXX Europe 600 Oil & Gas Index die Rolle des Schwergewichts zu. Auch in puncto Performance hob sich TotalEnergies zuletzt ab: Auf Sicht von einem Jahr legte die Aktie (siehe Grafik 5) um knapp 30 Prozent zu und erzielte damit gegenüber dem europäischen Sektor eine Outperformance von annähernd 15 Prozentpunkten. Die Rally geht mit einer starken operativen Entwicklung einher. In den ersten drei Quartalen 2021 steigerte TotalEnergies das operative Ergebnis um 76 Prozent auf 28 Milliarden US-Dollar. Neben dem Öl- spielte der starke Gaspreisanstieg den Franzosen in die Hände. Der Konzern ist ein führender Anbieter von Liquefied Natural Gas, kurz LNG.

Grafik 5: 50-Euro-Marke im Visier

Entwicklung TotalEnergies

Mit 18,8 Milliarden US-Dollar hat sich der operative Cashflow in den ersten neun Monaten 2021 gegenüber dem Vorjahreszeitraum mehr als verdoppelt. CEO Patrick Pouyanne setzt die Mittelzuflüsse für die Schuldentilgung, Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe ein. Gleichzeitig investiert er in die Transformation des Konzerns. Das Ziel ist klar: 2030 soll TotalEnergies zu den weltweiten Top 5 auf dem Gebiet der regenerativen Energieträger zählen. Konkret möchte Pouyanne bis dahin bei den »Erneuerbaren« über eine Gesamtkapazität von 100 Gigawatt (GW) verfügen. Zum Ende des dritten Quartals 2021 lag die Leistungsstärke bei 9,5 GW. Zu mehr als drei Viertel handelte es sich dabei um Fotovoltaikanlagen. Weitere 1,9 GW steuerten Onshore-Windkraftanlagen bei.

Produktidee: Hebelprodukte auf Brent und TotalEnergies

Unlimited Turbo-Zertifikate

Valor

Basiswert

Typ

Hebel

Strike

Stoppschwelle

Handelsplatz

113086688

Brent Future

Call

3,5

61,01 USD

62,76 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

115148271

Brent Future

Call

4,5

65,94 USD

67,77 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

112335140

Brent Future

Put

3,6

108,03 USD

104,86 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

112008124

Brent Future

Put

4,4

104,07 USD

101,02 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

115147735

TotalEnergies

Call

5,3

39,59 EUR

40,70 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

115628615

TotalEnergies

Call

7,7

42,45 EUR

43,70 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

110132900

TotalEnergies

Put

5,6

57,10 EUR

55,43 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

48636104

TotalEnergies

Put

7,0

55,17 EUR

53,55 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

Faktor-Zertifikate

Valor

Basiswert

Strategie

Hebel

Laufzeit

Handelsplatz

56192041

Brent Future

Long

6

Open End

Swiss DOTS, BX Swiss

115063868

Brent Future

Short

–6

Open End

Swiss DOTS, BX Swiss

115063861

Brent Future

Long

12

Open End

Swiss DOTS, BX Swiss

115063858

Brent Future

Short

–12

Open End

Swiss DOTS, BX Swiss

56192034

TotalEnergies

Long

4

Open End

Swiss DOTS, BX Swiss

56955538

TotalEnergies

Short

–4

Open End

Swiss DOTS, BX Swiss

56089211

TotalEnergies

Long

8

Open End

Swiss DOTS, BX Swiss

58423229

TotalEnergies

Short

–8

Open End

Swiss DOTS, BX Swiss

Stand: Januar 2022; Quelle: Société Générale

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