Analysen
Finanzindustrie: »Restart System Now«
Die Aktien der Banken und Versicherer wurden lange Zeit an der Börse nur stiefmütterlich behandelt. Doch im Zuge einer sich verbessernden Zinslandschaft feiert die Zunft derzeit ihr Comeback. Obendrein liefern die Konzerne eine durchweg positive Berichtssaison ab.
»Totgeglaubte leben länger« heisst es im Volksmund. Das alte Sprichwort lässt sich derzeit bestens auf den Finanzsektor übertragen. Über viele Jahre hinweg litten Banken und Versicherer unter einem notorisch niedrigen Zinsniveau rund um den Globus. Doch damit hat es nun ein Ende. Immer mehr Notenbanken wagen sich aus der Deckung und legen Hand an ihren Leitsätzen an. Dies wiederum sorgt für eine gute Stimmung in der Branche – und auch unter Börsianern.
So zogen die kriselnden Finanzaktien in den vergangenen Monaten zum Teil deutlich an. Der Outperformancekurs lässt sich bestens am Verlauf des STOXX Europe 600 Banks ablesen. Der Branchenindex legte seit Jahresbeginn gegen den negativen Markttrend um 7 Prozent zu. Auf Sicht von einem Jahr zeigt sich sogar ein Zuwachs von mehr als einem Viertel, das sind knapp 20 Prozentpunkte mehr, als der Gesamtmarkt in diesem Zeitraum avancierte.
Neuer Zinszyklus
Den weitgehend unbemerkten Stars der momentanen Börsenphase kommen in erster Linie die neuen Zinspläne der Währungshüter entgegen. Aufgrund einer galoppierenden Inflation kündigte die Federal Reserve an, im laufenden Jahr die Leitsätze wieder nach oben zu schrauben. Zu einer ersten Erhöhung dürfte es auf der Sitzung Mitte März kommen. Zurzeit geht die Mehrheit der Ökonomen von einem Anstieg um 25 Basispunkte aus, einige Marktteilnehmer können sich aber sogar einen halben Prozentpunkt vorstellen. Wie hoch auch immer der erste Schritt ausfällt, es wird höchstwahrscheinlich nicht bei einem bleiben. Das Gros der Volkswirte prognostiziert noch drei weitere für dieses Jahr. Während sich die Fed erst in der Vorbereitung befindet, eilt die Bank of England voraus. In den vergangenen Wochen hoben die Währungshüter die Zinsen in Grossbritannien bereits zwei Mal an. Und sogar die EZB schloss auf ihrer ersten Sitzung in diesem Jahr steigende Leitsätze nicht mehr aus.
Die Entwicklungen bleiben am Bondmarkt nicht ohne Folgen. So legte die Rendite der 10-jähren US-Staatsanleihen zuletzt kräftig von 1,5 Prozent zu Beginn des Jahres auf mittlerweile 1,9 Prozent zu. Zwischenzeitlich wurde sogar bereits die 2-Prozent-Marke nach oben durchschritten (siehe Grafik 1).
Grafik 1: Rendite 10-jährige US-Staatsanleihen
Starke Jahresberichte
Den Banken kommen steigende Leitsätze vor allem im Privat- und Firmenkundengeschäft entgegen. Aber nicht nur das sich verbessernde Zinsumfeld gibt den Finanzaktien derzeit Aufwind, auch glänzt der Sektor mit starken Bilanzen für das abgelaufene Geschäftsjahr. So ist es zahlreichen Instituten gelungen, die Coronakrise abzuschütteln. Ablesen lässt sich dies unter anderem bei den französischen Vertretern. So haben die Top 3, BNP Paribas, Credit Agricole und Société Générale allesamt einen Gewinnsprung zum Jahresende 2021 ausgewiesen. Zudem blicken die Vorstandschefs positiv nach vorne. »Die Gruppe geht mit Zuversicht in das Jahr 2022«, sagte SocGen-CEO Frédéric Oudéa und stellte für die kommenden Jahre eine höhere Rentabilität in Aussicht. BNP hat sich wiederum einen Anstieg des Nettogewinns um jährlich 7 Prozent bis 2025 auf die Fahnen geschrieben. Wie es mittelfristig bei Credit Agricole weitergehen wird, erfahren Anleger im Juni. Dann wird der Vorstand seinen neuen Plan bis Mitte des Jahrzehnts veröffentlichen.
Im Performancevergleich des französischen Trios hat die BNP-Aktie kurz- wie auch mittelfristig die Nase vorn. Auf Sicht von einem Jahr legte der Titel knapp 60 Prozent zu und kratzte zwischenzeitlich sogar am 5-Jahres-Hoch bei 69 Euro. Den Turbo gezündet hat zuletzt aber auch die Deutsche Bank-Aktie. Das lange Zeit kriselnde Institut, dem immer wieder Interesse an einer Fusion mit der Commerzbank angedichtet wird, konnte sowohl an der Börse wie auch operativ eine 90-Grad-Wende vollziehen. Vergangenes Jahr erzielten die Frankfurter das zweite Jahr in Folge einen Gewinn und stellten erstmals seit drei Jahren eine Dividende in Aussicht. »Wir haben die Deutsche Bank nachhaltig zurück in die Gewinnzone und auf Wachstumskurs gebracht«, kommentierte CEO Christian Sewing die Zahlen. Positiv: Zum guten Abschneiden leisteten alle Geschäftsbereiche einen Beitrag. Die Fortschritte beim Konzernumbau sind für Sewing zudem eine gute Basis, um in diesem Jahr das Renditeziel von 8 Prozent zu erreichen. »Der Auftakt ins erste Quartal verstärkt meine Zuversicht«, so Sewing (siehe Grafik 2).
Grafik 2: Chartvergleich BNP Paribas versus Deutsche Bank
Indexiert: 24. Februar 2017 = 100
Schweizer Banken: Licht und Schatten
Für eine kleine Sensation im Bankensektor sorgte in der laufenden Berichtssaison die hiesige UBS. Aufgrund des Börsenbooms erzielte das Geldhaus das beste Ergebnis seit 15 Jahren. Der Gewinn sprang um 14 Prozent nach oben und übertraf damit die Analystenschätzungen deutlich. Unter anderem im Bereich Vermögensverwaltung machte der Branchenkrösus eine gute Figur. Hier sammelte UBS rund 107 Milliarden US-Dollar ein und schraubte damit die Gesamt-Assets auf 4,6 Billionen US-Dollar empor. UBS-Chef Ralph Hamers ist damit längst nicht am Ziel; um seinen Führungsanspruch zu bekräftigen, baut er die Sparte auch mit Zukäufen weiter aus und strebt mittelfristig an, das investierte Vermögen auf 6 Billionen US-Dollar zu erhöhen. Daneben hob der CEO das Renditeziel an. Angepeilt wird neu eine Marge auf das harte Eigenkapital von 15 bis 18 Prozent, bisher war nur von 15 Prozent die Rede.
UBS zeigt auch Herz für seine Aktionäre: Zum einen wird die 2021er-Dividende um mehr als ein Drittel angehoben, zum anderen kündigte die Bank einen Aktienrückkauf für bis zu 5 Milliarden US-Dollar an. Das entspricht knapp dem doppelten Volumen im Vergleich zum Vorjahr. Investoren klatschen Beifall: Im Zuge der Berichterstattung markierte die Aktie ein neues 5-Jahres-Hoch.
Doch ist nicht alles in der Branche eitel Sonnenschein. Als eine, etwas überspitzt ausgedrückt, Art »schwarzes Schaf« präsentiert sich bereits seit längerem die Credit Suisse. 2021 ist das Unternehmen erstmals seit vier Jahren sogar in die roten Zahlen gerutscht. Grund sind hohe Belastungen im Hedgefonds-Geschäft sowie eine überteuerte Übernahme. Selbst wenn sich Konzernchef Thomas Gottstein bestens positioniert sieht beim Aufbau einer stärkeren und kundenorientierteren Bank, die nachhaltiges Wachstum generieren soll, ist ein schnelles Comeback nicht in Sicht. 2022 soll ein Jahr des Übergangs werden. Daher wundert es auch nicht, dass sich die CS-Aktie weiter gen Süden orientiert und sich das Gap zur UBS immer weiter öffnet (siehe Grafik 3).
Grafik 3: Chartvergleich Credit Suisse versus UBS
Indexiert: 24. Februar 2017 = 100
Derartige negative Ausreisser gab es zuletzt bei den US-Banken nicht. Eine Konjunkturerholung nach der Pandemie sowie ein florierendes IPO-Geschäft lassen bei den Big Playern bereits seit vielen Quartalen die Kassen klingeln. Dies spiegelt sich in den Geschäftsabschlüssen für 2021 wider. Durch die Bank wiesen die führenden Konzerne JPMorgan Chase, Citigroup, Goldman Sachs und die Bank of America Milliardengewinne aus (siehe Grafik 4). Selbst wenn zuletzt die Kostenseite etwas anzog und das Margenwachstum begrenzte, können sich die weiteren Aussichten durchweg sehen lassen. Das von der US-Fed angestrebte höhere Leitsatzniveau hat nämlich eine positive Auswirkung auf das Nettozinseinkommen, das der Differenz zwischen den Zinsen, die die Institute für Guthaben zahlen, und jenen, die sie bei Krediten bekommen, entspricht.
Grafik 4: US-Banken im Performancevergleich (5 Jahre)
Versicherer: Wahre Dividendenstars
Auch für die Versicherungsbranche sind die steigenden Zinsen ein positives Zeichen in Hinblick auf die erwarteten Ertragsaussichten. Doch bereits im zurückliegenden Jahr machte so mancher Branchenvertreter eine gute Figur. Unerwartet gut lief es beispielsweise bei der Allianz. Der deutsche Konzern, der seit dem Kauf des US-Asset-Managers Pimco auch eine Grösse in der Vermögensverwaltung ist, konnte seinen Umsatz um fast 6 Prozent auf 148,5 Milliarden Euro steigern. Der operative Gewinn legte sogar überproportional um fast ein Viertel zu und markierte mit 13,4 Milliarden Euro eine neue Bestmarke. Damit übertraf die Allianz nicht nur ihre erhöhte Prognose, sondern auch die durchschnittlichen Markterwartungen. Dies ist allerdings nur die eine Seite der Medaille. Für Rechtsstreitigkeiten mit Grosskunden in den USA musste der Konzern 3,7 Milliarden Euro zurücklegen, was letztlich zu einem leicht sinkenden Nettoergebnis führte. Damit möchte sich die Allianz aber nicht aus dem Tritt bringen lassen, bis 2024 peilt der Vorstand einen Anstieg des operativen Gewinns auf mindestens 14,5 Milliarden Euro an.
Eine komplett makellose Bilanz legte dagegen Zurich Insurance vor. Der Nettogewinn kletterte trotz mehrerer Naturkatastrophen um 36 Prozent auf 5,2 Milliarden US-Dollar empor, die Prämieneinnahmen erhöhten sich wiederum um ein Zehntel auf 55,8 Milliarden US-Dollar. In der Kernsparte Schaden- und Unfallversicherung, die für gut zwei Drittel der Prämieneinnahmen steht, wirtschaftete das Unternehmen so rentabel wie seit 15 Jahren nicht mehr. Das Management geht davon aus, dass sich das Konzernwachstum 2022 fortsetzen und mindestens bis 2023 anhalten wird. Die Aktionäre dürfen sich über eine Dividendenerhöhung um 10 Prozent freuen (siehe Grafik 5).
Grafik 5: Chartvergleich Allianz versus Zurich Insurance
Indexiert: 24. Februar 2017 = 100
Apropos Dividende: Versicherungsunternehmen sind im Allgemeinen als gute Dividendenzahler bekannt. So kommen die Anteile von Allianz und Zurich Insurance auf Renditen von über 5 Prozent. Bei der Swiss Re gibt es mit 6 Prozent sogar noch mehr zu holen. Selbst wenn die Münchener Rück und Swiss Life mit Werten von knapp unter 4 Prozent etwas abgeschlagen wirken, liegen auch diese Renditen deutlich über dem Durchschnitt (siehe Grafik 6). Zum Vergleich: Die 20 SMI-Mitglieder bringen es im Schnitt auf eine Verzinsung von 2,6 Prozent, der DAX sogar nur auf 2,2 Prozent.
Grafik 6: Dividendenrenditen im Vergleich
Die hohen Ausschüttungen sind aber nicht für Dividendenjäger interessant, oft positionieren sich Anleger erst kurz vor den Auszahlungen, die im Wesentlichen im April und Mai vonstatten gehen. Eine kurzfristig steigende Nachfrage nach den Titeln könnte sich wiederum in höheren Notierungen niederschlagen.
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Valor |
Basiswert |
Typ |
Stoppschwelle |
Handelsplatz |
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BNP Paribas |
Call |
42,89 EUR |
Swiss DOTS, BX Swiss |
|
BNP Paribas |
Put |
73,06 EUR |
Swiss DOTS, BX Swiss |
|
Credit Suisse |
Call |
6,47 CHF |
Swiss DOTS, BX Swiss |
|
Credit Suisse |
Put |
10,09 CHF |
Swiss DOTS, BX Swiss |
|
Deutsche Bank |
Call |
8,64 EUR |
Swiss DOTS, BX Swiss |
|
Deutsche Bank |
Put |
16,65 EUR |
Swiss DOTS, BX Swiss |
|
UBS |
Call |
11,32 CHF |
Swiss DOTS, BX Swiss |
|
UBS |
Put |
22,09 CHF |
Swiss DOTS, BX Swiss |
Faktor-Zertifikate
Valor |
Basiswert |
Strategie |
Faktor |
Handelsplatz |
---|---|---|---|---|
Allianz |
Long |
6 |
Swiss DOTS, BX Swiss |
|
Allianz |
Short |
–4 |
Swiss DOTS, BX Swiss |
|
Münchener Rück |
Long |
8 |
Swiss DOTS, BX Swiss |
|
Münchener Rück |
Short |
–8 |
Swiss DOTS, BX Swiss |
|
Swiss Life |
Long |
10 |
SIX Swiss Exchange |
|
Swiss Life |
Short |
–4 |
Swiss DOTS, BX Swiss |
|
Swiss Re |
Long |
6 |
SIX Swiss Exchange |
|
Swiss Re |
Short |
–4 |
Swiss DOTS, BX Swiss |
|
Zurich Insurance |
Long |
6 |
SIX Swiss Exchange |
|
Zurich Insurance |
Short |
–6 |
Swiss DOTS, BX Swiss |
Stand: 2. März 2022; Quelle: Société Générale
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