Analysen
Quantum Computing: Die Billionen-Wette
Neueste Fortschritte im Quantum Computing könnten den Beginn einer technologischen Zeitenwende markieren. Denn was heute noch in Laboren verborgen liegt, verspricht, morgen ganze Branchen wie auch die Finanzmärkte radikal zu verändern. Wer in die nächste Tech-Revolution investieren möchte, braucht allerdings eine hohe Risikobereitschaft.
Der Name Hartmut Neven dürfte wohl nur den wenigsten bekannt sein. Und doch hat der deutsche Informatiker vor wenigen Wochen in der Tech-Welt für eine Sensation gesorgt. Der Leiter von Googles Quantum AI Lab stellte in einem Labor in Kalifornien den neuen Algorithmus »Quantum Echoes« vor. Das Team um Neven zeigte damit erstmals, dass ein Quantencomputer einen überprüfbaren Rechenvorteil liefern kann. Der Algorithmus lief auf dem hauseigenen 105-Qubit-Chip Willow und bewältigte eine komplexe Aufgabe 13.000-mal schneller als der beste klassische Supercomputer. Konkret konnte Quantum Echoes die Struktur von Molekülen berechnen und ebnet damit den Weg zu Durchbrüchen etwa in der Medikamentenentwicklung oder auch Materialforschung. »Mit einem Quantenrechner können wir die Sprache der Natur sprechen und diese Komplexität bewältigen«, freute sich Neven.
Evolution des Quantencomputers
Quantum Echoes markiert also einen wichtigen Schritt, um Quantencomputer aus dem Experimentierstadium in reale Einsatzfelder zu führen. Dieser Durchbruch kommt aber keinesfalls aus dem Nichts, Quantum Computing hat eine gut 40-jährige Vorgeschichte. Die Idee, die Gesetze der Quantenphysik für die Informationsverarbeitung zu nutzen, geht auf die 1980er-Jahre zurück. Pioniere wie Paul Benioff und Richard Feynman postulierten erstmals, dass ein Quantencomputer bestimmte Berechnungen effizienter ausführen kann. Die praktischen Gehversuche der Technologie begannen in den 1990er-Jahren mit einem ersten 2-Qubit-Rechner. Zum Hintergrund: Anstatt wie herkömmliche Computer mit 0 oder 1 zu rechnen, verwenden Quantencomputer sogenannte Qbits. Das Revolutionäre daran ist, dass sie gleichzeitig eine Vielzahl von Zuständen annehmen können, was wiederum ermöglicht, riesige Mengen an Rechenoperationen parallel statt hintereinander ablaufen zu lassen. Die Quantenrechenleistung steigt rasant: Inzwischen sind die Qubits auf einem Chip im dreistelligen und gar vierstelligen Bereich angekommen. IBM präsentierte 2022 mit Osprey einen 433-Qubit-Prozessor, der der komplexeste seiner Art ist. Ein Jahr später kündigte »Big Blue« einen 1.121-Qubit-Prozessor Namens Condor an. Noch aber sind die Geräte für Fehler sehr anfällig und daher nur eingeschränkt nützlich. Das Problem ist: Je mehr Qubits zusammenarbeiten, umso mangelhafter wird das Ergebnis. Doch zeigen die Fortschritte wie Googles Quantum Echoes, dass Quantencomputer Schritt für Schritt zur praktischen Technologie reifen. Nach Ansicht von Deloitte wird ein technischer Wendepunkt erreicht, wenn genaue Berechnungen mit 200 bis 1.000 zuverlässigen logischen Qubits durchgeführt werden können.
Dynamisches Wachstum
Diese wachsenden Fähigkeiten wecken enorme wirtschaftliche Erwartungen. Nach Schätzungen von McKinsey könnten die drei Kernsäulen der Quantentechnologie (QT), Quantencomputing, -kommunikation und -sensoring, bis 2035 zusammen einen Umsatz von bis zu 97 Milliarden US-Dollar erzielen. Dabei wird das Quantencomputing den Grossteil dieses Umsatzes erfassen und von 4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2024 auf bis zu 72 Milliarden US-Dollar im Jahr 2035 steigen (siehe Grafik 1). Zwar wird sich QT auf viele Branchen auswirken, allerdings gehen die Experten davon aus, dass die Chemie-, Bio-, Finanz- und Mobilitätsbranchen den Prognosen zufolge das grösste Wachstum verzeichnen werden. Bis 2040 ist laut McKinsey dann noch einmal eine Verdoppelung des gesamten QT-Markts auf 198 Milliarden US-Dollar möglich. Aus heutiger Sicht entspricht das durchschnittlichen Wachstumsraten in den kommenden Jahren von rund 27 Prozent, was das Quantum Computing zu einem der am schnellsten wachsenden Technologiemärkte machen würde.
Auch die Investitionen ziehen an, sowohl die privaten als auch die staatlichen. Im vergangenen Jahr sind weltweit fast 2 Milliarden US-Dollar in QT-Start-ups geflossen, ein Anstieg von 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auf die Finanzierung von Venture-Capital- und Private-Equity-Unternehmen entfielen zwei Drittel dieser Gesamtsumme, das restliche Drittel auf die öffentliche Finanzierung (siehe Grafik 2). Dass QT verstärkt als strategisch wichtig erachtet wird, zeigt sich an den jüngsten Förderinitiativen in den USA, Europa und Asien gleichermassen. Die wachsende Begeisterung kommt nicht von ungefähr: Laut einer neuen Analyse von »The Quantum Insider« könnte der globale Markt für Quantencomputer zwischen 2025 und 2035 einen zusätzlichen Umsatz von über 1 Billion US-Dollar zur Weltwirtschaft beitragen. Konkret sichtbar wird das Potenzial in einzelnen Branchen: Beispielsweise können Algorithmen in der Finanzindustrie Portfolios optimieren, im Pharmasektor die Wirkstoffsuche beschleunigen und in der Fertigung die Abläufe optimieren.
Wer mischt mit im Quantencomputing?
Sollte der technologische Durchbruch gelingen, steht also eine Vielzahl von Sektoren vor einer Disruption, vergleichbar mit dem Aufkommen des Internets oder der KI – nur dass dieses Mal Quantenphysik der Wegbereiter ist. Daher wundert es nicht, dass sich sowohl Tech-Giganten als auch spezialisierte Start-ups im Quantenrennen positionieren. Schwergewichte wie Alphabet (Google), IBM, Microsoft, Amazon und Intel investieren massiv in die Hard- und Softwareentwicklung. Wie eingangs erwähnt, zählt Google Quantum AI nicht nur zu den erfolgreichsten Entwicklern, sondern auch zu den optimistischsten. Google-Experte Neven erwartet, dass man innerhalb von fünf Jahren erste reale Anwendungen sehen wird. Das wäre für das Unternehmen ein weiterer Meilenstein, denn Alphabet kann seine Cloud-Infrastruktur nutzen, um QT als Dienst anzubieten. Auch Microsoft verfügt mit der Azure Quantum Plattform über einen Cloud-Dienst, der den Zugang zu verschiedenen Quantencomputern bündelt, beispielsweise von Partnern wie IonQ. Der Softwareriese fokussiert sich allerdings auf einen etwas anderen technischen Ansatz, der Entwicklung von sogenannten topologischen Qubits. Diese versprechen, von Natur aus stabiler zu sein und weniger Fehlerkorrekturen zu benötigen.
Amazon tritt dagegen eher als Vermittler und Dienstleister auf. Über Amazon Braket ist bereits heute ein Cloud-Zugang zu Quantenrechnern verschiedener Bauarten, von D-Wave’s Annealing Chips bis IonQ’s Ionenfallen möglich. Wenn Quantenhardware also marktreif wird, kann Amazon sie sofort einem breiten Publikum verfügbar machen. Bei eigenen Entwicklungen ist Amazon dagegen eher ein Nachzügler. Ganz im Gegenteil zu IBM, der ein Pionier in der QT ist. Der Konzern betreibt eines der umfangreichsten Quantenprogramme. Deren supraleitenden Qubits brechen Jahr für Jahr Rekorde. Als etabliertes Unternehmen mit vielen Industriepartnerschaften hat IBM gute Chancen, früh lukrative Anwendungen umzusetzen (siehe Grafik 3).
Auch die Chiphersteller sind mit von der Partie. So arbeitet Intel mithilfe der Silizium-Halbleitertechnik an Spin-Qubits, die herkömmlichen Transistoren ähneln und somit in bestehenden Fabriken produziert werden könnten. Der derzeitige Stand sind kleine Qubit-Chips wie der 12-Qubit-Prozessor Tunnel Falls. In diesem Bereich fehlen darf natürlich auch nicht der Grafikkartenspezialist NVIDIA. Das weltgrösste börsennotierte Unternehmen positioniert sich einerseits durch Softwarelösungen wie der cuQuantum-Bibliothek, mit der sich Quantenalgorithmen auf GPUs simulieren lassen, andererseits durch hybride Systeme wie den DGX Quantum, eine Kombination aus NVIDIAs neuesten GPU-Superchip und einem Quanten-Kontrollgerät. CEO Jensen Huang rechnet aber nicht mit einem schnellen Durchbruch von QT. Seiner Ansicht nach sind einsetzbare Quantencomputer noch 15 bis 30 Jahre entfernt.
Der südkoreanische Elektronikriese Samsung möchte den US-Konzernen das Spielfeld nicht alleine überlassen. Der Halbleiterhersteller plant, künftig Bauteile für Quantencomputer zu liefern, beispielsweise spezialisierte Cyro-Chips oder auch Steuerungselektronik. Daneben investiert der Konzern in Quantum-Start-ups: 2019 führte Samsung eine 55-Millionen-US-Dollar-Finanzierungsrunde bei IonQ an. Apropos Start-ups: Junge, innovative Unternehmen treiben die Entwicklungen in diesem Bereich ebenfalls mit an. Dazu zählen unter anderem D-Wave und Rigetti Computing. Erstgenannter konzentriert sich auf Quanten-Annealer, also Rechner, die Optimierungsprobleme lösen. Die kanadische D-Wave brachte bereits mehrere Generationen dieser Systeme heraus und hat sich auch schon einen namhaften Kundenstamm erarbeitet, unter anderem stehen VW und Denso auf der Liste. Rigetti ist dagegen ein US-Start-up, das auf supraleitende Quantenchips ähnlich wie IBM und Google setzt. Als kleines, reines Quantenunternehmen verfolgt Rigetti einen ganzheitlichen Ansatz, es entwickelt eigene Prozessoren, Software und eine Cloud-Plattform.
Nichts für schwache Nerven
Die Kursverläufe der jungen Quanten-Spezialisten zeigen, dass Anleger ein strapazierfähiges Nervenkostüm brauchen. Nach einem Husarenritt der D-Wave-Aktie zwischen Januar und Mitte Oktober, in dem der Kurs sich mehr als verfünffachte, kam es nun zu einer scharfen Gegenbewegung. Der Titel gab innerhalb von rund vier Wochen um die Hälfte nach. Noch ausgeprägter war das Auf und Ab bei Rigetti (siehe Grafik 4). Die grossen Tech-Player, die sich ebenfalls in der QT bewegen, weisen dagegen deutlich geringere Ausschläge auf. Investments in etablierte Konzerne mit Quantum-Aktivitäten wie Alphabet & Co. bieten eine gewisse Absicherung, da diese Unternehmen noch über andere profitable Geschäftsbereiche verfügen. Trotz aller Unwägbarkeiten, welche Technologie sich letztlich durchsetzen wird und wann bahnbrechende Anwendungen real werden, hat die Quantenrevolution begonnen. Der Durchbruch wird nicht sofort, sondern Schritt für Schritt erfolgen, und mit jeder positiven Quantum-Nachricht aus den Labors rückt die Vision ein Stück näher.
Produkte auf Unternehmen mit Bezug zur Quantentechnologie
Unlimited Turbo-Zertifikate
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Valor |
Basiswert |
Typ |
Stoppschwelle |
Handelsplatz |
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Alphabet |
Call |
236,9100 USD |
Swiss DOTS |
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Alphabet |
Put |
350,7900 USD |
Swiss DOTS |
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Amazon |
Call |
186,0600 USD |
Swiss DOTS |
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Amazon |
Put |
266,0000 USD |
Swiss DOTS |
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Intel |
Call |
28,7400 USD |
Swiss DOTS |
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Intel |
Put |
40,0000 USD |
Swiss DOTS |
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Microsoft |
Call |
363,4495 USD |
Swiss DOTS |
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Microsoft |
Put |
557,3800 USD |
Swiss DOTS |
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NVIDIA |
Call |
139,8600 USD |
Swiss DOTS |
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NVIDIA |
Put |
227,8700 USD |
Swiss DOTS |
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Samsung Electronics |
Call |
1.297,9300 USD |
Swiss DOTS |
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Samsung Electronics |
Put |
1.958,3200 USD |
Swiss DOTS |
Faktor Zertifikate
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Strategie |
Faktor |
Handelsplatz |
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Alphabet |
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Alphabet |
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Long |
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Intel |
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Long |
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Microsoft |
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NVIDIA |
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NVIDIA |
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Samsung Electronics |
Long |
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Swiss DOTS |
Stand: November 2025; Quelle: Société Générale
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