Zeitgeist

Fokus auf die Giganten der Lüfte

Weltweit stehen Planespotter an Start- und Landebahnen, um Flugzeuge unterschiedlichster Art zu fotografieren. Auch in der Schweiz bringt diese spezielle Community spektakuläre Aufnahmen hervor.

Gleich zu Beginn des Jahres rückte Davos wieder einmal in den Fokus der Weltöffentlichkeit. Spitzenpolitiker, Topmanager, Wissenschaftler sowie die Vertreter von zahlreichen Organisationen kamen in der höchstgelegenen Stadt Europas zum World Economic Forum, kurz WEF, zusammen. Nachdem der Top-Anlass 2022 pandemiebedingt erstmals im Mai stattgefunden hatte, kehrte er jetzt auf den gewohnten Wintertermin zurück. Das WEF zieht nicht nur Politik, Wirtschaft und Medien in seinen Bann. Ein echtes Highlight stellt es auch für die Planespotter dar. Dieser, aus den englischen Wörtern für Flugzeug (plane) und Späher (spotter) bestehende Begriff steht für ein spezielles Hobby: die Beobachtung und Fotografie von Flugzeugen.

Die Ursprünge der globalen Planespotter-Community gehen auf die Zeit des Zweiten Weltkrieges zurück. Damals riefen verschiedene Länder ihre Bewohner dazu auf, Flugzeuge zu beobachten. Vor allem Grossbritannien wollte die Bevölkerung auf diese Weise vor Bombenangriffen schützen. Auf der Insel wurde das Planespotting damals von der Royal Observer Corps organisiert. Diese Zivilschutzeinrichtung beteiligte sich ab 1941 an der Veröffentlichung von »The Aeroplane Spotter«. In dem zwölfseitigen Printmagazin waren Bilder und Texte zu den wichtigsten Flugzeugtypen enthalten. Wenige Jahre nach Kriegsende wurde die Publikation eingestellt. Heute spielt sich die Aviation-Leidenschaft vor allem im Internet ab.

Ausrüstung und Standorte
Die Digitalisierung hat nicht nur die Art der Kommunikation respektive Veröffentlichung von Bildern verändert. Waren sie lange Zeit auf Filme und deren analoge Entwicklung angewiesen, sind die meisten Fotografen heute mit hochwertigen Digitalkameras unterwegs. Neben diesen Geräten zählen Fernglas, Stativ, mitunter ein Funkgerät sowie eine kleine Leiter zur Grundausrüstung. Mit diesen Utensilien sind die Spotter – häufig dicht gedrängt – an Zäunen vor Start- und Landebahnen sowie auf den Besucherhügeln oder -terrassen von Flughäfen anzutreffen.

An den meisten Airports sind die Fotografen willkommen. Der Flughafen Zürich weisst auf einer »Spotter-Map« die wichtigsten Beobachtungsstandorte aus. Neben zwei Terrassen zählen dazu der Spotterhügel im Westen sowie sechs weitere Punkte im Norden, Osten und Süden der drei Start- und Landebahnen. Im Besucherprogramm des Flughafens Zürich ist sogar eine spezielle Fototour enthalten. Zweieinhalb Stunden lang sind die Teilnehmer mit einem Guide auf dem Gelände des Airports mit dem internationalen Kürzel »ZRH« unterwegs. Dabei werden interessante Fotosujets nach den Wünschen der Gäste angesteuert. Die Anmeldung ist bis zu 48 Stunden vor Beginn möglich, die Teilnahmegebühr beträgt 40 Schweizer Franken pro Person – mehr dazu auf der Internetsite www.flughafen-zuerich.ch.

Ein Ohr im Cockpit
Eine weitere Besonderheit am wichtigsten Schweizer Airport ist die Möglichkeit, den Flugfunk mitzuhören. Über die Webpage liveatc.net können unterschiedliche Frequenzen abgerufen werden. Auf diese Weise sind die Planespotter live beim regen Treiben in der Luft sowie am Boden dabei. Sie bekommen also mit, welche Flieger sich gerade annähern, abgefertigt werden respektive die Limmatstadt verlassen. Ein wichtiges und häufig genutztes Tool ist hierfür auch flighradar24. Auf diesem Portal wird der globale Flugverkehr in Echtzeit abgebildet. Symbole auf einer Weltkarte führen zu Flug- und Registrierungsnummern – die Kennzeichen von Jets und Helikoptern sind auch für die Planespotter ein wichtiges Erkennungs- und Unterscheidungsmerkmal.

Zu den Stammgästen auf dem ZRH-Areal zählen die Mitglieder von Airside Foto Zürich (AFZ). An Neujahr konnte dieser Verein sein 20. Jubiläum feiern. Von der Gründerversammlung wurde Ende 2002 folgender Zweck festgeschrieben: »Das Fotografieren von Flugzeugen innerhalb des Zürcher Flughafengeländes an ausgewählten und bestmöglichen Orten.« Ausserdem widmet sich der Verein »der Zusammenarbeit mit anderen gleichgesinnten Organisationen auf in- und ausländischen Flughäfen«, unternimmt Reisen und arbeitet mit der Flughafen-Betreibergesellschaft zusammen. »Immer in der ersten Reihe mit dem AFZ«, dieses Motto geben die Verantwortlichen auf der Internetseite airsidefoto.ch aus.

Dickes Fotoalbum
Dieser Anspruch galt übrigens auch während des WEF 2023, als die Mitglieder an mehreren speziellen Fotorundfahrten teilnehmen konnten. Die »Air Force One« als eines der wohl begehrtesten Objekte der Planespotter haben sie wohl nicht vor die Linse bekommen. Grund: US-Präsident Joe Biden blieb dem Forum fern. Als die berühmte Boeing 747 seinen Vorgänger Donald Trump samt Entourage vor fünf Jahren in die Schweiz brachte, war der Andrang an den Spots riesig. Trotz Bidens Absage dürfte auch das diesjährige WEF den Planespottern jede Menge Gelegenheiten geboten haben, Regierungsmaschinen und Privatjets abzulichten. Wer das Ergebnis sehen möchte, sollte auf ZRH-Spotters.ch fündig werden. Unter dieser Adresse betreibt Bruno Geiger eine Luftfahrt-Bilderdatenbank mit mehr als 6.400 Fotografien. Beim Schmökern durch die bis zu 60 Jahre alten Aufnahmen bekommt man einen guten Einblick in diese spezielle Leidenschaft und erkennt gleichzeitig, wie sich Design und Optik der Maschinen im Laufe der Zeit verändert haben.