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Börsengänge sind wieder en vogue

Derzeit gelingt rekordverdächtig vielen Unternehmen der Sprung auf das Parkett. Beinahe am laufenden Band verzeichneten die weltweiten Aktienmärkte im dritten Quartal Neuzugänge. Die Neuemissionspipeline ist weiterhin prall gefüllt, sodass sogar Chancen auf eine Jahresendrally bestehen. Anleger müssen aber nicht auf die weiteren Kandidaten warten, sondern können mit ausgesuchten Hebelprodukten auf die bereits kotierten Newcomer setzen.

Zu einem im wahrsten Sinne des Wortes spektakulären Börsengang kam es Mitte September. Erstmals strebte mit der südkoreanischen BTS eine Pop-Gruppe auf den Kapitalmarkt. Zugegeben, nicht die siebenköpfige Boyband selbst, sondern das Plattenlabel Big Hit Entertainment wurde kotiert. Allerdings stammen knapp 90 Prozent der Erlöse von BTS. Ebenso wie ihre Musik wurde auch der Sprung auf das Parkett ein Erfolg: Die Aktie startete mit dem Doppelten des Ausgabepreises und legte anschliessend weiter um bis zu 30 Prozent zu.

Es bedarf allerdings nicht zwangsläufig eines exotischen Börsengangs, um derartige Kursaufschläge zu erzielen. Auch an der US-Technologiebörse Nasdaq waren Preisanstiege im dreistelligen Prozentbereich am ersten Handelstag zuletzt eher die Regel als eine Ausnahme. Bestes Beispiel Snowflake: Die Papiere des Cloud-Datenplattform-Betreibers wurden zu einem – mehrmals im Vorfeld erhöhten – Emissionspreis von 120 US-Dollar ausgegeben und kletterten im Handelsverlauf auf bis zu 319 US-Dollar empor. Dies entsprach in der Spitze einem Anstieg von 166 Prozent.

Dass derzeit ein regelrechter IPO-Boom herrscht, zeigt eine aktuelle Analyse des Beratungs- und Prüfungsunternehmens EY. Nach einem schwachen ersten Semester schossen die Börsenneulinge im dritten Quartal förmlich aus dem Boden. In den drei Monaten von Juni bis September wurden weltweit 447 IPOs mit einem Emissionsvolumen von insgesamt 95 Milliarden US-Dollar gezählt (siehe Grafik 1 und 2). Das war das stärkste dritte Quartal seit zwei Jahrzehnten. Im Vergleich zum Vorjahr nahm die Anzahl um 78 Prozent, das Volumen gar um 138 Prozent zu.

Grafik 1: Weltweites Emissionsvolumen
Grafik 2: Anzahl globaler Börsengänge

Corona wirbelt IPO-Kalender durcheinander
Eine »IPO-Lawine« mitten in der heissen Jahreszeit ist nicht üblich, vielmehr herrscht zu dieser Zeit Sommerpause. »In diesem Jahr ist alles anders«, konstatiert IPO-Experte Martin Steinbach von EY und fügt hinzu: »Ausgerechnet das traditionell schwache dritte Quartal erweist sich nun als das stärkste des bisherigen Jahresverlaufs.« Schuld an dem Durcheinander hat die Pandemie, die den Neulingen monatelang die Stimmung vermieste. Eine vorübergehende Entspannung in der Coronakrise sowie eine hohe Liquidität trieben die Kapitalmärkte kräftig an und erschufen so einen perfekten Nährboden für erfolgreiche Börsengänge. Angekurbelt wurde das IPO-Geschehen in den ersten neun Monaten von grossen und prominenten Transaktionen in der Technologie- und der Gesundheitsbranche. Allein 32,6 Prozent des weltweiten Emissionsvolumens entfielen auf Tech-Börsengänge. Die Nummer 2 sind mit einem Anteil von etwas mehr als einem Fünftel Unternehmen aus dem Healthcare-Sektor (siehe Grafik 3).

Grafik 3: Branchenanteil am weltweiten Emissionsvolumen (9M 2020)

Die weltweit grösste Emission im abgelaufenen Quartal gelang dem chinesischen Chip-Hersteller Semiconductor Manufacturing International mit 7,5 Milliarden US-Dollar. Der bereits eingangs erwähnte US-Softwarespezialist Snowflake erzielte mit 3.9 Milliarden US-Dollar ebenfalls ein beachtliches Volumen. Allerdings handelt es sich dabei in Relation zu dem, was noch kommen könnte, um sprichwörtliche »Peanuts«. Mit der Alibaba-Tochter Ant Financial steht nämlich ein absolutes Schwergewicht in den Startlöchern. Der Betreiber des weltweit bekannten Zahldienstes Alipay, der Nummer 1 auf dem asiatischen Markt, strebt diesen Herbst eine parallele Kotierung in Hongkong und Shanghai an. Das Unternehmen rechnet bei der Erstnotiz mit einem Emissionsvolumen von mehr als 34 Milliarden US-Dollar. Geht der Plan der Chinesen auf, würde dies den ersten Platz im weltweiten Ranking noch vor dem momentanen Spitzenreiter Saudi Aramco bedeuten (siehe Tabelle 1).

Tabelle 1: Die weltweit zehn grössten Börsengänge

Unternehmen

Börsendebüt

Herkunft

Volumen in Mrd. US-Dollar

Saudi Aramco

2019

Saudi-Arabien

29,4

Alibaba

2014

China

25,0

Softbank

2018

Japan

23,4

Bank of China

2010

China

22,1

ICBC

2006

China

22,0

AIA

2010

Hongkong

20,5

Visa

2008

USA

19,7

General Motors

2010

USA

18,1

NTT

1998

Japan

18,1

Enel

1999

Italien

16,6

Quelle: Thomson Reuters

Während das Neuemissionsgeschäft in fernen Ländern boomt, herrscht hierzulande beinahe tote Hose. Lediglich der Haushaltsgerätehersteller V-Zug sowie die Immobiliengesellschaft Ina Invest sind im laufenden Jahr am Aktienmarkt in Zürich neu hinzugekommen. Eigentlich sollte im Oktober mit Epic die Nummer 3 folgen, der Gewerbeimmobilienspezialist sagte den geplanten Börsengang Ende September aufgrund der Marktbedingungen allerdings ab. Bei unseren Nachbarn in Deutschland wird dagegen deutlich mehr geboten. Allein zwischen Juni und September schafften es sechs deutsche Unternehmen auf den Kurszettel, darunter auch Siemens Energy. Dabei handelt es sich um das bisher grösste Spin-off eines DAX-Konzerns. Auch wenn die Notierungsaufnahme nicht sonderlich energiegeladen vonstattenging – die Aktie bewegt sich seither seitwärts –, steht das Unternehmen operativ im wahrsten Sinne des Wortes unter Strom. Rund ein Sechstel der weltweit erzeugten Elektrizität basiert auf der Technologie der Münchner. Egal, ob Turbinen für konventionelle Kraftwerke oder Engagements in regenerative Energien, Siemens Energy ist breit aufgestellt. Das soll sich auch langfristig auf die Ertragskraft auswirken. Lag die operative Marge im Geschäftsjahr 2018/2019 (30. September) bei 5,3 Prozent, soll sie sich bis 2022/2023 auf 6,5 bis 8,5 Prozent verbessern.

Biotechnologie …
Andere deutsche Unternehmen wie der Display-Produzent VIA Optronics oder die in Sachen Covid-19 hoch gehandelte Impfstoff-Firma CureVac wählten bei ihrem Börsengang die USA. Die Tübinger Biotech-Schmiede, an der neben Milliardär Dietmar Hopp auch die Bundesregierung beteiligt ist, wandert damit auf den Pfaden der Mainzer BioNTech, die im vergangenen Jahr ebenfalls an die Nasdaq strebte (siehe Grafik 4). Auch bei der Corona-Impfstoffentwicklung hat BioNTech die Nase vorn. Während CureVac soeben die klinische Phase-2a-Studie seines Kandidaten »CVnCOV« startete und mit ersten Ergebnissen im vierten Quartal rechnet, peilt BioNTech zusammen mit seinem Partner Pfizer bereits einen Zulassungsantrag Ende November an. Sollte es tatsächlich noch zu einer Genehmigung in diesem Jahr kommen, könnte das Unternehmen weltweit bis zu 100 Millionen Einheiten und bis Ende 2021 rund 1,3 Milliarden Einheiten des Impfstoffs herstellen.

Grafik 4: CureVac versus BioNTech (seit IPO von CureVac)

… und Software im Rampenlicht
Die Pandemie sorgt aber nicht nur dafür, dass zurzeit viel Licht auf die Biotech-Branche fällt, auch bringt das Virus die Digitalisierung in den Vordergrund. Ein Leuchtturm in diesem Bereich ist Snowflake. Der US-Konzern gilt als Vorzeige-Unternehmen im Cloud-Computing, in die sogar Berkshire Hathaway, das Investmentvehikel von Warren Buffett, eingestiegen ist. Snowflake bietet seinen Kunden eine Plattform, um riesige Datenmengen im Internet zu speichern, verwalten und analysieren. Um Daten dreht sich auch alles beim Börsenneuling Palantir. Der Big-Data-Konzern ist im September per Direktlisting an die NYSE gestrebt und notiert momentan mehr als ein Viertel über dem Referenzpreis von 7,25 US-Dollar (siehe Tabelle 2). Das Unternehmen, das Experten zufolge über einen überlegenen Algorithmus verfügt, wächst rund 50 Prozent pro Jahr und zählt unter anderem die US-Regierung zu seinen Auftraggebern. Die Bewertung der beiden Unternehmen klafft weit auseinander: Während für Palantir derzeit die rund 13-fachen der für 2021 erwarteten Erlöse bezahlt werden, liegt der Quotientenwert von prognostiziertem Umsatz zu Marktkapitalisierung bei Snowflake bei über 100.

Tabelle 2: Ausgewählte Börsengänge 2020

Unternehmen

Land

Branche

Emissionstag

Ausgabepreis

Performance*

Bentley Systems

US

Software

23.09.2020

22,00 USD

71,4 %

CureVac

DE

Biotech

14.08.2020

16,00 USD

207,1 %

JFrog

US

Software

16.09.2020

44,00 USD

75,9 %

Ina Invest

CH

Immobilien

12.06.2020

22,42 CHF

–21,1 %

Knaus Tabbert

DE

Wohnmobile

23.09.2020

58,00 EUR

3,3 %

Palantir

US

Software

30.09.2020

7,25 USD

26,9 %

Siemens Energy

DE

Energietechnik

28.09.2020

22,01 EUR**

–6,1 %

Snowflake

US

Software

16.09.2020

120,00 USD

125,2 %

Unity Software

US

Software

18.09.2020

52,00 USD

75,00 %

V-Zug

CH

Haushaltsgeräte

25.06.2020

72,00 CHF

–4,7 %

Stand: 23. Oktober 2020; Quelle: Reuters; *im Vergleich zum Ausgabepreis; **erster Kurs

Auch in der Schweiz hat es vor nicht allzu langer Zeit eine Tech-Firma auf das Parkett geschafft. Die in Stans ansässige SoftwareONE, die Kunden mit ihrer Plattform »PyraCloud« hilft, ihre Software zu verwalten, strebte nahezu exakt vor einem Jahr zu einem Kurs von 18 Schweizer Franken an die Börse. Auch wenn der Frischling aufgrund des Corona-Crashs auf ein volatiles erstes Jahr zurückblickt, notiert der Titel derzeit mehr als 40 Prozent über der Erstnotiz (siehe Grafik 5). Dass das Unternehmen am Kapitalmarkt gut ankommt, zeigte eine jüngste Platzierung eines ehemaligen Grossaktionärs Raiffeisen Informatik. Dieser hatte Anfang Oktober seine rund 4,4 Millionen verbleibenden Aktien zu einem Preis von 25,25 Schweizer Franken pro Anteilsschein verkauft. Auch operativ läuft es: Das Unternehmen profitiert vom Homeoffice-Boom und konnte so im ersten Semester Umsatz und Gewinn steigern. Der Trend soll weiter anhalten. CEO Dieter Schlosser bestätigte zum Halbjahr den mittelfristigen Ausblick bis 2022, der ein zweistelliges Gewinnwachstum vorsieht.

Grafik 5: Wertentwicklung SoftwareONE seit IPO

Emissionspreis: 18 Schweizer Franken

Zahlreiche Börsenaspiranten
Was den hiesigen Finanzplatz betrifft, sind durchaus weitere IPO-Kandidaten in der Pipeline zu finden. Einer davon ist der Pharmazulieferer Polypeptide. Medienberichten zufolge plant die Gesellschaft, im kommenden Jahr bis zu eine halbe Milliarde Schweizer Franken aufzunehmen, um künftiges Wachstum zu finanzieren. Das Familienunternehmen entwickelt und produziert Peptide, also Wirkstoffe, die zum Beispiel in Krebsmedikamenten oder Impfstoffen zum Einsatz kommen.

Aber auch dieses Jahr ist noch nicht aller Tage Abend. Sollten sich die Rahmenbedingungen nicht gravierend verschlechtern, könnte sich der globale IPO-Boom weiter fortsetzen. Zu diesem Ergebnis kommen zumindest die Experten von EY, die gar eine Jahresendrally bei den Börsengängen für möglich halten. Allerdings warnt das Analyseunternehmen auch vor potenziellen Risiken für die Newcomer: Steigende Neuinfektionen, eine anhaltende Spannung zwischen China und den USA sowie der Brexit gelten als Unsicherheitsfaktoren.

Generell dürften die USA auch im Rest des Jahres der globale Magnet für Börsengänge bleiben. Einer der prominentesten Kandidaten für ein IPO in Übersee ist die Zimmervermittlungsplattform Airbnb. Insidern zufolge möchte das Unternehmen den Antrag im November nach der US-Wahl stellen, um dann im Dezember an die Börse zu gehen. Rund 3 Milliarden US-Dollar verspricht sich Airbnb Medienberichten zufolge von einem Börsengang. Auch die Dating-App Bumble plant angeblich eine Milliarden-Platzierung. Die Bewertung könnte zwischen 6 und 8 Milliarden US-Dollar liegen. Der Antiviren-Spezialist McAfee versucht dagegen ein Comeback. Der 1987 gegründete Pionier im IT-Sicherheitsgeschäft war bis zur Übernahme durch Intel 2010 bereits kotiert. 2017 verkaufte der Chip-Riese das Unternehmen wieder. Mehrheitseigentümer ist nun der Finanzinvestor TPG. Diese prominenten Beispiele zeigen, dass auch in den kommenden Monaten auf dem IPO-Markt einiges geboten werden dürfte.

Anlageidee: Ausgewählte Trading-Produkte auf verschiedene Börsenneulinge

Unlimited Turbo-Optionsscheine

Valor

Basiswert

Typ

Stoppschwelle

Handelsplatz

57250639

Alibaba

Call

274,50 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

56775209

Alibaba

Call

263,89 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

55694616

Alibaba

Put

376,54 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

57496652

BioNTech

Call

74,85 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

57250643

BioNTech

Call

69,86 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

57250641

BioNTech

Call

59,84 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

57250940

Palantir

Call

7,06 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

57250948

Palantir

Call

8,62 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

57598961

Palantir

Call

9,29 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

57497413

Siemens Energy

Call

13,93 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

57497416

Siemens Energy

Call

19,90 EUR

Swiss DOTS, BX Swiss

52609199

SoftwareONE

Call

12,71 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

57089786

Snowflake

Call

175,11 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

57089791

Snowflake

Call

199,27 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

57497653

Snowflake

Call

233,30 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

57598945

CureVac

Call

35,14 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

57598946

CureVac

Call

40,15 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

57598947

CureVac

Call

45,14 USD

Swiss DOTS, BX Swiss

Stand: Oktober 2020; Quelle: Société Générale

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