Commerzbank Analysen

Den neuen Blockbustern auf der Spur

Das Coronavirus hält die Welt derzeit in Atem. Die Weltgesundheitsorganisation hat sogar einen internationalen Notstand deswegen ausgerufen. Aber auch Krankheiten wie Krebs und Diabetes breiten sich immer weiter aus. Um den zunehmenden Bedrohungen Einhalt zu gebieten, sind insbesondere die Pharma- und Biotech-Konzerne gefragt. Der Wettlauf um die besten Medikamente sorgt auch an der Börse für Kursbewegungen – und ermöglicht Anlegern Trading-Chancen.

Apokalyptische Szenarien rund um einen Super-Killer-Virus gibt es schon lange. Wie so etwas aussehen kann, hat Regisseur Steven Soderbergh 2011 in seinem Thriller »Contagion« schockierend aufgezeigt. Das Überspringen von Viren von Tier zu Mensch, wie es auch immer wieder in der realen Welt vorkommt, endet in einer Pandemie weltweiten Ausmasses und löscht die halbe Menschheit aus.

Unerklärliche Outbreaks von Viren und resistenten Bakterien häufen sich tatsächlich. So forderte die »Spanische Grippe« vor rund 100 Jahren schätzungsweise 50 Millionen Todesopfer. Auch bei der »Asia-Grippe« 1957 und 1968, ausgelöst durch vermutlich mutierte Vogelviren, kamen Millionen Menschen zu Schaden. 2002/2003 breitete sich dann von China aus die Infektionskrankheit »SARS« auf nahezu die ganze Welt aus, 2012 folgte »MERS«. In beiden Fällen waren die Erreger Coronaviren, die eng mit dem derzeitigen Erreger 2019-nCoV verwandt sind.

Ernsthafte Bedrohung
Die Geschwindigkeit, in der sich das neue Coronavirus ausbreitet, übertrifft allerdings jene von MERS und SARS um Längen. In der besonders schwer betroffenen chinesischen Provinz Hubei hat sich zwischenzeitlich die Zahl der neu nachgewiesenen Infektionen innerhalb eines Tages verzehnfacht, die Todesfälle mehr als verdoppelt. Die Angst vor einer Ansteckung steigt weltweit. So erklärte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus, dass der Ausbruch des Virus einen Notfall für China darstelle und auch eine »ernsthafte Bedrohung für den Rest der Welt« sei. Nach einer Einschätzung des Robert Koch-Instituts kann es sogar zu einer weltweiten Ausbreitung des Virus im Sinne einer Pandemie kommen.

Um das zu verhindern, forschen weltweit zahlreiche Institute und Unternehmen an Medikamenten sowie einem Impfstoff. Dazu stellt beispielsweise die EU 10 Millionen Euro Forschungsgelder zur Verfügung. Auch die globale Impfstoff-Koalition CEPI unterstützt finanziell vier entsprechende Forschungsprogramme, darunter jene der Biotech-Schmieden Moderna, CureVac, Inovio und das der University of Queensland. Erstgenanntes Unternehmen verfügt über eine Plattform, mithilfe derer ein potenzieller Impfstoff in Rekordzeit entwickelt werden kann. Die Entwicklung ist aber nur die eine Seite der Medaille, eine Zulassung und Produktion die andere. Hier dämpft Thomas Breuer, Chief Medical Officer der Impfstoffsparte des britischen Pharmakonzerns GlaxoSmithKline, allzu grosse Hoffungen: »Wir sprechen von mindestens 12 bis 18 Monaten.«

Grafik 1: Weltweite Erlöse verschreibungspflichtiger Medikamente

Hohe Kursausschläge
Nur allein deshalb, weil Moderna und Inovio im CEPI-Programm dabei sind, legten deren Kurse an der Börse sprunghaft zu. Beide verzeichneten allein an einem Tag einen Zuwachs von mehr als 15 Prozent. Während dem Duo allerdings schnell die Luft ausging, arbeitet sich die Notierung des US-Biotech-Riesens Gilead Sciences peu à peu nach oben. Nicht ohne Grund: Geht es um die Bekämpfung des Virus, hat das Unternehmen nämlich längst ein potenzielles Mittel im Köcher: Das Anti-Virus-Medikament Remdesivir, das die chinesischen Behörden bereits zur Behandlung für klinische Versuche zugelassen haben, da es auch bei SARS und MERS gute Ergebnisse zeigte. Kurszuwächse waren auch bei anderen Biotech- und Pharmaunternehmen auszumachen. So schossen die Titel des US-Pharmariesens AbbVie nach oben, nachdem bekannt wurde, dass dessen HIV-Mittel Lopinavir und Ritonavir ebenfalls getestet werden. Vir Biotechnology verfügt wiederum über eine Bibliothek mit mehreren Antikörpern, die Coronaviren neutralisieren können. Gefragt ist zudem Qiagen. Die Testprodukte der Biotech-Firma für den Nachweis von Krankheiten erfreuen sich einer hohen Nachfrage. An verschiedenen Test-Lösungen für das Coronavirus wird gearbeitet.

Es gibt aber auch bereits Unternehmen, die konkrete Umsätze rund um den gefährlichen Erreger machen. Dazu zählt Alpha Pro Tech. Der Medizintechnik-Ausrüster, dessen Aktien sich seit Mitte Januar um sagenhafte 75 Prozent verteuerten, stellt Mundschutz und Schutzmasken her. Wegen der Angst vor einer Ansteckung sind diese in Asien momentan heiss begehrt. In Sachen Schutzmasken ist auch die deutsche Drägerwerk bestens aufgestellt. Ecolab aus den USA profitiert wiederum vom Run auf Hygiene- und Reinigungsprodukte, die insbesondere von Krankenhäusern gebraucht werden.

Grafik 2: Die grössten Medikamentenverkäufer 2024

Beängstigende Volkskrankheiten
Aber nicht nur bei der drohenden Pandemie durch das Coronavirus ruhen alle Hoffnungen auf der Biotech- und Pharmaindustrie, auch Volkskrankheiten wie Krebs, Diabetes, Parkinson und Alzheimer breiten sich rasend schnell aus und stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Bevölkerung dar. Nach einer Prognose der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird es bis 2040 fast doppelt so viele Krebsfälle wie heute geben. Erkrankten 2018 weltweit 18,1 Millionen Menschen neu an Krebs, dürften es in 20 Jahren etwa 29 bis 37 Millionen sein. Auch die Diabetes-Fälle schreiten voran. Nach Angaben der Internationalen Diabetes-Föderation litten 2017 weltweit etwa 425 Millionen Menschen an der Zuckerkrankheit, bis 2040 könnte die Zahl auf 700 Millionen steigen.

Die Dimensionen zeigen, dass sich hier Milliardenmärkte für die Gesundheitsindustrie auftun. Bereits früh auf das Thema Krebs haben sich die beiden heimischen Pharmariesen Novartis und Roche eingestellt. In den vergangenen Jahren spezialisierten sich die Konzerne vor allem auf neue, zielgerichtete Gegenmittel. So zählt Novartis zu den Pionieren im Bereich der Car-T-Zelltherapien. Branchenprimus Roche erweiterte dagegen mit der Übernahme von Genentech seinen Fokus um Antikörper. Das Potenzial in diesen Bereichen ist enorm: Allein der globale Immuntherapiemarkt für Krebs soll laut Verified Market Research von 61,88 Milliarden US-Dollar 2016 auf 200,44 Milliarden US-Dollar 2025 ansteigen, das entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von 13,95 Prozent.

Aber auch insgesamt werden die globalen Medikamentenverkäufe in den kommenden Jahren deutlich zulegen. Wurden im vergangenen Jahr 842 Milliarden US-Dollar umgesetzt, soll den Prognosen von EvaluatePharma zufolge das Volumen bis 2024 auf 1,18 Billionen US-Dollar zulegen. Die Experten gehen davon aus, dass der US-Riese Pfizer dann das führende Unternehmen für verschreibungspflichtige Medikamente mit einem Umsatz von 51,2 Milliarden US-Dollar vor Novartis und Roche sein wird. Roche soll allerdings dann in der Biotechnologie mit einem prognostizierten Umsatz von 38,7 Milliarden US-Dollar führend sein. 

Grafik 3: Krebs-Neuerkrankungen weltweit

Kampf dem Zucker
Im Milliardenmarkt Diabetes ist Novo Nordisk der weltweit führende Hersteller. Allerdings ist die Konkurrenz gross und somit sind die Preise von Zucker-Medikamenten unter Druck. Daher setzen die Dänen verstärkt auf neue, innovative Therapien. Für das laufende Jahr erwartet das Unternehmen ein Umsatzplus zwischen 3 und 6 Prozent sowie einen operativen Ergebnisanstieg von 1 bis 5 Prozent. Neue Diabetes-Medikamente für Typ 2, die ein die Insulinproduktion stimulierendes Darmhormon imitieren, sollen das Wachstum vorantreiben.

Während Novo Nordisk der Stoffwechselkrankheit weiterhin den Kampf ansagt, zieht sich Sanofi mehr und mehr zurück. Ende vergangenen Jahres führten die Franzosen einen Strategieschwenk durch und kündigten an, die Forschung im Bereich Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen einzustellen. Nachdem der Pharma-Konzern den Markt für Insulin fast zwei Jahrzehnte dominierte, möchte sich Sanofi wegen des hohen Preisdrucks mehr auf das boomende Onkologie-Geschäft konzentrieren. Um schnell voranzukommen, setzt das Unternehmen auch auf Übernahmen. So wurde kürzlich die kalifornische Biotech-Firma Synthorx für 2,5 Milliarden US-Dollar erworben. 

Grafik 4: Anzahl der Diabeteserkrankten weltweit

Klein, aber fein
Sowohl die Neuerung bei Sanofi als auch die Fortsetzung der Strategien von Novo Nordisk finden an der Börse Gefallen. In den vergangenen sechs Monaten zogen die Notierungen des Duos jeweils um mehr als ein Fünftel an. Den Dänen ist dabei sogar der Ausbruch auf ein neues Allzeithoch geglückt. Von Bestmarken ist die heimische Basilea Pharmaceutica zwar noch weit entfernt, doch zeigt ein Blick auf das Kursbild, dass es sich auch lohnen kann, auf kleinere Firmen im Sektor zu setzen. Mehr als 20 Prozent schoss der Titel in der Spitze seit Silvester nach oben. Zum einen profitierten die Baseler von besser als erwarteten Erlöszahlen für 2019. Zum anderen macht auch der Ausblick Mut. »Zusätzlich zum Übertreffen unserer Umsatz-Guidance haben wir 2019 eine Reihe wichtiger strategischer Meilensteine erreicht«, sagte Basilea-CEO David Veitch bei der Vorstellung der Zahlen. Diese sollen sich im laufenden Jahr auch auszahlen. Veitch stellt einen Umsatz in der Grössenordnung von 128 bis 138 Millionen Schweizer Franken in Aussicht.

Positive Nachrichten kamen zuletzt auch von Vifor Pharma. In einer zulassungsrelevanten Phase-III-Studie wurden die gesteckten Ziele in der Behandlung von Patienten mit ANCA-Vaskulitis, einer Autoimmunerkrankung, die tödlich verlaufen kann, erreicht. Experten zufolge hat das Mittel das Potenzial, im Jahr 2025 Spitzenumsätze von bis zu 490 Millionen Schweizer Franken zu generieren. Um schneller ans Ziel zu gelangen, hat das Unternehmen ein »Los« der US-Behörde FDA gekauft, was eine beschleunigte Bearbeitung eines Zulassungsantrags ermöglicht.

Grafik 5: Vifor Pharma (ein Jahr)
Grafik 6: Novartis versus Roche (fünf Jahre)

Anlageidee: Hebelprodukte auf Pharma- und Biotech-Konzerne

Unlimited Turbo-Zertifikate

Valor

Basiswert

Typ

Stoppschwelle

Handelsplatz

48431820

Basilea

Bull

230,73 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

49377973

Novartis

Bull

64,21 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

48504824

Novartis

Bear

103,43 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

50964493

Novo Nordisk

Bull

331,47 DKK

Swiss DOTS, BX Swiss

50964496

Novo Nordisk

Bear

531,52 DKK

Swiss DOTS, BX Swiss

48705162

Roche

Bull

243,53 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

50601365

Roche

Bear

288,53 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

50759741

Vifor

Bull

153,93 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

49376754

Vifor

Bear

232,46 CHF

Swiss DOTS, BX Swiss

Faktor-Zertifikate

Valor

Basiswert

Strategie

Faktor

Handelsplatz

49645614

Gilead Sciences

Short

–4

Swiss DOTS, BX Swiss

49588889

Novartis

Long

6

Swiss DOTS, BX Swiss

49588825

Novartis

Short

–6

Swiss DOTS, BX Swiss

34509116

Roche

Long

8

SIX Swiss Exchange

49645666

Pfizer

Short

–6

Swiss DOTS, BX Swiss

49588762

Roche

Short

–4

Swiss DOTS, BX Swiss

49593587

Sanofi

Long

6

Swiss DOTS, BX Swiss

49593663

Sanofi

Short

–6

Swiss DOTS, BX Swiss

33231400

Vifor

Long

3

SIX Swiss Exchange

49588747

Vifor

Short

–4

Swiss DOTS, BX Swiss

Stand: 5. März 2020; Quelle: Commerzbank AG

Die Darstellung der genannten Produkte erfolgt lediglich in Kurzform. Die massgeblichen Produktinformationen stehen im Internet unter www.zertifikate.commerzbank.ch zur Verfügung.